Kritische Geister beschweren sich �ber viele Punkte des �ffentlichen Lebens, die ihnen sauer aufsto�en, mit dem Satz "Das ist doch undemokratisch". Ob es sich um eine Diskussionsrunde oder um ein Uniseminar, um irgendwelche H�ndel mit Beh�rden oder um den Streit der Studierendenvertretung mit der Univerwaltung, um die Beschl�sse von Regierungen oder die der Hochschulleitung handelt, immer wieder wird der Einspruch "Das ist doch undemokratisch!" bei solchen Gelegenheiten vorgebracht. Den kritisierten Personen werden dann die Attribute "selbstherrlich", "autokratisch" oder "machtgeil" an den Kopf geworfen.
Merkw�rdig ist diese Kritik in der Hinsicht, dass hier ein Verfahren, eine Methode, ein bestimmter Weg, zu einem Resultat oder zu einem Beschluss zu kommen, als Wert behandelt wird, von dessen Einhaltung alles abh�ngen soll. Deswegen wei� man in der Regel nicht so recht, was der Kritiker an einer Aussage, an einer Ma�nahme oder an einem Beschluss eigentlich auszusetzen hat. Kritisiert wird ja nicht der Inhalt und Zweck, sondern die Art des Zustandekommens, das Verfahren, ganz unabh�ngig vom Inhalt, ohne �ber ihn �berhaupt zu reden. Umgekehrt schlie�t diese Kritik am Verfahren ein, dass alles, aber auch wirklich alles dann in Ordnung geht, wenn es auf demokratischem Wege zustande gekommen ist.
Dabei k�nnte einem eine genauere Betrachtung dieses hochgehaltenen Verfahrens schon zeigen, dass es f�r alles andere als die Bonit�t der Entscheidungen b�rgt, die auf diesem Wege zustande kommen. Wie geht und was leistet also demokratische Beschlussfassung?
Wenn jemand mit der Kritik "Das ist doch undemokratisch" das demokratische Verfahren oder den Abstimmungsprozess als Kritiktitel im Munde f�hrt, dann spielt er in seiner Unzufriedenheit mit dem Resultat den Prozess des Zustandekommens gegen das Resultat aus. Der Kritiker schaut sich also nicht an, wie, wodurch und warum ist das Ergebnis zustande gekommen, sondern geht schon immer davon aus, ein solches Ergebnis k�nne nur durch die Nicht-Einhaltung der demokratischen Verfahrensregeln zustande kommen. Dann will sich der Kritiker durch die schlecht befundenen Ergebnisse seine gute Meinung �ber die Demokratie, �ber das demokratische Procedere nicht nehmen lassen. Er h�lt daran fest: a) Demokratie sei daf�r da, dass die Interessen der Leute zum Zuge kommen, b) bei einem f�r schlecht befundenen Resultat k�nne es sich nur um einen "Betriebsunfall" handeln, und c) deswegen sei eben ein Mehr an Demokratie n�tig.
Mit der Kritik "Das ist doch undemokratisch" leistet man sich so den Widerspruch, im gleichen Atemzug von Parlamenten, Beh�rden, der Hochschulleitung usw. zu behaupten, sie seien demokratisch und undemokratisch zugleich. Merkw�rdig ist dann nicht, dass sich eine solche Kritik ausgerechnet an die verfehlende Instanz richtet und die Korrektur des "Verfahrenfehlers" an sie zur�ck delegiert.