Der kapitalistische Reichtum und seine Produktion
Zusammenfassung der wesentlichen Argumente aus:
"Das Kapital" von Karl Marx, Erster Band (MEW 23)
19. Kapitel: Der Stücklohn
Wiederum „bloß" verwandelte Form des Zeitlohns, und damit des Werts
der Ware Arbeitskraft.
Das heißt, der Stücklohn mißt nicht den Wert der produzierten
Waren durch die in ihnen enthaltene Arbeitszeit, sondern mißt den
Grad der Verausgabung von Arbeit mittels der Anzahl der pro Zeit produzierten
Stücke.
Worin liegt die Objektivität des Maßstabs für das Quantum
Geld, das einem bestimmtem Umfang an Arbeitsleistung entspricht? Nicht
in dieser selbst - wie auch? -, sondern im Zweck des Kapitals, den Lohn
dafür zu zahlen, daß die gewünschte Mehrwertrate - also
unbezahlte Arbeit - abgeliefert wird; also den Lohn auch nur insofern zu
zahlen, als dieses Resultat auch garantiert ist.
Im Stücklohn ist ein Verhältnis der Bezahlung zur Intensität
der Arbeit als (mehr)wertbildender Potenz aufgemacht. Weshalb auch nur
die Arbeit zählt, die in einem gelungenen Produkt ("Qualität"),
also vollwertigem Wertträger, resultiert.
Der Stück- und Leistungslohn insgesamt macht den Preis der Arbeit
abhängig von der gelungenen Anwendung der Arbeitskraft, d. h. von
der praktizierten Leistung fürs Kapital. Das heißt, von der
Wirkung, die der einzelne Teilarbeiter für
den Zweck seines Einsatzes in der Zeit tatsächlich hergibt. Geld
für "Leistung pro Zeit"!
Am Zeitlohn ist damit die Gleichgültigkeit der Bezahlung gegen
den Inhalt der zeitlichen Verfügung über die Arbeitskraft kritisiert.
Die Tatsache, daß alle Arbeiter gleichermaßen als Exemplare
der gesellschaftlichen Durchschnittsarbeitskraft behandelt werden, obwohl
sie es ihrer tatsächlichen Funktion nach gar nicht sind. Im Stücklohn
bezahlt der Kapitalist nur noch gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit,
indem er jeden Arbeiter gemäß durchschnittlicher Verausgabungszeit
pro Produkt, also unterschiedlich bezahlt. So passiert Reduktion der Besonderheit
auf Abstraktion einer Durchschnittsarbeitskraft durch (!) „Berücksichtigung"
der Unterschiede in Sachen Leistungskraft und -willen.
Durch die Form der Bezahlung (Stück-, Akkord-, Prämienlohn)
wirkt der Lohn als Hebel zur Intensivierung der Arbeit, indem er das Lohninteresse
der Arbeiter zu deren Mittel macht. Diese liefern dem Kapital Beweis und
Rechtfertigung für die Erhöhung des Normalgrads der Intensität,
d. h. Senkung des Lohnes pro Stück - bei gesteigertem Verschleiß
= erhöhten Reproduktionskosten. So auch
Steigerung der Rate des Mehrwerts per Senkung von v im Verhältnis
zu m.
Dieser "Automatismus" des Stücklohns widerlegt die Ideologie,
wonach die verausgabte Leistung das Maß der Bezahlung ist. Und zeigt
drastisch, daß die Benutzung der Angebote der Lohnarbeit für
sein Interesse, das Verhältnis von Lohn und Leistung, notwendig zu
seinen Ungunsten verschlechtert. Der Lohn ist Erpressungsmittel für
Mehrarbeit - hier per Erpressung mit niedrigem Normalverdienst das "Angebot",
bei Leistungssteigerung auch mehr zu verdienen.
Resultat der Benutzung des Mittels "Leistungslohn" für den Arbeiter:
Notwendigkeit doppelter Schädigung.
-
Wachsender Ausschluß vom Reichtum als Ergebnis des Versuchs, durch
gesteigenen Arbeitseinsatz mehr Geld zu erhalten!
-
Wachsender Verschleiß, der nicht nur nicht geldmäßig kompensiert
wird / kompensierbar ist; sondern auch nicht durch verlängerte Kompensationszeit
/ Freizeit „ausgeglichen" wird. Statt dessen die wachsende Verwandlung
von freier Zeit in Mittel der puren Erholung.
Lohnform Arbeitsplatz
Mit reeller Subsumtion der Arbeit unter die als Kapital fungierende Maschinerie,
welchselbige als technischer Sachzwang den Einsatz der Arbeitskraft gemäß
Erfordernissen des Mehrwerts kommandiert, ist das Interesse des Kapitalisten
an maximaler Leistung objektiv im Arbeitsprozeß vergegenständlicht.
Damit Emanzipation von besonderem Leistungswillen bzw. -fähigkeit
der Arbeitskraft, womit der Schein einer in Grenzen freien proletarischen
Interessenkalkulation entfällt, den sich das Kapital im Stück-
und Akkordlohn zunutze macht.
Arbeitsplatz als Leistungsvorgabe - lauter Varianten einfacher Verausgabung
von Hirn, Muskel, Nerv etc. pro Zeit, technisch definiert; also Zwang zur
festgelegten Durchschnittsleistung gegen jedes "Besitzer" genannte Anhängsel
der minutiös kalkulierten Arbeitsplätze. Jede geforderte Leistung
ist damit „normal", also zu erbringen - oder nicht!
Bezahlt wird das Aushalten, die Anpassung an die verlangte Verausgabungssorte
und -geschwindigkeit. (Vgl. 13. Kapitel, 4.)
Die Form der Bezahlung wird gleichgültiges Etikett. Die Vorteile
von Zeit- und Stücklohn sind auf Seiten des Anwenders der Arbeitskraft
vereinigt: Kontrolle von Arbeitszeit und Leistung nach Maßgabe der
Bedürfnisse der Mehrwert-Produktion.
Dem Schein des leistungsgerechten Lohns - der Unterschiede braucht
(Lohngruppen) -, ist durch Beziehung von Geldgröße auf die im
Arbeitsplatz verkörperte Beanspruchung des abstrakten Arbeitsvermögens
ohne Rücksicht auf die Besonderheit der Arbeiter exakt Genüge
getan. Die per Definition (= Bewertung) von Beanspruchungsmerkmalen gemachten
Unterschiede haben mit unterschiedlicher Leistung nichts zu tun. Weder
sind die höher Eingruppierten nützlicher fürs Kapital noch
ihr Verschleiß höher als bei den niedriger Eingruppierten.
(Vgl. Analytische Arbeitsbewertung, MTM etc.)
So Praxis und Ideologie des Leistungslohns perfekt, indem Lohnabhängige
als personifizierte Arbeitskraft benutzt und bezahlt werden: also ohne
Rücksicht auf die Interessen, denen sich der Wille zur Lohnarbeit
verdankt.
Lohnform Arbeitsplatz: Freibrief des Kapitals zu jeder Produktivitätsanforde-rung/-steigerung,
mit der jede potentielle Erleichterung der Arbeit bzw. Verkürzung
der Arbeitszeit als Mittel der Intensivierung und tendenzieller Lohnsenkung
(dank „weggfallender" Beanspruchungsdefinitionen gerechterweise, gewerkschaftlich
mitbestimmt) gehandhabt werden.
So wird das Bedürfnis nach einem Arbeitsplatz, für den es
einen Lohn gibt, zu dem abstrakten Inhalt der proletarischen Freiheit und
damit der elementaren Wahrheit des ökonomischen Erpressungsverhältnisses
endgültig gemäß. (Die perfekte Abhängigkeit als Produkt
des Kapitals!)
Des Arbeiters Lebensbedürfnisse sind auf unabhängig von ihm
gesetzte Mittel verwiesen, deren Benutzung ihre Untauglichkeit und Gegensätzlichkeit
beweist und die Welt der freien Beürfnisse zur bloßen Reproduktion
im Dienste der Erhaltung seiner Funktionalität verurteilt.