Afrika

Noch vor zwanzig Jahren war die "Entlassung" einer afrikanischen Kolonie in die staatliche Unabh�ngigkeit ein pr�chtiger Anla�, anthropologisch und kulturgeschichtlich. untermauerte Zweifel dar�ber breitzutreten, ob Neger der Selbstregierung �berhaupt oder schon f�hig seien. Heute wei� man es: einen Staat machen k�nnen sie schon, wenngleich da manche Besonderheiten zu vermelden sind, die das Auge der aufgekl�rten Berichterstatter schlagen. Korrupte Ein-Parteien-Regierungen kommen vor, bisweilen blutr�nstige Ein-Mann-Diktaturen, disziplinlose Soldaten und nicht funktionierende Eisenbahnen lassen das korrekte Funktionieren des staatlichen Lebens ziemlich fragw�rdig erscheinen. Da fehlt es an einer dem Gemeinwohl hingegebenen B�rokratie, an einer parlamentarisch kontrollierten Regentschaft politischer K�nner, an einer kritischen �ffentlichkeit und anderem mehr - den Ma�stab der Menschenrechte mag man da nur selten anlegen.
Dennoch - die s�dafrikanischen "Verkrampten" sind inzwischen die letzten Wei�en, die noch immer ganz offiziell die Maxime hochhalten, da� politische Macht in Negerh�nden ohne wei�e Oberaufsicht nichts tauge und immer ins Chaos und zu blutigen "Wirren" f�hren m�sse; f�r diese �berzeugung stehen sie auch gerade und mischen wie in Angola kr�ftig mit, wenn ihnen die "Wirren" nicht gro� genug sind und zu schnell unter falsche Kontrolle geraten. Die anderen freiheitsliebenden Demokratien sind in dieser Praxis auch nicht zur�ckhaltend und sorgen konsequenterweise f�r eine gewisse demokratische Oberaufsicht �ber Wirtschaft, Finanzen und Milit�r der afrikanischen Staatenwelt. Sie tun dies aber in strengstem Respekt vor dem "afrikanischen Nationalismus" und der stattgehabten Entkolonialisierung; und der Parole "one man - one vote" versagen sie ihren Beifall um so weniger, je mehr Erfolge eine "Befreiungsbewegung" aufzuweisen hat, die unter dieser Parole um die Macht k�mpft - ohne andererseits den anschlie�end etablierten Diktaturen pr�sidentieller, milit�rischer oder kaiserlicher Machart aus lauter demokratischem Dogmatismus die Unterst�tzung zu entziehen. Als afrikanische Besonderheit ist das alles genehmigt, sogar bis hin zu Experimenten in "afrikanischem Sozialismus", solange nur der reale Sozialismus keine dauerhaften Positionen erringt. Die Bef�rchtung, der freien Welt k�nnte in staatlich selbst�ndig gewordenen Negermassen eine weltpolitisch ernstzunehmende Konkurrenz erwachsen, gilt mittlerweile als ma�los �bertrieben - zu offenkundig bleiben den neuen Souver�nen nur "Entwicklungsl�nder" zum Regieren. Der Westen hat auch die alte ideologische Vorstellung zu den Akten gelegt, es w�re die weltgeschichtliche Berufung der Wei�en, den Afrikanern eine sachgerechte politische Herrschaft zukommen zu lassen. Die fr�here kolonialistische Verachtung der Schwarzen als einer Sorte Menschen, die es auf der Stufenleiter der Menschwerdung noch nicht bis zum zivilisierten Demokraten gebracht hat, ist statt dessen zu der liberalen Ideologie weiterentwickelt, als verantwortlicher Demokrat m��te man die Neger aus ihren urt�mlichen Stammesbr�uchen heraus (�ber die dummerweise westliche Ethnologen inzwischen mehr wissen als die ortsans�ssigen Ethnien selber) und durch ihnen eigent�mliche Herrschaftsformen hindurch ihren eigenen Weg zu einer gelungenen "politischen Kultur" finden lassen - selbstverst�ndlich unter Wahrung ihrer Autonomie vor allem gegen�ber jeder kommunistischen �berfremdung. Sieht der Westen sich gezwungen, sich von einem seiner pittoresken Vasallen zu trennen, so verpackt die �ffentliche Weltmeinung dies in entsprechenden Lobspr�chen auf den schwarzen Volkscharakter und in Selbstkritik an "Vers�umnissen der Kolonialzeit":

"Der Einsatz in einem bescheidenen Dienstrang einer Kolonialarmee brachte dem afrikanischen Soldaten nur eine oberfl�chliche Disziplin bei und bereitete ihn nicht auf ein hohes Ideal, auf Selbstkontrolle und Uneigenn�tzigkeit vor, Eigenschaften, ohne die es keinen wirklichen Staatsmann gibt. Bokassa und Idi Amin lie�en j4nes Feingef�hl, jenen gesunden Menschenverstand, jene Geduld vermissen, die von jeher das Kennzeichen des afrikanischen Charakters bildeten" (sie waren und sind eben von Natur Sklavennaturen!). "Es ist anzunehmen, da� die Fu�tritte wei�er Vorgesetzter mit der b�sartigen (!) Entwicklung ihres Charakters in Zusammenhang stehen." (Das Internationale Afrika-Forum 4/1979 zitiert in seinem Jahresr�ckblick aus Le Monde vom 27.9.79)

Genehmere schwarze Diktatoren, die das untypische Ende finden, im Bett zu sterben', haben sich dagegen schon allein mit diesem politischen Erfolg das unbegrenzte Verst�ndnis und Wohlwollen der Welt�ffentlichkeit gesichert:

"Mit dem Patriarchen Jomo Kenyatta starb ein Gutteil der Hoffnung, da� Afrika die bitteren Erfahrungen erspart bleiben m�chten, die Europa auf dem Weg zur Zivilisation durchlitten hat... Er war gewi� kein milder Herrscher, H�ufig gab er seinen Ministern eins mit dem silbernen Knauf seines Fliegenwedels aufs Haupt, um sie auf Trab zu bringen... Jomo Kenyatta war kein schwarzer Engl�nder, der die Neger ha�t', wie seine Gegner behaupteten. Er war nur entt�uscht von seinen Landsleuten, die ihn, wie er meinte, nicht verdient hatten. Er hatte einsehen m�ssen, da� es ohne die Wei�en, die er jahrelang bek�mpft hatte, nicht ging. Und dar�ber ist er zum Zyniker geworden." (Aus einem Nachruf des "Spiegel" vom 28.8.78)

In Afrika hat die politische Herrschaft es besonders schwer - das ist der besondere Zynismus, mit dem der demokratische Sachverstand des Westens heute voller Verst�ndnis die politischen Zust�nde in Afrika begutachtet und je nach Bedarf, vor allem je nach weltpolitischer Orientierung der jeweiligen Regierung, mal vor allem die Unhandlichkeit des Volkes f�r eine effektive Verwaltung, mal vor allem die mangelnde Eignung der schwarzen Staatsagenten f�r die ad�quate Handhabung ihres Volkes zum Grund- und Hauptproblem des schwarzen Kontinents erkl�rt.

| > Die politische Eigenart der afrikanischen "Nationalstaaten" |