Dieser Text entstand auf Basis eines Vortrags im Rahmen eines Seminars (von Studenten für Studenten) an der Uni Köln. Er enthält nicht die Ergebnisse eigener Forschung, sondern ist das Ergebnis umfangreicher Recherchen in Zeitschriften und Büchern. Trotz größter Sorgfalt beim Erstellen kann ich für die Richtigkeit des Inhalts keine Garantie und für eventuelle Fehler keine Haftung übernehmen.


Bernsteinlagerstätten

Einleitung

Der Bernstein (auch Succinit) ist ein fossiles Harz. In den bedeutendsten Lagerstätten, denen des baltischen und dominikanischen Bernsteins hat er tertiäres Alter (40-50 Ma bzw. 25-40 Ma). Für gewöhnlich ist er von gelber bis rotbrauner Färbung, es existieren aber auch blaue oder grüne Varietäten. Seine Härte beträgt 2-2,5, liegt also etwas oberhalb der von Gips. Seine Dichte liegt bei 1.05- 1,09, mit Abweichungen nach oben und unten. Da sie nahe der Dichte von Wasser liegt hat sie einen großen Einfluß auf Transportverhalten und auf die Lagerstättenbildung. Bernstein ist brennbar und zeigt UV-Lumineszens.
Chemisch gesehen besteht Bernstein aus einem uneinheitlichen Stoffgemisch. Er bildet ein Polyester ähnlich heutigen Kunstharzen und zählt zur Gruppe der Terpene.

An Varietäten mit eigenem Namen sind u. a. bekannt:

  1. Der Gedanit, eine spröde Varietät des baltischen Bernsteins
  2. Der Rumanit, eine spröde, während ihrer Ablagerungsgeschichte erhitze, Varietät aus Rumänien, der eine genetische Verwandtschaft zum baltischen Bernstein nachgesagt wird.
  3. Der Cedarit, eine kanadische Varietät aus der Kreide-Zeit, benannt nach dem Fundort Cedar Creek
  4. Der Burmit eine burmesische Varietät
  5. Als Kopale bezeichnet man rezente und v. a. subfossile Harze. Das Verhalten der Kopale weicht von dem echten Bernsteins ab. Er enthält als Inklusen häufig rezente Formen.
Wirtschaftlich wird der Bernstein v. a. als Schmuckstein verarbeitet. Dabei wird er einerseits in Ringen und Halsketten eingearbeitet, andererseits aber auch zu großen Kunstwerken, wie dem berühmten Bernsteinzimmer verarbeitet. Bekannt sind auch Schiffe, Truhen, Kästchen u. ä. aus Bernstein. Bernsteinschnitzereien sind seit der Jungsteinzeit bekannt, auch der Handel ist seit frühester Zeit belegt. Entlang von Bernsteinstrassen wurde er über ganz Europa verteilt.
Bernsteinlagerstätten gibt es zahlreich, etwa 300 und in aller Welt, Lagerstätten mit fossilen Einschlüssen sind dagegen seltener, bekannt sind ca. 30 Stück, allerdings mit steigender Tendenz.

Die Entstehung der baltischen Bernsteinlagerstätte

Der baltische Bernstein ist die bedeutendste bisher bekannte Bernsteinlagerstätte. Sie hat bisher die größte Menge des Bernsteins geliefert und ist am besten erforscht. Gefunden wird der baltische Bernstein an den Küsten der Ost- und Nordsee und im Samland in der "blauen Erde".
Entstanden ist der baltische Bernstein im Alttertiär vor ca 40-50 Ma im Raum Mittelschweden / Finnland. Die genauen Grenzen des Entstehungsgebiets sind nicht bekannt, da durch die nachfolgenden erdgeschichtlichen Ereignisse keine primären (autochthonen) Lagerstätten mehr existieren. Als Harzlieferant diente Pinus succinifera, eine Sammelbezeichnung für die harzliefernden Kiefernarten. Das Harz strömte aus diesen Kiefern, vermutlich nach vorheriger Verletzung der Borke, trocknete ein und verhärtete sich.
Es sind verschiedene Flußformen bekannt, z. B. Tropfen, Massenströme und Schlauben. Diese Schlauben entstanden durch schubweisen Harzfluß und sind von besonderem paläontologischen Interesse, da sie die meisten Einschlüsse aufweisen. Die Schlauben entstanden durch schubweisen Harzfluß. Dabei entstand bei jedem Schub eine klebrige Oberfläche, die als Falle wirken konnte. Die eingefangenen Tiere wurden dann vom nächsten Harzfluß übergossen und so eingeschlossen.



Bildung von Schlauben
Die Bildung von Schlauben: 1.Ein klebriger Harztropfen entsteht. 2. Ein Insekt setzt sich auf den Tropfen und klebt fest. 3. Ein weiterer Harztropfen fließt über den ersten und schließt das Insekt mit ein.

Zudem sind die Schlauben meist klar, während andere Formen des baltischen Bernsteins häufig getrübt sind. Diese Trübungen werden meist durch mikroskopisch kleine Luftbläschen hervorgerufen. Die Klarheit der Schlauben wird auf die Einwirkung von Wärme durch das Sonnenlicht zurückgeführt, die den Blasen die Gelegenheit zum Entweichen verschaffte. Innerhalb kürzester Zeit erhärtete das Harz und wird erst zu Kopal und schließlich zu Bernstein.
Bereits kurz nach der Entstehung wurde der baltische Bernstein umgelagert. Das von Westen vordringende Meer überflutete nach und nach den Bernsteinwald. Möglicherweise wurden auch Teile des Bernsteins bereits früher durch Flüsse ins Meer gespült. Zur Ablagerung kam es dann unter Stillwasserbedingungen, diese sind deshalb notwendig, weil der Bernstein durch seine geringe Dichte leicht zu transportieren ist. Als Bernsteinfänger kommen also grundsätzlich in Frage: Die Ablagerung erfolgte zunächst in flachen Lagunen. Die unter diesen Bedingungen entstandeneLagerstätte ist bekannt unter der Bezeichnung "Blaue Erde": Ein unverfestigter glaukonitreicher toniger Sand. Er ist besonders reich an Bernstein, aber auch an anderen Fossilien.
Es folgte ein Meeresrückzug. Die nun an vielen Orten an der Erdoberfläche liegende "Blaue Erde" wurde durch Bäche und Flüsse fortgespült und mit feinen hellen Sanden in Seen und Flußniederungen abgelagert. Wegen eines Anteils an Braunkohlenresten werden diese Sande als Braunkohlensande bezeichnet. Die Ablagerung des Bernsteins erfolgte hier in Nestern.
Zu einer weiteren Umlagerung kam es während der Eiszeiten als sowohl die blaue Erde, wie auch die Braunkohlensande durch die vordringenden Gletscher aufgearbeitet wurden. Man findet daher Bernstein prinzipiell in fast allen Formen glazigener Ablagerungen in Mitteleuropa.
Da alle diese Formen der Ablagerungen auch unter dem Meer (v. a. der Ostsee) vorkommen, findet man den baltischen Bernstein am Strand, wenn solche Lagerstätten durch Stürme aufgewühlt werden und der Bernstein so mobilisiert und an Land geworfen wird.

Für den übergroßen Harzfluß der Bernsteinkiefer werden krankhafte Veränderungen verantwortlich gemacht. So soll das vordringende Meer und damit einhergehende Klimaveränderungen den Lebensraum der Bernsteinkiefer verändert haben. Die Kiefern wurden so geschädigt und zum Rückzug gezwungen. In den Randgebieten reagierten die Kiefern mit krankhaftem Harzfluß auf diese Veränderungen. Geschädigte Kiefern waren Schädlingen stärker ausgesetzt und reagierten darauf ebenfalls mit verstärkter Harzproduktion. Ähnliche Erscheinungen sind rezent bekannt, wenn auch nicht gerade über große Gebiete hinweg.

Grundsätzlich kommen als Lieferanten von Bernsteinharz auch andere Pflanzen in Betracht. Für den dominikanischen und den mexikanischen Bernstein beispielsweise Hymanea, ein Hülsengewächs. Für verschiedene dominikanische Fundstellen wird ein Alter von 25-40 Ma angenommen.

Untersuchungsmethoden

Zur wissenschaftlichen Untersuchung des Bernsteins sind besonders zwei Untersuchungsmethoden von Interesse: Die erste Methode dient v. a. der Untersuchung der eingeschlossenen Fossilien. Üblicherweise bettet man das Stück in ein Kunstharz mit gleichem Brechungsindex und schleift und poliert es von verschiedenen Seiten. Anschließend kann der Einschluß meist störungsfrei betrachtet und wissenschaftlich bearbeitet werden, gegebenenfalls unter dem Mikroskop.

Die zweite Untersuchungsmethode dient der schnellen chemischen Identifizierung des Bernstein zur Abschätzung von Verwandtschaftsbeziehungen zwischen verschiedenen Bernsteinarten oder mit rezenten Pflanzenharzen. Man erhält ein Absorptionsspektrum der im Bernstein enthaltenen organischen Verbindungen. Die Banden des Spektrums sind dabei typisch für verschiedene funktionelle Gruppen die in den Bestandteilen des Bernsteins oder Harzes vorkommen.

Erhaltungszustand der Einschlüsse

Die Erhaltungsbedingungen für Fossilien im Bernstein sind grundsätzlich vorzüglich. Erhalten sind oft kleinste Details. Auch Mikrofossilien kommen vor. So können zum Beispiel Facettenaugen von Insekten überliefert werden. Farberhaltung ist selten, aber möglich. Als Besonderheit muß die hervorragende 3D-Erhaltung gelten. Schrumpfungen, die durch Austrocknung zu erwarten wären, finden nicht statt. Möglichkeiten der Erhaltung von fossilem DNA scheinen gegeben.
Der genaue Vorgang der Erhaltung ist noch nicht bis ins Detail verstanden und bedarf weiterer Untersuchungen.

Fossilinhalt

I. Allgemeine Einschlüsse im baltischen und dominikanischen Bernstein

Allgemein sind die häufigsten Fossilien im Bernstein Insekten, die sowohl in großem Artenreichtum, wie auch in großer Individuenzahl gefunden wurden.

Im baltischen Bernstein v.a.:

  1. Langbeinfliegen (Dolichopodiae)
  2. Köcherfliegen. Diese sehen Motten sehr ähnlich. Sie sind keine Fliegen i. e. S., sondern stellen eine eigene Tiergruppe dar. (Trichoptera)
  3. Blattläuse, oft in Kolonien. Ihr Fehlen im dominikanischen Bernstein kann möglicherweise auf Giftstoffe zurückgeführt werden, die auch rezente Verwandte des dominikanischen Bernsteinbaumes schützen.
  4. Zuckmücken, im Aussehen den Stechmücken ähnelnde Insekten.
  5. Pilzmücken. Ihr zahlreiches Vorkommen deutet an, daß der baltische Bernsteinwald ein reichhaltiges Pilzwachstum hatte, gegenüber dem dominikanischen Bernsteinwald.
  6. Ameisen, einförmig, den heutigen sehr ähnlich.
  7. Sternhaare, mikroskopisch kleine Haare von Eichenblüten. Typisch für den baltischen Bernstein.

Im dominikanischen Bernstein:

  1. Ameisen, z.T. exotische tropische Formen.
  2. Kernholzkäfer (Platypodiae), Schädlinge.
  3. Termiten, in verschiedenen Spezialisierungen (Krieger, Arbeiter, etc.).
  4. Zikaden.
  5. Grillen.
  6. Knospenhüllen, vermutlich vom Bernsteinbaum selbst.

II. Besondere Einschlüsse aus aller Welt

  1. Wirbeltiere: Sie sind bisher nur aus dem dominikanischen und dem mexikanischen Bernstein bekannt: Es handelt sich dabei um kleine Leguane, Geckos oder Frösche. Sie können als Beweis gelten, daß diese Tiere bereits seit Jahrmillionen auf dieser Insel heimisch sind.
  2. Federn: Bekannt aus baltischem, dominikanischem und libanesischem Bernstein. Besonders interessant ist der libanesische Fund: Er liegt mit einem Alter von 130 Ma in der Zeit der Frühentwicklung der Vögel. So wird diese Feder gelegentlich dem Archaeopteryx oder einem nahen Verwandten zugeschrieben.
  3. Ameisen beim Rettungstransport ihrer Brut in dominikanischem Bernstein.
  4. Parasiten z. B. Nematoden (Fadenwürmer) in dominikanischem Bernstein.
  5. Wassermilben als Parasiten von Zuckmücken.
  6. Amöben in bayrischem Bernstein. Die Amöben sind mitten im Lebenszyklus gefangen: Einige Exemplare zeigen Pseudopodien, ein anderes ist mitten in der Zellteilung (Mitose). Mit 135 Ma der vermutlich älteste Amöbenfund.
  7. Ein Pilz mit vielen Details und möglicherweise vollständiger Symbiosegesellschaft in dominikanischem Bernstein.
  8. Extraktion und Wiederbelebung bakterieller Sporen aus dem Mageninhalt von Insekten, insbesondere Bazillus sphaericus aus einer dominikanischen stachellosen Biene (umstritten).
  9. DNA-Extraktionen aus dominikanischem Bernstein, insbesondere Bazillus sphaericus (umstritten).
Weitere Einschlüsse nicht biogener Natur sind dendritischer Pyrit und Inkieselungen.
 
 
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Letzt Änderung: 14.1.´98



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