Quelle: GegenStandpunkt


Lohnarbeit
Konkurrenz der Arbeiter
Klassenbewußtsein


I.


1.

Lohnarbeit ist Arbeit, die verrichtet wird, um Einkommen zu erzielen. Ihre Eigenart liegt in ihrer Beziehung auf den Lohn, das Entgelt, welches der Arbeiter für seine Tätigkeit erhält. Als Arbeit, eine auf die Herstellung von menschliche Bedürfnisse befriedigenden Gegenständen gerichtete zweckmäßige Tätigkeit, ist sie Mittel für einen außerhalb ihrer liegenden Zweck, sie ist für den Lohnarbeiter Mittel seiner Reproduktion, [l] Er verrichtet die Arbeit, weil er Geld für sie bekommt, mit dem er sich Lebensmittel kauft. Dadurch, daß er seine Tätigkeit einem anderen überläßt,, der ihm dafür Geld gibt, sichert er seine Existenz. Lohnarbeit ist also ein gesellschaftliches Verhältnis, in das der Lohnarbeiter zu einem Geldbesitzer tritt, der an seiner Arbeit interessiert ist. [2] Im Tausch zwischen diesen beiden sozialen Charakteren geht es um Geld und Arbeit in bestimmter Quantität, wobei die Arbeit als eine Tätigkeit ( Prozeß, Bewegung) in Zeit gemessen wird.
Die Veräußerung eines Quantums Arbeit gegen ein Quantum Geld befähigt den Lohnarbeiter, sich als Käufer auf dem Markt die Gegenstände seines Bedürfnisses zu beschaffen. Mit den Geldlohn hat er prinzipiell Zugang zu allen Käuflichen, das die Gesellschaft hervorbringt.
"Er ist aber nicht an besondre Gegenstände, noch an eine besondre Weise der Befriedigung gebunden. "(Grundrisse / 194)
Doch stellt die quantitative Bestimmtheit seines Lohnes eine Begrenzung seiner Reproduktion dar. Er kann die seiner Individualität eigenen Bedürfnisse nur soweit befriedigen, als er die entsprechenden Gegenstände bezahlen kann. Die qualitativ bestimmten Genüsse, die dem Arbeiter zuteil werden, haben an der Größe des Lohnes ihre Schranke. In der Form der Lohnarbeit ist somit eine Beschränkung für die Reproduktion der Besonderheit, für die sie Mittel ist, eingeschlossen. [3]

2.

Ist der Verkauf von Arbeit zu einem bestimmten Preis Mittel zur individuellen Reproduktion, das auf dem Nutzen beruht, den der Käufer der Arbeit aus dem Tausch zieht, so setzt sich der Lohnarbeiter der Vergleich mit anderen Anbietern von Arbeit aus, deren Reproduktion ebenfalls vom Verkauf Ihrer Tätigkeit abhängt.
"Es findet also eine Konkurrenz unter den Käufern statt, die den Preis der von Ihnen angebotenen Ware herabdrückt." (MEW 6 / 402)
Umgekehrt bewirkt die Konkurrenz zwischen den Käufern ein Steigen der Preises, den die Anbieter von Arbeit erzielen. Das Ergebnis des wechselseitigen Druckes von Angebot und Nachfrage ist ein jeweils gültiger Marktpreis für die verschiedenen Arten der Arbeit. Die bestimmte, die Reproduktion des Lohnarbeiters beschränkende Größe des Lohnes hängt also ab vor Verlauf der Konkurrenz. Seine spezifische Beschränkung ist Resultat des Druckes, den die Lohnarbeiter unter sich als Konkurrenten erzeugen, und erscheint ihm als Ausdruck seines individuellen Durchsetzungsvermögens, der Art und Weise, wie er sich im Konkurrenzkampf bewährt. Dieser besteht zunächst in ihrem Vergleich als Verkäufer.

a)
Indem das Lohnarbeitsverhältnis Tausch ist, eine ökonomische Beziehung, in die Käufer und Verkäufer der Arbeit nur um ihres individuellen Nutzens willen eintreten, bedarf es der rechtlichen Form des Vertrags. Die Verbindlichkeit der von beiden Selten gegebenen Willenserklärung, dem Vertragspartner Arbeit resp. Geld in bestimmten Quantis zu überlassen, bedarf der Sicherung durch den Staat. Da die Identität des Willens, die Gemeinschaftlichkeit der Sonderinteressen bezüglich des kontrahierten Gegenstandes mit dem individuellen Nutzen jeder Seite verschwindet - aufgrund das Vorhandenseins von Konkurrenten ist keine Seite von der Leistung des bestimmten Individuums als Kontrahenten abhängig — sind die Lohnarbeiter (ebenso wie die Kapitalisten) auf die allgemeine Macht des Staates angewiesen. Sie garantiert Ihnen durch die Aufrechterhaltung eines Rechtszustandes die Bedingungen, unter denen sie sich als Lohnarbeiter reproduzieren können [4], was umgekehrt heißt, daß die Lohnarbeiter mit ihren ökonomischen Mitteln zur Erhalt des Staates beitragen müssen.

3.


Die Beschränkung, die dem Lohnarbeiter aus der Größe des Lohnes erwächst, erscheint in der Reproduktion selbst als Geldmangel, der den Lohnarbeiter als Käufer auf dem Markt zum Verzicht zwingt. Verschulden und Sparen sind die Verlaufsformen seiner Armut, falls ihm nicht die Fortexistenz überhaupt verunmöglicht wird: borgt er sich Geld, befriedigt er seine Bedürfnisse um den Preis künftiger Entsagung; spart er, beschränkt er seine Bedürfnisbefriedigung um des künftigen Genusses willen.

a)
Mit der Existenz des Staates, der im Recht die Bedingungen für die Reproduktion des Individuums durch den Verkauf von Arbeit sicherstellt, ist diese Form dar Reproduktion als berechtigte durch die allgemeine Macht anerkannt. Mißlingt sie aufgrund des Verlaufs der Konkurrenz, so hat der Lohnarbeiter angesichts fehlender Alternativen, sich sein Einkommen zu verschaffen, ein Recht auf die Erhaltung seiner Existenz, der Staat die Pflicht, sich um seine Subsistenz zu sorgen. Die öffentliche Fürsorge ist die Konsequenz der Armut, die die bürgerliche Gesellschaft einem Teil ihrer Mitglieder aufzwingt, weil sich diese in den anerkannten Formen dar Existenzsicherung nicht zu reproduzieren vermögen. Der kompensatorische Charakter der Fürsorge bedeutet zugleich, daß sie mit allerlei Zwangsmaßnahmen verbunden ist, die den Lohnarbeiter dazu drängen, seine Subsistenz ohne die Hilfe des Staates zu bewerkstelligen.

4.

Aus der Erfahrung des Mangels an Geld, dem bleibenden Widerspruch im Arbeiterdasein, erwächst die gängige Gleichsetzung der sozialen Unterschiede mit dem "Gegensatz" von arm und reich. Eine ganze Skala von Anstrengungen, die vom Glücksspiel über Erbschleicherei bis zum Verbrechen reicht, beweist die Existenz einer Bewußtseins, das zwar die Einsicht enthält, daß man mit Arbeit nicht reich wird, andererseits aber die Differenz zwischen arm und reich auch nicht auf den Grund geht und das Reichwerden als die einzige Form kennt, in der die Trostlosigkeit des Arbeiterdaseins überwunden werden kann. Alle Varianten dieses Bewußtseins - von den Tellerwäscher-Millionär-Filmen bis zur Spruchweisheit "lieber am und gesund..." leben von der instrumentellen Betrachtung der gesellschaftlichen Verhältnisse, mit denen es zurechtzukommen gilt. [5].

Dem Staat gegenüber, der in seinem sozial- und wirtschaftspolitischen Programm Einfluß auf die ökonomische Bewegung zu nehmen versucht, operiert dieses Bewußtsein mit dem Anspruch, er möge in seinen Maßnahmen positiv auf die Reproduktionsbedingungen des Arbeiters einwirken und nachteilige Modifikationen des in der Lohngröße fixierten Lebensstandards verhindern :

In der Forderung, der Staat möge für eine gerechtere Verteilung des Reichtums und damit der gesellschaftlichen Macht unter den Individuen sorgen, liegt der "harmlose" Auftakt zum Arbeiter als Faschisten ebenso wie als Revisionisten.


II.

1.

Die mit der Größe des Lohnes gegebene Beschränkung der Reproduktion des Arbeiters muß durch den vermehrten Verkauf von Arbeit. welcher mehr Lohn einbringt, überwunden werden, Die quantitative Veränderung des Tausches von Arbeit gegen Geld ist die dem Lohnarbeitsverhältnis immanente Konsequenz, die unmittelbare Folge dessen, daß die Quantität des erhaltenen Geldes der Erfüllung das Zwecks - Reproduktion des Arbeiters gemäß seinen individuellen Bedürfnissen - Schranken setzt. [6]
Doch unterwirft gerade die vermehrte Veräußerung von Arbeit, die die Sicherstellung der Reproduktion durch die Lohnarbeit bewirken soll, die Realisierung dieses Zwecks einer Reduktion. Die Zeit, in der sich die Individualität des Arbeiters auf die Verfolgung ihrer besonderen Interessen und auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse richtet, wird durch das Mittel, das um der Reproduktion willen eingesetzt wird, verkürzt. Die zeitliche Ausdehnung der Arbeit soll den Lohn erhöhen, um die Reproduktion zu gewährleisten, engt sie aber ein. In der Ihr eigenen Notwendigkeit zur Vermehrung schließt Lohnarbeit als Mittel für die Reproduktion die Realisierung dieses Zwecks aus.

2.

Der dem individuellen Lohnarbeiter auferlegte Zwang zur Extension der Arbeit vermehrt das Angebot auf dem Arbeitsmarkt und erhöht den Konkurrenzdruck unter den Verkäufern: die Wirkung der Konkurrenz, das Sinken des Marktpreises der Arbeit, offenbart, dem die vermehrte Veräußerung der Arbeit - statt die Reproduktion des Lohnarbeiters zu sichern - dem Zweck, dem sie dient, zuwiderläuft. Die Anstrengung des Arbeiters, auf der Grundlage der Lohnarbeit diese seinem individuellen Nutzen gemäß zu machen, verschlechtert das Maßverhältnis zwischen Geld und Arbeit; die gesellschaftliche Beziehung, die er mit der Lohnarbeit eingeht, steht im Gegensatz zum privaten Nutzen, den er aus ihr zieht.

b) Die Notwendigkeit zur Vermehrung der Arbeitszeit widerspricht jeder Begrenzung des Arbeitstages, da diese als bleibende Festsetzung das zahlungsfähigen Bedürfnisses die individuelle Reproduktion behindert.
Umgekehrt wirkt die Konkurrenz dem Zweck der Sicherung der Reproduktion entgegen, indem sie das Maßverhältnis von Geld und Lohn verschlechtert. Damit die Ausdehnung der Lohnarbeit als Mittel für die Reproduktion des Lohnarbeiters fungieren kann, ist die Festsetzung eines Normalarbeitstages geboten, der durch den wechselseitigen Druck von Angebot und Nachfrage nicht affiziert werden kann. Um das Mittel "Arbeit" in gesteigertem Maße einsetzbar zu machen, ist die Fixierung des Arbeitslohns für eine bestimmte Dauer erforderlich, so daß ein Hinausgehen über diesen Normalarbeitstag wirklich eine Verbesserung der Reproduktion einschließt.
Insofern die Zeit, um die der Lohnarbeiter sein Arbeitsquantum vermehrt, unmittelbar seine Reproduktionszeit reduziert und damit die Qualität der Bedürfnisse, welche er befriedigen kann, berührt, muß für die zusätzliche Arbeit ein die Erschwerung der Reproduktion berücksichtigender Lohn gezahlt werden. Der Überstundenlohn ist das Ergebnis der Reflexion der ausgedehnten Arbeitszeit auf den Zweck, dessen Vollführung die Ausdehnung notwendig macht.
Die Festsetzung des Normalarbeitstages und die damit einhergehende Sonderentlohnung für Überstunden sind eine Voraussetzung für den individuellen Gebrauch der Arbeit als Einkommensquelle, die durch die Konkurrenzbewegung auf dem Arbeitsmarkt als allgemein gültige Bestimmung erfordert wird. Die dem Lohnarbeitsverhältnis immanente Kollision von Mittel und Zweck unter stellt eine gewaltsame Fixierung von Bedingungen der Konkurrenz durch den Staat als Gewalt gegen die Konkurrierenden übende Instanz, weil sonst die in der Konkurrenz verfolgten Zwecke durch die Konkurrenz vereitelt würden.

3.

Die Zeit, in welcher der Arbeiter seine Bedürfnisse befriedigt, seinen persönlichen Interessen und Neigungen nachgeht, ist durch das Mittel der Lohnarbeit, das er je um der in einer von ihr getrennten Sphäre stattfindenden Betätigung willen einsetzt, verkürzt, was sich auch negativ auf die Gestaltung der Freizeit einwirkt. Es findet eine "Verdichtung" seiner Reproduktion statt: die notwendigen Genüsse gilt es mit möglichst geringem Zeitaufwand zu erledigen, soll für die freie individuelle Betätigung überhaupt noch etwas übrigbleiben. Die Ersparnis von Zeit sei es in den für die Haushaltsführung notwendigen Tätigkeiten oder für die Bewegung zwischen Arbeitsplatz und Wohnung, auch für eine Wohnung in günstiger Lage — kostet ihrerseits wieder Geld. Die Nachfrage nach entsprechenden Gegenständen, die vom Lohnarbeiter ausgeht, hat die Steigerung der Preise zur Konsequenz und wirkt wiederum ihrer Intention entgegen. Der Widerspruch der Lohnarbeit wird erfahren als ständige Bedrohung der "Lebensqualität'' - die Zerstörung der Familie als dem Bereich der "persönlichen", ganz der Besonderheit anheimfallenden Beziehungen durch die Berufstätigkeit der Frau tut ein übriges.

b)
Da die Existenzsicherung in der Form der Lohnarbeit eine berechtigte ist, zugleich aber die angeführten Mängel in dar Reproduktion zur Konsequenz hat, muß der Staat als Garant für die freie Betätigung der Individualität, für die Lohnarbeit ein anerkanntes Mittel darstellt, durch seine Tätigkeit einstehen. In seinem sozialpolitischen Programm finden sich deshalb Punkte, die auf die Bewältigung der Schwierigkeiten zielen, die dem Lohnarbeiter aus der Tendenz zur Ausdehnung der Arbeit in der Sphäre dar Reproduktion erwachsen und die Lohnarbeit als Revenuequelle in Gegensatz zu ihrer Zweckbestimmung geraten lassen. Der Staat verhindert die Bedrohung eines Bereichs individueller Bedürfnisbefriedigung aufgrund der Absorption des Lohnes durch die Notwendigkeiten des bloßen Fortexistierens, indem er durch seine Eingriffe in den Wohnungsmarkt teils die Wirkungen der Konkurrenz abschwächt, teils durch selbständige Beschaffung von Wohnraum neben die Konkurrenz zwischen Grundeigentümern tritt, die — da Grundbesitz ebenfalls anerkannte Quelle der Subsistenz ist - den Preis für Wohnungen in für die Lohnarbeiter unerschwingliche Höhen treibt. Er sorgt für den Abbau zeitlicher resp. geldlicher Restriktion der privaten Betätigung der Lohnarbeiter durch die Errichtung eines Systems öffentlicher Massenkommunikationsmittel und wirkt den Einschränkungen, die die Aufzucht von Kindern den Lohnarbeitern auferlegt, durch familienpolitische Maßnahmen entgegen, die von Steuererleichterungen und Kindergeld über Kindergarten bis zum Kinderprogramm in den öffentlich-rechtlich organisierten Massenmedien reichen. Letztere gestatten der Lohnarbeiter eine nicht-aufwendige Möglichkeit der Information und damit die Verfolgung seiner Pflichten als Staatsbürger, schaffen ihm aber auch in ihrem Unterhaltungsteil den leichten Zugang zu kulturellen Genüssen, die ihn ohne staatliche Aktivitäten entzogen blieben oder feine Zeit und seinen Geldbeutel in unerträglichem Maße beanspruchen würden.


4.

Die durchaus reale Konsequenz erhöhter Anstrengungen des Lohnarbeiters, die zeitweise Steigerung seines Einkommens, läßt ihn zu einer ersten "Erklärung" der Armut gelangen, die er an sich und anderen feststellt: die Differenzen beruhen für ihn auf der unterschiedlichen Bereitschaft zur Arbeit. Faulheit und Fleiß werden zu Gründen dafür, wieviel einer sich leisten kann. Umgekehrt wird hohes Einkommen anerkannt, als Indiz für die Tüchtigkeit des Betreffenden angesehen.
Der Staat, dessen Beurteilung sich hinwiederum aus den negativen Folgen der Lohnarbeit für die "Lebensqualität" des Arbeiters ableitet, erscheint als mangelhaft insofern, als er die von ihm wahrgenommenen Pflichten nicht in ausreichendem Maße übernimmt. Er ist für den Lohnarbeiter eine Hilfe zur Bewältigung der Widersprüche seiner Reproduktion, aber keine zureichende, so daß eine Verstärkung seiner sozialpolitischen Einflußnahme aufs Arbeiterdasein verlangt wird: die Forderungen erstrecken sich auf alle diesbezüglichen Aktivitäten (Bodenreform, Nulltarif, Kinderwesen) und sind bevorzugter Gegenstand von Bürgerinitiativen, der Form oppositioneller Politik, die die Berechtigung ihrer Forderungen zum Anlaß nimmt, nach Durchsetzungsmöglichkeiten zu suchen, die im Mechanismus der Demokratie nicht gegeben sind.
Die Konsequenz des Spiels von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, die Gefahr der Unverkäuflichkeit der Arbeit, schlägt sich im Eintreten für Sicherheit der Arbeitsplätze nieder, wenn es um wirtschaftspolitische Zielsetzungen des Staates geht.

In der Anerkennung der Tüchtigkeit von Individuen als Grundlage ihrer "sicheren" Existenz liegt - wird diese Auffassung mit den Ansprüchen an die Tätigkeit des Staates kombiniert - wiederum der Übergang zum faschistischen Bewußtsein: die als "Unzulänglichkeiten" interpretierten Mängel der eigenen Reproduktion soll der Staat beseitigen, indem er die Faulheit, das Gammlertum etc. nicht duldet. Die sich durch Nichtarbeit den Zwängen kapitalistischer Reproduktion entziehen wollen (nicht die, welche aus Nichtarbeit Revenue beziehen), scheinen für die Beschränkungen verantwortlich, indem sie dem Staat und damit der Allgemeinheit zur Last fallen.


III.

1.

Die Vermehrung der Arbeit die der Lohnarbeiter verkauft, muß in einer Weine vonstatten geben, die nicht mit der Verhinderung der Reproduktion durch Reduktion der Freizeit einhergeht und die daraus folgenden Mängel für die Sphäre der individuellen Betätigung nach sich zieht. An die Stelle der zeitlichen Ausdehnung der Arbeit muß Ihre Intensivierung innerhalb gegebener Dauer treten. Die Form des Maßverhältnisses - eine bestimmte Tätigkeit verrichtet In bestimmter Dauer mißt sich an einem Geldquantum, das für sie bezahlt wird - entwickelt sich zu einer immanenten Qualität der Arbeit selbst. Sie wird In Ihren diskreten Momentan ins Verhältnis zur Zeit gesetzt, ist in ihrem Ablauf als gemessene gegeben: Leistung. Die Größe des Lohns ergibt sich als Resultat der innerhalb der Arbeitszeit erbrachten Leistung und läßt sich am Produkt (Stücklohn) oder an der Tätigkeit selbst (MTM etc.) messen. Je nach Art der Arbeit ergeben sich verschiedene Lohnsysteme, meist Mischformen aus Zeit- und Stücklohn (Prämien), die bei Produktionsprozessen, in welchen der Tätigkeit den einzelnen Arbeitern kein diskretes (Teil)Produkt zugeordnet worden kann, Gruppenakkord notwendig machen.
In diesen Formen der Leistungsmessung erscheint die Qualität der Arbeit als bloße Voraussetzung, nicht mehr als Grundlage der Lohnhöhe. Zwar ist es noch besondre, zweckmäßige Tätigkeit, die im Lohnarbeitsverhältnis gefordert wird; doch den Entgelt ist unmittelbar bezogen auf die Intensität der Tätigkeit, so daß dieselbe Arbeit verschiedenen Lohn erzielt nur aufgrund des Tempos, in dem sie verrichtet wird. Der Lohn mißt die Tätigkeit des individuellen Lohnarbeiters, doch besteht diese seine Individualität ausschließlich in dem von andren Arbeitern verschiedenen Grad, in dem er sich verschleißt. In Leistungslohn tritt die dem Lohnarbeiterverhältnis immanente Natur dessen hervor, was wir aus dem 'Kapital' wissen: der Lohnarbeiter wird für die Beanspruchung bezahlt, die er sich in seiner Arbeit abverlangt, er fungiert im Produktionsprozeß als Repräsentant von Arbeit schlechthin. (Die Hierarchie der Berufe beruht auf den beiden Kriterien Verdienst und Anstrengung, nach denen die verschiedenen Tätigkeiten verglichen werden.) Indem der Zweck seiner Arbeit der Lohn ist, muß er sich im Arbeitsprozeß bemühen, den Nutzen das Käufers an seiner Arbeit zu vergrößern, damit sein Lohn steigt und er sich reproduzieren kann: er tut dies durch die Zerstörung seiner Individualität. Um seine Bedürfnisse zu befriedigen und genießen zu können, muß er sich fertig machen.

2.

Der Vergleich zwischen den konkurrierenden Arbeitern als Verkäufern von Arbeit findet also nicht nur auf dem Markt, sondern auch im Produktionsprozeß selbst statt. Die Leistungssteigerung das einzelnen Lohnarbeiters erhöht das Angebot an Arbeit und gestattet den Käufern, den Preis zu drücken. "Die Arbeiter machen sich Konkurrenz nicht nur, indem einer sich wohlfeiler anbietet als der anders, sondern indem einer für zwei arbeitet." (MEW 6/542) Die Überlegenheit über seinen Konkurrenten, die der Lohnarbeiter um der Verbesserung seiner Reproduktion willen erreicht, ist zugleich sein Nachteil. Die Leistungssteigerung seines Konkurrenten, die dieser nur vollbringt, weil er mehr verdienen will, wird vom Käufer der Arbeit gegen ihn ausgespielt: ihre auf die Verbesserung der individuellen Reproduktion gerichteten Anstrengungen machen sie nicht nur kaputt, sondern drücken auch den Preis ihrer Arbeit. "Den Stücklohn gegeben, ist es natürlich das persönliche Interesse des Arbeiters, seine Arbeitskraft möglichst intensiv anzuspannen, was den Kapitalisten eine Erhöhung des Normalgrades der Intensität erleichtert." (MEW 23/577) Die Vermehrung das Angebots an Arbeit hat - ob nun als Verlängerung der Arbeitszeit oder als Erhöhung der Leistung seitens das Lohnarbeiters vollzogen -dieselbe Konsequenz sie bewirkt das gerade Gegenteil dessen, wen der Lohnarbeiter erreichen will. Alles, was er als vom Verkauf seiner Arbeit abhängiges Individuum unternehmen muß. um seine Reproduktion zu sichern, schlägt durch die Wirkung der Konkurrenz gegen ihn aus. Mit jeder Festsetzung das Maßverhältnisses zwischen Leistung und Lohn - wie sie mit technischen Veränderungen fällig ist - verknüpft sich die Tendenz, "mit der Erhebung individueller Arbeitslöhne über das Durchschnittsniveau dies Niveau selbst zu senken." (MEW 23/579)

a)
Die Leistungssteigerung ist nur dann Mittel zur Erhaltung seiner Existenz, wenn die Konkurrenz die Wirkung einer Vermehrung das Einkommens nicht vereitelt. Doch ist eine der Festsetzung das Normalarbeitstages analoge staatliche Sicherung eines Leistungsstandards, über den der Lohnarbeiter hinausgehen kann, ohne daß die Konkurrenz ihn hinter ein bereits erreichtes Niveau zurückwirft nicht möglich angesichts der mit dem besonderen Arbeitsprozeß verknüpften Leistungsmessung läßt sich ein allgemeingültiges Maß der Beanspruchung nicht festlegen. Daß die im Lohnvertrag eingegangene Verpflichtung des Arbeiters zur Leistung die Tendenz zur Zerstörung seiner Gesundheit hat, ist in BGB unterstellt, wann es heißt, daß Dienstleistungen so zu regeln sind, "daß der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist als die Natur der Dienstleistung es gestattet."(§618) - zugleich aber auch anerkannt. Das BVG reflektiert denselben Sachverhalt in der matten Phrase: "Dabei sollen Arbeitgeber und Betriebsrat die gesicherten Erkenntnisse der Arbeitswissenschaft über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit berücksichtigen." Eine Festsetzung des Verhältnisses von Lohn und Leistung jedoch formuliert kein Gesetz - tarifrechtliche Bestimmungen können bestenfalls Mindestlöhne für Ihre Gültigkeitsperiode angeben, also die anders Seite das Verhältnisses 'fixieren', wobei die Berücksichtigung der 'Kaufkraftentwicklung' des Geldes das Höchste ist, was sich regeln läßt. Die Unmöglichkeit, das Verhältnis von Lohn und Leistung von spezifischen Arbeitsprozeß abzulösen, überantwortet seine Bewegung völlig den Umständen der Konkurrenz.
Insofern ist auch die Reproduktion des Arbeitern abhängig von der Bewährung seiner Individualität in den besonderen Leistungsanforderungen, die ein Arbeitsplatz an ihn stellt. Ist er dem Resultat der Konkurrenz in einer Tätigkeit nicht gewachsen, muß ihm eine andere offenstehen: Der Staat muß das Recht der Freizügigkeit sichern und deren Realisierung gewährleisten: Kündigungsschutzgesetzgebung und diesbezügliche Bestimmungen im BVG.

3.

Das Verhältnis von Arbeit und Reproduktion als eines von Mittel und Zweck stellt sich mit dem Zwang zur Leistungssteigerung als Auflösung seiner selbst dar; die Arbeit, die der freien, ganz der Besonderheit den Individuums überlassenen Reproduktion ein Mittel dient, negiert diesen Zweck, indem sie den Lohnarbeiter als verbrauchte, zerstörte Individualität entläßt. Die Reproduktion ist das, was bereits dem Wortsinn nach mit ihr bezeichnet wird, Wiederherstellung eines verbrauchten Menschen. Der Arbeiter, der sich beim Kapitalisten verdingt, um sich durch den Lohn Zugang zu Genuß und freier Betätigung zu verschaffen, vollführt einen genau entgegengesetzten Zweck. In seiner Arbeit ist er Mittel, Objekt des Nutzens, den der Käufer aus ihm zieht, und seine Freizeit dient dazu, daß er sich in dieser Funktion erhält. Seine Bedürfnisbefriedigung geht auf die Bewährung der Fähigkeit zu arbeiten - er ist Arbeitskraft. Seinen Schlaf, seine Nahrungseinnahme, seine Vergnügungen hat er so einzurichten, daß sie ihm die Arbeit gestatten.[7] Der Aufwand für Kraftfutter, Sitzecken und Fernseher demonstriert den circulus vitiosus, in den Ihn der Versuch, sich mit der Lohnarbeit einen Bereich freier Betätigung zu sichern, bringt. Was Kulturkritiker als Abstinenz der Massen in geistiger Hinsicht beklagen und Vulgärmaterialisten auf Manipulation zurückführen, hat in der Bestimmung seiner Privatsphäre durch das gesellschaftliche Verhältnis, in das er durch die Lohnarbeit eingebannt ist, seinen Grund. Die Beschädigung seiner Physis zwingt ihn zur 'gesunden' Ernährung sein Arbeitsplatz nötigt ihn zu einer entsprechend ausgestatteten Wohnung. Anstrengungen auf Intellektuellem Gebiet regenerieren ihn nicht, sondern fordern seine Kräfte in einer seiner Arbeit abträglichen Weise; 'berufliche Fortbildung' bleibt als schäbiger Rest geistiger Entwicklung, ganz bezogen auf die Sphäre die ihm Freiheit seiner Individualität verschaffen soll. Arbeit, die in gesellschaftlichen Maßstab das 'Reich der Notwendigkeit' zurückdrängt, schafft den Lohnarbeiter kein 'Reich der Freiheit'. Die gesellschaftliche Form der Arbeit Ist der Grund dafür, daß die Faschisten es waren, die über das KZ in Dachau schreiben mußten: Arbeit macht frei !

b)
Die Anforderungen das Arbeitsprozesses haben an der physischen und psychischen Besonderheit des Lohnarbeiters ihre Schranke. In der Reproduktionsphäre nacht sich das Erreichen dieser Schranke des Individuums als Krankheit d.h. Zwang zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Körpers, und als mangelnde Bildung, d.h, Notwendigkeit von Ausbildung geltend. Der Staat hat mit dem Aufbau eines Gesundheitswesens und der Einrichtung von Ausbildungsinstitutionen der Reproduktion von Lohnarbeitern Bedingungen zu schaffen. Da sowohl die Sorge das Arbeitern um seine Gesundheit als auch die den Anforderungen der Konkurrenz gemäße Aneignung von Kenntnissen (die dem Eintreten ins Berufsleben vorhergehen muß) Beschränkungen für die freie Betätigung der Individualität in ihrer Freizeit darstellen treten unter kapitalistischen Verhältnissen die zivilisatorischen Errungenschaften der Krankheitsbekämprung und der Bildung als staatlicher Zwang gegenüber dem Einzelnen auf: der Lohnarbeiter muß sich versichern, d.h. auf den selbstverständlichem Fall seiner Erwerbsunfähigkeit sparen, und seine Kinder müssen in die Schulen, die er mit seinen Steuern finanziert, ebenso wie die Krankenhäuser.
Die von Staat veranstaltete Ausbildung reflektiert in Ihrem Ziel der Mobilität die Gleichgültigkait gegen die bestimmte Art der Arbeit, die nicht die Universalität der Fähigkeiten im positiven Sinn beinhaltet, sondern das negative Resultat der Lohnarbeit, daß eine Tätigkeit aufgrund der Untauglichkeit als Mittel zur Reproduktion verlasen werden muß. Herstellung von Mobilität heißt also keineswegs, daß die Ausgebildeten allen können sollen, sondern daß sie nicht auf einen Beruf fixiert worden, wann sie in den Schulen um den ihnen offenstehenden Grad der Zurichtung konkurrieren.


4.

Gesundheit und Intelligenz sind dem Lohnarbeiter die entscheidenden Mittel für seine Konkurrenzfähigkeit, ihr Vorhandensein bzw. Defizit erscheint ihm als Grund für das Gelingen bzw. Scheitern der Reproduktion, die ja von dem abhängt, was man leistet. Mit der Vorstellung vom gerechten Lohn akzeptiert dieses Bewußtsein die Hierarchie der Arbeiten und dar Aufstieg innerhalb dieser Hierarchie ist der Weg zu einem besseren Leben.
Vom Staat verlangt es die bevorzugte Behandlung der sozialpolitischen Programmpunkte, teils aus der Notwendigkeit der Selbsterhaltung (Krankenhäuser etc.), teils aus dem Wunsch nach mehr Gerechtigkeit Verwirklichung der Chancengleichheit. Er stellt sich positiv zur Konkurrenz, will ihre Vollendung, indem er die Bedingungen der Konkurrenz, die der Staat bereitstellt, auf den individuellen Nutzen bezieht und verbessern will, statt die Konkurrenz zu kritisieren.
Die Parteinahme für Erfordernisse der Konkurrenz und ihre Durchsetzung gegenüber den Schranken das Staates wird einerseits als Demokratisierung verstanden, von anderen sogar für Sozialismus gehalten (die Beispiele reichen vom Gothaer Programm bis zum heutigen Revisionismus). Das Festhalten an der Gerechtigkeit, dem Ideal der Konkurrenz offenbart seinen Wahnwitz, sobald sich - aus negativen Wirkungen der Konkurrenz heraus - Individuen den Staat darauf verpflichten wollen die gerechten, weil auf tatsächlichen Leistungsunterschieden beruhenden Vor- und Nachteile der Einzelnen zu bewahren: in der faschistischen Wendung das Konkurrenzfanatismus verdient (!) der Kranke sein Schicksal, der leistungsunwillige Kritiker die Isolation und Unterdrückung, der Staat tut seine Pflicht, wann er die Gesunden und Tüchtigen fördert, die Dekadenten beseitigt...
Die Übereinstimmung zwischen Revisionismus und Faschismus besteht darin, daß sie den Staat für Wirkungen verantwortlich machen, die sie für ungerecht halten, und von seinen Handlungen Abhilfe erwarten. Die Revisionisten verfallen der Illusion, daß der Staat, indem er Bedingungen für die Konkurrenz schafft, deren Mängel beseitigt, Gleichheit ist ihnen ein zu verwirklichende Ideal, kein Zwang. Die Faschisten verlangen von Staat, daß er des Resultat des Konkurrenzvergleichs, die Verschiedenheit der Individuen und ihres gesellschaftlichen Einflusses, nicht nur anerkennt, sondern zur positiven Richtschnur seinen Handelns nacht, nicht die Konkurrenz sichert, sondern die Starken begünstigt.
Welche Varianten der gewaltsamen Aufrechterhaltung der Konkurrenz für das Bewußtsein der Arbeiter bestimmend sind, ist ohne Mühe aus der Anhängerschaft der politischen Parteien zu entnehmen: sie sind das zum Regierungsprogramm zusammengefaßte falsche Bewußtsein des Staatsbürgers.


Die Lohnformen - Verlaufsform das Klassengegensatzes

Die Anstrengungen des Lohnarbeiters durch den Verkauf seiner Arbeit seinen Lebensunterhalt zu sichern, erweisen sich als diesem Zweck nicht gemäß. Das Messen seiner Leistung, an dem er wegen seiner Reproduktion interessiert ist, ist ein Mittel zu deren Zerstörung - Lohnarbeit mithin eine Angelegenheit, deren immanenter Zweck nicht mit der Absicht derer zusammenfällt, die sie verrichten. Ihr Grund muß also noch bestimmt worden, das Maßverhältnis von Lohn und Leistung gebietet die Fortführung seiner Analyse bis zu dem Punkt, an dem sein positiver Zweck zum Vorschein kommt, in welchem die Verhinderung der Reproduktion von Lohnarbeitern eingeschlossen ist. Dabei sind wir uns über das Ergebnis dieser Analyse aufgrund unserer Kenntnis des 'Kapital' von vorneherein im Klaren, wissen aber, daß dieses Ergebnis hier wie in der Agitation aus der Betrachtung der Lohnarbeit zu folgen hat - während es bei MARX als Grund für die verrückte Form eines "Preises der Arbeit zur Ableitung dieser Form vorausgesetzt ist. Die Frage, zu der das negative Ergebnis unserer Analyse der Lohnarbeit drängt, lautet also: welcher Zweck liegt der Lohnarbeit, den unterschiedlichen Formen des Maßverhältnisses von Lohn und Leistung zugrunde?

1.

Bereits die einfachste Form der Leistungsmessung, der Zeitlohn, gestattet durch zwei sonderbare Phänomene eine Antwort:
a) der Versuch der Arbeiter, durch eine Steigerung ihrer Leistung, d.h. durch die Verlängerung seines Arbeitstages eine Vergrößerung seines Lohnes zu erzielen, führt über die Wirkung der Konkurrenz nicht zu dem gewünschten Resultat. Der einmal gültige Zeitlohn erweist sich als zu seinen Ungunsten veränderliches Maßverhältnis, wobei diese Wirkung auch mittelbar Ober die Preisbewegung der Waren hergestellt werden kann, die er sich von seinem Lohn kauft.
b) es gibt nebeneinander verschiedene Lohngruppen, d.h. nicht jede Arbeitsstunde wird mit dem gleichen Quantum Geld entgolten. Mit Hilfe von Arbeitsverfahren hat man eine Skala von Arbeitswertgruppen aufgestellt, denen zufolge der Stundenlohn entsprechend den Anforderungen, die ein Arbeiter erfüllt, variiert. Solche Anforderungen sind (REFA-Schema):

I. Können
A. vorwiegend nicht-muskelmäßig-(Ausbildung, Erfahrung)
B. vorwiegend muskelmäßig (Geschicklichkeit, Handfertigkeit)

II. Verantwortung - für persönliche und sachliche Schäden, und zwar in bezug auf Betriebsmittel und Erzeugnisse den Arbeitsablauf/die Arbeit anderer - und die Sicherheit anderer

III. Arbeitsbelastung Belastung des Organismus

A. vorwiegend nicht muskelmäßig
B. vorwiegend muskelmäßig

IV. Umgebungseinflüsse:
Temperatur, Nässe, Schmutz, optische und akustische Belastung, Erschütterungen Säuren, Laugen, Gase.

In den Wirkungen der Konkurrenz erfährt der Arbeiter, daß den Verhältnis von Lohn und Leistung ein relatives ist, von Bedingungen abhängt, die mit seiner Leistung nichts zu schaffen haben. Vom Bedarf das Käufers seiner Arbeit her bestimmt sich, wieviel er für eine Stunde Arbeit erhält; er mag jahraus jahrein dieselbe Menge Arbeit verrichten und wird doch aufgrund sich wandelnder Voraussetzungen auf der Seite des Käufers, die er nicht beeinflussen kann, unterschiedlich entlohnt worden. Und wenn er angesichts der Gefahr, überhaupt nicht mehr nachgefragt zu werden, sich auf diese Voraussetzungen der anderen Seite einstellt, dann geschieht dies auf seine Kosten. Das Argument der Unternehmer ist ihre Kalkulation, und in ihr figuriert der Arbeiter als ein Kostenfaktor, der nur dann In Kauf genommen wird, wenn es sich lohnt. Nicht in der Herstellung von Arbeitsprodukten liegt der Nutzen seiner Leistung, sondern in den Gewinn, den der Käufer seiner Arbeit aus ihr zieht. Ob und wie gut er sich mit seiner Lohnarbeit reproduzieren kann unterliegt somit einem ganz anderen Kriterium als seiner Arbeitsleistung, und deren Messung im Lohn wird in ihrer Unterwerfung unter dieses Kriterium zum ständigen Belag dafür, daß die Gleichung Lohn x Leistung eine Fiktion ist.
Wenn sich der Maßstab seiner Leistung in Abhängigkeit von den Ertrag ändert, den sie dem Unternehmer sichert denn Ist auch das Rätsel keines mehr, weshalb diese Fiktion existiert: das Maßverhältnis Arbeit-Geld regelt die Entlohnung des Arbeiters so, daß seine Leistung den Unternehmer zu Gewinn verhilft. Daß der Arbeiter fürs Kapital mehr leistet, als er kostet, ist Bedingung dafür, daß er seinen Lebensunterhalt verdient; und in der Bewegung seinen Lohnen stellt er fest, daß sein Versuch, dieser Bedingung Genüge zu tun, die Erhöhung seiner Leistung mit der niedrigeren Bewertung dieser Leistung beantwortet wird.
Dasselbe, wenn sich aus dem Nacheinander verschiedner Zeitlöhne, ergibt sich aus Ihrem Nebeneinander. Wenn einerseits die Arbeit nach ihrer Dauer entlohnt wird, andererseits nicht jede Stunde Arbeit mit gleichviel Geld entgolten wird, dann gibt en verschiedene Maßstäbe. In der unterschiedlichen Bewertung von Arbeitsstunden, die alle nur 60 Minuten dauern, enthüllt sich der Zeitlohn als eine Weise der Subsumtion der besonderen Fähigkeiten und Anstrengungen des industriellen Arbeiters unter die Bedürfnisse der Käuferseite. Die Arbeiter finden im arbeitsteilig organisierten Produktionsprozeß bestimmte Tätigkeiten als objektive, gewöhnlich als Beruf fixierte vor, auf die sie sich durch Ausbildungsprozesse und Einarbeitungsperioden einstellen. Einmal für eine solche Tätigkeit zugerichtet, unterscheidet sich ihre Lohnhöhe bereits von der anderer Arbeiter, die nicht minder notwendig sind für das Funktionieren des Produktionsprozesses, sofern die entsprechende Qualifikation gebraucht wird. Ist dies der Fall, wird auf ihr 'Können' keine Rücksicht genommen und sie müssen sich mit einer Tätigkeit, damit einem Lohn bescheiden, der ihrer Qualifikation gegenüber gleichgültig ist. Freilich bleibt ihnen allen die Möglichkeit durch die Unterwerfung ihrer Besonderheit unter die Anforderungen von Arbeitsplätzen, an denen sie für den Nutzen des Unternehmens durch die Berücksichtigung (=Aufsicht) der Leistung anderer Arbeiter oder die Rücksichtslosigkeit ihrer Gesundheit gegenüber sorgen. Daß 'Verantwortung' als Kriterium der Arbeitsplatzbewertung rangiert, erinnert den Lohnarbeiter daran, daß die Besonderheit seines Wirkens allein in der Leistung für den Zweck liegt, den das Kapital mit dem arbeitsteiligen Produktionsprozeß verfolgt und nichts mit seinem individuellen Können zu tun hat - umgekehrt, die besonders Leistung des Lohnarbeiters besteht in der Anpassung en von ihm unabhängig festgesetzte Anforderungen Und daß diese Anforderungen seinem Wohlergehen abträglich sind, auch wenn mancher diese Bedingungen der Arbeit meint, gegen andere Arbeiter geltend machen zu dürfen und dafür bezahlt wird, kann er an den Kriterien 'Arbeitsbelastung' und 'Umgebungseinflüsse' sehen. Sich lohnwirksam nützlich zumachen, schließt stets beides ein: sich mit dem anderen Arbeiter vergleichen, i.e. konkurrieren und die Verschlechterung der eigenen Lage als Konsequenz jeder relativen Verbesserung akzeptieren. Alle setzen sich ins Verhältnis zur Normalleistung die keiner von ihnen bestimmt.

2.


Noch klarer liegen die Dinge beim Stücklohn oder Akkordlohn, wo der Lohn des Arbeiters nach der Anzahl der von ihm gelieferten Produktionseinheiten berechnet wird, für die ein bestimmter Geldsatz festgelegt ist (beim Zeitakkord wird für eine Produktionseinheit eine Fertigungsdauer vorgegeben und mit einem Akkordrichtsatz entgolten):

a)Eine bestimmte Vorgabezeit unterstellt, die als 'Normalleistung' bezeichnet wird, führt die Anstrengung des Arbeiters, durch Leistungssteigerung seinen Verdienst zu erhöhen bei gleichbleibender Nachfrage nach Arbeit zu sinkender Nachfrage nach Arbeitskräften Konkurrenz im Produktionsprozeß bewirkt Verminderung der Vorgabezeit, Erhöhung der Normalleistung.
b) Der Akkordlohn ist verschieden hoch für dieselben Produktionseinheiten, die Normalleistung differiert nach den Produktionsbedingungen, die er vorfindet. Statt einer Messung seiner Leistung an ihrem Resultat erfolgt eine Bewertung seines Arbeitsplatzes

Allein die Festsetzung der Vorgabezeit verweist auf zwei Größen, die verraten, daß der Leistungslohn zwar viel mit der Leistung des Arbeiters, aber wenig mit einer leistungsbestimmten Entlohnung zu tun hat. Erstens ist für die Errechnung das Geldsatzes pro Einheit (bzw. des Geldfaktors pro Minute) eine Lohnhöhe als Normalverdienst unterstellt, den man In Form den Zeitlohns annimmt, um Ihn durch die Anzahl der produzierten Stücke zu dividieren. Zweitens setzt die Division eine Intensität der beobachteten Arbeitsprozesse voraus, die als Normalleistung gilt und In einen Manteltarifvertrag in erfreulicher Deutlichkeit definiert wird: "Normalleistung" ist die Leistung, die von jedem geeigneten Arbeitnehmer nach Übung und Einarbeitung mindestens erreicht worden kann, ohne die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit zu gefährden. Im übrigen sollen für die Bestimmung der Normalleistung die jeweils gültigen Grundsätze den Arbeitsstudiums sinngemäß angewandt werden.« Wenn die Erhaltung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit die Grenze für die Festsetzung der Normalleistung abgeben so bedeutet dies einmal, daß der die Normalleistung überbietende Arbeiter seine Gesundheit und Arbeitsfähigkeit gefährdet; zum anderen ist er durch die Entwicklung der Konkurrenz, die er den anderen Arbeitern macht (und umgekehrt), welche die Normalleistung in die Höhe treibt, gezwungen zu dieser Gefährdung. So ist der Leistungslohn die dem bereits am Zeitlohn zutagetretenden Zweck der Lohnarbeit angemessenere Form der Lohnzahlung: der Arbeiter muß daran interessiert sein, seine Selbsterhaltung zum Mittel immer wachsender Leistung zu verkehren. Nur wenn er den stets erweiterten Ansprüchen den Käufers auf seine Leistung genügt, ist er in der Lage, seinen Normalverdienst zu erhalten - und ist dennoch nicht Imstande, seine Reproduktion zu sichern.
Daß in der Festsetzung des Akkordlohnes über den Grad seiner Anstrengung so entschieden wird, daß er für seinen Lebensunterhalt möglichst viel zu leisten hat, entgeht dem Arbeiter natürlich nicht, weswegen er bei den regelmäßigen Besuchen der REFA-Leute seine optimalen Fähigkeiten nicht zur Schau stellt (und auf 'Akkordbrecher' nicht gut zu sprechen ist . Dies wiederum ist den Männern mit der Stoppuhr nicht entgangen, was sie zu 'objektiven' Methoden der Arbeitsplatzbewertung drängte. Nicht der konkrete Arbeiter wird beobachtet und gestoppt, sondern die Beobachtung das Arbeitsvorgangs bildet das Material einer Analyse, seiner Zergliederung in abstrakte Elemente diese analytische Arbeitsplatzbewertung macht das Problem der Individualität des bewerteten Arbeiters hinfällig, indem den einzelnen Bewegungsabläufen einer Tätigkeit Zeiten zugeordnet worden, die man durch Verteil- und Erholzeiten ergänzt, um zur Verrichtungsnormalzeit zu gelangen. Auf solche Weise gehen von vorneherein alle eventuellen Störungen zu Lasten den Lohnarbeitern, der seinerseits Gelegenheit hat, zu beweisen, daß der Mensch keine Maschine ist, weil er wie eine solche behandelt wird. Da der Beweis seinen Schaden nach sich zieht, versucht er dennoch, eine zu sein und führt seinem Käufer die Grenzen menschlicher Leistung vor Augen, die selbigen zum Erbarmen rühren.
Wenn der Zweck der Lohnarbeit darin liegt, dem Arbeiter für seine Reproduktion mehr abzuverlangen, als der Erhaltung seiner Arbeitsfähigkeit zuträglich ist, ist seine Bezahlung auch nicht dazu da, ihn zu erhalten. Er rangiert eben als Kostenfaktor in einem Betrieb, dem es nicht auf die Herstellung vieler Güter ankommt, sondern auf die sparsame Herstellung derselben; so nimmt es auch nicht wunder, wann die Erleichterung seiner Arbeit durch Veränderung der Maschinerie etc. - die ihm ja die Ablieferung einer größeren Stückzahl pro Zeit gestattet - mit einer neuen Bewertung seines Arbeitsplatzes einhergeht: das Studium der Arbeitswissenschaften enthüllt seine Leistungsfähigkeit, wenn es die Erleichterung von Arbeitsprozessen zum Anlaß nimmt, den Verdienst des Arbeiters zu erschweren. Der Empfänger von Stücklohn fertigt in derselben Zeit mehr Produkteinheiten als vor der technischen Neuerung, erhält aber keineswegs entsprechend mehr Lohn. Im Gegenteil Die Bewertung seines Arbeitsplatzes fördert zutage, daß zur Lieferung der betreffenden Einheit weniger Bewegungsabläufe notwendig sind als zuvor, womit auch die Entlohnung pro Stück zu sinken hat. Und selbst wann die neu ermittelte Normalleistung denselben Lohn bringt wie die alte, wird die notwendige Steigerung über die Normalleistung nun schwieriger - für die anders Seite ist die Leistung billiger geworden.
Der Zweck der Lohnarbeit - die Kosten des Arbeiters möglichst gering zu halten, seine Leistung aber, seinen Nutzen für den Käufer beständig zu vergrößern - erlangt im Gruppenakkord die zwangshafte Form des kollektiven Interesses, so daß dem einzelnen Arbeiter der gemeinsame Arbeitsprozeß, nicht nur sein individueller Nutzen die Steigerung seiner Leistung gebietet. Ihre Kooperation ist dabei des Käufers Nutzen und diesen ganz untergeordnet, was sich daher auch nicht als gewöhnliche Konkurrenz sondern als unmittelbare Feindseligkeit gegen. über nicht leistungsfähigen bzw. leistungswilligen "Kollegen" äußert.

3.

Während der Stücklohn die Besonderheit der Arbeit, die einer verrichtet, nicht weiter berücksichtigt ( er wird bei ihm stets unterstellt, daß der Lohnarbeiter sein Handwerk beherrscht und den Artikel so liefert, daß er brauchbar ist - ist dies nicht der Fall, sinkt der Lohn (Abzüge) -), Unterschiede nur kennt hinsichtlich der Intensität der Verausgabung der Arbeitskraft, scheint der Prämienlohn die besonderen Fertigkeiten das Arbeiters zu belohnen, er erhält
1. Güterprämien - bei Verringerung das Ausschusses, Verringerung der Nacharbeit Ver ringerung des Anteile minderwertiger Qualitäten
2. Stoffausbeuteprämien - für hohe Ausbeute wertvoller Roh- und Werkstoffe, wofür man sich extra prämienfähige "Ausbeutungs- stufen" ausdenkt, eine Skala aus ihnen verfertigt und prozentuale Prämien festlegt
3. Nutzungsprämien - für gute Maschinenausnutzung
4. Ersparnisprämien - für Einsparung von Hilfe- und Betriebsstoffen, Fertigungsmaterial, Senkung der Energiekosten, geringen Aufwand für Pflege und Instandhaltung der Betriebsmittel
5. Terminprämien - bei eiligen Aufträgen, bei Neuanfertigung von Modellen und Werkzeugen.

Im REFA-Deutsch heißen die hier belohnten Leistungen "qualitative Arbeitsleistungen" auch näher gefaßt als "Intelligenz- und "Charakterleistungen" und werden den gewöhnlichen Leistungen zurecht gegenübergestellt; während im Akkordlohn den Lohnarbeiter der Zwang auferlegt wird, allein auf die Intensität seiner Arbeit aus zu sein wird ihm hier Lohn versprochen für die Rücksichtnahme auf die Kosten die nein Käufer sonst noch hat. Der Prämienlohn verlangt vom Arbeiter den, was er sich um seiner Reproduktion willen beim Leistungslohn abgewöhnt, sorgt dafür, daß er es mit der Intensität nicht zu weit treibt - wobei freilich nicht seine Gesundheit die Quelle von Bedenken ist. Der Prämienlohn nacht die negativen Wirkungen den Leistungslohns auf den Nutzen des Käufern rückgängig und stellt dessen Kritik an der Gleichgültigkeit den Arbeitern gegenüber den Kosten des Unternehmens der.


IV.

1.


Aufgrund der in der Lohnarbeit enthaltenem Tendenzen, die eine Reproduktion des Lohnarbeiters verunmöglichen, ist dieser also gezwungen, sich gegen die Verkehrung seines Mittels zur Wehr zu setzen. "Der Arbeiter sucht die Masse seines Arbeitslohns zu behaupten, indem er mehr arbeitet, sei es daß er mehr Stunden arbeitet, sei es, daß er mehr in derselben Stunde liefert. Durch die Not getrieben, vermehrt er also noch die unheilvollen Wirkungen der Teilung der Arbeit. Das Resultat ist: Je mehr er arbeitet umso weniger Lohn erhält er, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil er indemselben Maße seinen Mitarbeitern Konkurrenz macht, sich daher ebenso viel Konkurrenten aus seinen Mitarbeitern macht, die sich zu ebenso schlechten Bedingungen anbieten wie er selbst, weil er also in letzter Instanz sich selbst Konkurrenz macht..." (MEW 6/420) Das Festhalten an der Lohnarbeit als Mittel zur Reproduktion geschieht als Veränderung den Maßverhältnisses von Geld und Arbeit, die der Lohnarbeiter dem Käufer der Arbeit aufzwingt: Arbeitskampf.

2.

Die Abhängigkeit das Käufers der Arbeit vom Lohnarbeiter er bedarf der Arbeit, um einerseits ein Einkommen zu erzielen kann vom Verkäufer der Arbeit deswegen nicht zum Druckmittel bei der Festsetzung das Preises der Arbeit gemacht worden, weil die Konkurrenz zwischen den Lohnarbeitern, die ihrerseits auf den Verkauf angewiesen sind, ihn ohnmächtig macht. Um eine Verbesserung das Verhältnisses von Leistung und Lohn herbeizuführen, müssen sich die Lohnarbeiter zusammenschließen und die Festsetzung des Preises der Arbeit als Allgemeingültige entsprechend ihren Interessen zum Gegenstand der Verhandlung mit den Kapitalisten machen: Koalitionen. Diese "setzen die Einsicht voraus, daß die Herrschaft der Bourgeoisie nur auf der Konkurrenz der Arbeiter unter sich beruht, d.h. auf der Zersplitterung des Proletariats, auf der Entgegensetzung der einzelnen Arbeiter gegeneinander" (MEW 2/436). Im Zusammenschluß ziehen die Arbeiter die Konsequenz aus dem Widerspruch , den ihnen der Verkauf Ihrer Arbeit spüren läßt: die Form der gemeinschaftlichen Aktion reflektiert die Identität aller Lohnarbeiter, ihre Zusammengehörigkeit als Klasse; zudem bringt sie zum Ausdruck, daß das friedliche Verhältnis von Käufern und Verkäufern auf dem Markt aufgrund den Gegenstandes, der da gehandelt wird, einen Gegensatz einschließt, den es auszutragen gilt.
Im Zweck den Zusammenschlusses, der Neubestimmung das Preisen der Arbeit (was von der Festsetzung eines neuen Minimalstundenlohn bis zu Arbeitsschutzbestimmungen reicht) also der Aufhebung der Beschränkungen, die den Lohnarbeitsverhältnis mit sich führt, liegt auch der Widerspruch der Gewerkschaften: sie sind Vereinigungen die sich explizit auf die Fortführung der Lohnarbeit richten und die ihr zugehörige Konkurrenz lediglich zur Modifikation der Bedingungen, des Maßverhältnisses von Geld und Arbeit, einstellen. Während im Streik eine Unterbrechung der Lohnarbeit stattfindet, um sie unter neuen Bedingungen wieder aufzunehmen, tritt die Gewerkschaft als Vereinigung der Arbeiter neben die stattfindende Konkurrenz. Der Widerspruch, daß die zeitweilige Sisitierung den Lohnarbeitsverhältnisses nur um seiner Perpetuierung willen geschieht und die Beschränkungen der ReP roduktion durch Lohnarbeit, den Grund für den Arbeitskampf wieder erzeugen, hat in der gleichzeitigen Existenz von Konkurrenz und Koalition seine Verlaufsform. Gewerkschaften als bleibende Vereinigungen, nicht nur aus gegebenen Anlaß entstehende punktuelle Zusammenschlüsse im Kampf, sind der institutionalisierte Arbeitskampf, eine Bedingung zur Aufrechterhaltung der Reproduktion durch Lohnarbeit. Sie traten beständig als Vertreter der Arbeiter gegenüber den Interessen der Kapitalisten auf Tarifverhandlungen. Ihre Existenz stellt für die Unternehmer die kontinuierliche Drohung dar, daß die Lohnarbeit unterbrochen wird, sofern sie auf die Forderungen der Gewerkschaften nicht eingehen. Als diese gegenständlich Drohung sind diene Organe der Lohnarbeiter eine Stärkung ihrer Position gegenüber den Käufern der Arbeit, da ihr Druck nun nicht mehr vom Gelingen des Zusammenschlusses unter den jeweiligen Bedingungen abhängt. Diese machen sich jedoch in Verhältnis der Arbeiter zu Ihren Vertretern geltend die unterschiedlichen Ansprüche der einzelnen Lohnarbeiter bezüglich der Neufestsetzung den Preises ihrer Arbeit bilden den Gegenstand der innergewerkschaftlichen Auseinandersetzungen. Diese sind durch den Widerspruch gekennzeichnet, daß das Ergebnis der Verhandlungen ein allgemeingültiges nein muß, die Interessen der Arbeiter aufgrund der gleichzeitigen Konkurrenz und der ihr immanenten Unterschiede voneinander abweichen; was bei der Realisierung des angedrohten Arbeitskampfes als Streik in der unterschiedlichen Kampfbereitschaft zum Ausdruck gelangt: Konkurrenz steht gegen Einheit.
Im Nebeneinander von Konkurrenz und Koalition liegt also der Grund für die Differenzen von "Gewerkschaftsführung" und "Basis" die von Linken meist mit der Korruption der den Produktionsprozeß entfleuchten "Bosse" erklärt wird, sooft der erreicht Abschluß den Ansprüchen von Teilen der Arbeiterschaft nicht genügt. (8)

a) Als Bedingung für die Reproduktion der Lohnarbeiter ist die Koalition ein durch den Staat garantiertes Recht. Im GG , Art. 99 Abs. 3 heißt es: "Das Recht zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet." Damit haben die inhaltlichen Ziele das gewerkschaftlichen Kampfes aber auch ihre Schranke an den auf die Sicherung der allgemeinen Verhältnisse der Konkurrenz gerichteten Zwecken des Staates, weswegen die Vereinigungsfreiheit zu den Grundrechten gehört, die in Art. 18 der Verfassung als verwirkt bezeichnet werden sofern nie zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung mißbraucht wurden. Der Arbeitskampf, in den Recht wider Recht steht, trifft also auf die staatliche Gewalt, sobald seine Wirkungen die wirtschaftspolitischen Ziele gefährden: Einschränkungen den Koalitionsrechts.

3.

Der Mangel der Gewerkschaften, als Aufhebung der Konkurrenz nur zur Fortführung des Lohnarbeitsverhältnisses neben sie zu treten, zeigt sich in der Reproduktion der Lohnarbeiter als zeitlicher und geldlicher Aufwand für die Funktionsfähigkeit der Organisationen. Die Abwehrkämpfe, die der Erhaltung ihrer Reproduktion dienen, sind selbst wieder eine Beschränkung ihrer Privatsphäre. Sie müssen, wollen sie den Lohn aufrechterhalten, die Koalition als bleibende unterstützen. Der Gegensatz zwischen ihren Privatinteressen und der Notwendigkeit der Mitgliedschaft in den Koalitionen schlägt sich in der Existenz von Karteileiche auf der einen Seite, Funktionären auf der anderen nieder. Die Nützlichkeit der Gewerkschaft für den einzelnen Arbeiter, ihr objektiver Zweck, ist dar Grund für den Vergleich des Beitrags den der einzelne zahlt, mit dem, was dabei herausspringt. Er opfert einen Teil seiner Reproduktion als Preis für Dienste in Sachen Interessenvertretung.

b) Nicht nur in bezug auf die Festsetzung das Preises der Arbeit worden die Gewerkschaften tätig sondern auch hinsichtlich der Kompensation jener Mängel, die die Lohnarbeit im Reproduktionsbereich nach sich zieht. Sie tritt nicht nur als Verhandlungspartner der Kapitalisten auf, sondern repräsentiert auch die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber dem Staat als Interessenverband: Inhalt dieser Tätigkeit sind alle Ansprüche, die sich aus dem Recht auf Reproduktion mittels Lohnarbeit und aus den Hindernissen für selbige an den Staat ergeben (in jedem Punkt Zusatz b). Deswegen tauchen im Programm der Gewerkschaften die auf staatliche Sozial- und Wirtschaftspolitik bezogenen Forderungen auf, die - wie sollte es anders sein - den Staat als Adressaten für Reformvorschläge unterstellen und dessen gesamten Tätigkeitsbereich samt dem Zwangscharakter aller seiner Maßnahmen akzeptieren. Insofern die Gewerkschaften Arbeiterinteressen vertreten, kollidieren ihre Ansprüche natürlich mit den Pflichten den Staates, die dieser zu erfüllen gedenkt auch ohne Rücksicht auf den Nutzen der Arbeiter. Er sucht den Gewerkschaften gegenüber den mittelbaren Nutzen seiner Maßnahmen auch für die Arbeiter klarzumachen und die Grenzen der Forderungen am Gemeinwohl aufzuzeigen. Daß die Gewerkschaften beständiger Adressat von Legitimation und Beschimpfung seitens der Staatsagenten sind, kommt aus der Abhängigkeit der Parteien von der großen Zahl derer die durch die Gewerkschaften vertreten worden. Umgekehrt beruht darauf der Einfluß der Gewerkschaften auf die Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit. Die Kongruenzen von Reformismus und Revisionismus derer sich ersterer schämt, haben ihren Grund im Prinzip revisionistischer Politik, die auf konsequente Interessenvertretung im Staat und auf Demokratisierung aus ist.
Daß gewerkschaftlichen Aktivitäten bezüglich des Staates wie die aller anderen Interessenverbände ihre Schranke an den objektiven Notwendigkeiten des Staates haben, wird an der Frage des politischen Streiks deutlich, den manche Radikaldemokraten und Revisionisten kodifiziert sehen möchten. Durch das Mittel der Arbeitsniederlegung wird in politischen Streik eine bestimmte Maßnahme das Staates zu verhindern bzw. zu erzwingen gesucht, was der Durchsetzung eines partikularen Interesses gegen über der Staatsgewalt gleichkommt und die Aufgabe der Souveränität
des Staates bedeutet.)
Daß die Gewerkschaftsführung bei Tarifauseinandersetzungen den Standpunkt des Staate als Legitimation für Kompromisse ins Feld führt und die Wirkungen der Tarifabschlüsse auf die volkswirtschaftliche Gesamtentwicklung berücksichtigen, hat seinen Grund darin, daß die Gewerkschaften loyal sind und wenn sie dabei innerhalb ihrer Organisation nicht auf Widerstand stoßen denn heißt dies nur, daß auch die Arbeiterklasse den Standpunkt das Staates einnimmt. Diese Loyalität der Gewerkschaft ist die Bedingung für ihre bleibende Existenz als demokratische Institution und die konsequente Folge des Widerspruchs, daß die Koalition das, wen sie bekämpft, perpetuiert.

4.

Die Notwendigkeit des Zusammenschlusses in der Gewerkschaft für die Erhaltung das Lohnarbeiters kommt im Bewußtsein zum Ausdruck, daß das Wohlergehen der Arbeiter von ihrer Einheit abhängig sei. Die Anfeindungen dieses spezifisch trade-unionistischen Bewußtseins richten sich nicht nur gegen Leute, die im Verlauf von Verhandlungen und Streike an ihren besonderen Interessen festhalten und mehr wollen als die Mehrheit, sondern vor allem gegen Kommunisten, welche mit ihren über den unmittelbare Kampfziel hinausgehenden Forderungen und Parolen ls Spalter Zerstörer der (imaginären) Einheit erscheinen: Unvereinbarkeitsbeschlüsse gewerkschaftlichen Aktivitäten und in dem Adressaten Staat die Mittel für die Erhöhung des individuellen Nutzens sehend, werden Gewerkschaftler zu Einheitsfanatikern und Demokraten widerlichster Prägung, die selbst den Verzicht der Arbeiter als ihren Nutzen, weil Mittel zur Einheit und zur Erhaltung der Demokratie begrüßen.
Dieselbe Stellung zu den Gewerkschaft ist es aber auch, die zur Gewerkschaftsfeindlichkeit bei den Arbeitern führt: diese machen die Untauglichkeit der gewerkschaftlichen Erfolge für ihre individuelle Reproduktion (auch deren Überflüssigkeit) zum Argument dafür, daß sie sich der Koalition nicht anschließen, und finden in den Auswirkungen von Streike auf die Arbeitsplatzsituation ihre Belege. Sie nehmen Partei für eine ordentliche Konkurrenz und sehen in den Gewerkschaften Feinde (von drüben) das Allgemeinwohls, da von ihnen eine ständige Gefährdung der normalen Verhältnisse ausgeht, wobei die Gewerkschaftslinke den Beweis liefert. Vom Staat verlangen sie ein Vorgehen gegen die Gewerkschaft: das faschistische Arbeiterbewußtsein knüpft auch bei dieser Verlaufsform des Widerspruchs von Lohnarbeit und Kapital an den negativen Folgen für den Einzelnen an und hält am Staat als der Instanz fast, die Ordnung und Gerechtigkeit schaffen kann. [9]


Der Fortschritt der Gewerkschaften
oder
Die Politisierung des ökonomischen Kampfes


In ihren Koalitionen kämpfen die Arbeiter um ihre Erhaltung, ohne das Lohnarbeitsverhältnis, den Grund für die Gefährdung ihrer Reproduktion anzugreifen. Das trade-unionistische Bewußtsein ist notwendig falschen Bewußtsein; es richtet sich gegen die negativen Wirkungen der Lohnarbeit, ohne die Lohnarbeit abschaffen zu wollen. Es zielt auf eine Sicherung der Existenz des Arbeitern in den Verhältnissen, die sie beständig in Frage stellen. Die Hervorhebung der Notwendigkeit von Arbeiterkoalitionen, die sich bei MARX findet, ist daher nur ein bedingtes Lob der Arbeiter, die sich zum Lohnkampf zusammenschließen - zu MARX Zeiten bedeutete es einen Fortschritt der Arbeiterklasse, als sie das Mittel den Zusammenschlusses entdeckte, um die Angriffe das Kapitals abzuwehren. Bei aller Anerkennung und Begeisterung über diese Einsicht der Arbeiter in ihre Existenzbedingungen sah er sich zu folgender Warnung veranlaßt:
"Gleichzeitig und ganz unabhängig von der allgemeinen Fron, die das Lohnsystem einschließt, sollte die Arbeiterklasse die endgültige Wirksamkeit dieser tagtäglichen Kämpfe nicht überschätzen. Sie sollte nicht vergessen daß sie gegen Wirkungen kämpft, nicht aber gegen die Ursachen dieser Wirkungen; daß sie zwar die Abwärtsbewegung verlangsamt, nicht aber ihre Richtung ändert; daß sie Palliativmittel anwendet, die das Übel nicht kurieren. Sie sollte daher nicht ausschließlich in diesem unvermeidlichen Kleinkrieg aufgehen, der aus den nie enden wollenden Gewalttaten des Kapitals oder aus den Marktschwankungen unaufhörlich hervorgeht. Sie sollte begreifen, daß das gegenwärtige System bei all dem Elend, das es über sie verhängt, zugleich schwanger geht mit den materiellen Bedingungen. und den gesellschaftlichen Formen, die für eine ökonomische Umgestaltung der Gesellschaft notwendig sind. Statt des konservativen Mottos: "Ein gerechter Lohn für ein gerechtes Tagewerk !" sollte sie auf ihr Banner die revolutionäre Losung schreiben: "Nieder mit dem Lohnsystem !" (MEW 16/152)
Heute sieht das konservative Motto der Organisation, die die Interessen der Arbeiter vertritt ohne die Verhältnisse zu bekämpfen, welche die Arbeiter zum Kampf zwingen, ganz anders aus. Der Lohnkampf wird nicht nur mit der Illusion geführt, daß ein gerechter Lohn die Lösung der Schwierigkeiten bringe, die das Lohnarbeitsverhältnis dem Arbeiter bereitet - es gibt ihn nicht mehr ! An seine Stelle Ist die Tarifpolitik getreten, eine Form das Kampfes, die dem Widerspruch der Gewerkschaft entsprechend die Interessen der Arbeiter dadurch geltend macht, daß sie sich den Bedingungen akkomodiert, unter denen sie anerkannt wird. Und der erste von vier Grundsätzen dieser Tarifpolitik bemüht sich darum, daß sie erlaubt wird:
"l. Aufrechterhaltung der Tarifautonomie. Die Gewerkschaften können ihre Aufgabe in Wirtschaft und Gesellschaft nur wahrnehmen, wenn die Tarifautonomie in vollem Umfang gewährleistet wird."
Das Rätsel um die "Aufgabe" welche die Interessenorganisation der Arbeiter wahrnehmen möchte, klärt der zweite Grundsatz ihrer Tarifpolitik die jetzt sogar aktiv wird:
"2. Fortsetzung einer aktiven Tarifpolitik. Die Gewerkschaften worden durch den Abschluß von Tarifverträgen für die Sicherung und Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Arbeiter wirken. Die aktive Tarifpolitik soll dazu beitragen, daß u. a. Vollbeschäftigung und stetiges Wirtschaftswachstum gesichert, eine gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung erreicht und die Preisstabilität gefördert wird."

Während MARX an den Koalitionen die Übernahme des Ideals bürgerlichen Schachers zu kritisierte müssen wir an den zeitgenössischen Gewerkschaften feststellen, muß ein sich an der Praktizierung dieses Ideals zu schaffen machen -sie begründen die Vertretung der Arbeiter Interessen mit dem Wohlergehen der Nation. Sie versprechen, die Anliegen einer Klasse unter Berücksichtigung ihrer Gegner zu verfolgen - und finden in der Ablehnung ihrer Ansprüche und Vorschläge seitens des Staaten den Belag dafür, daß sie noch nicht aufgehört haben, zu streiten. Auch eine Sozial- und Wirtschaftspolitik zugunsten der Arbeitnehmer widerspricht dem Kapitalismus , selbst wann dergleichen Ansinnen mit dem Staat als einer menschenfreundlichen Einrichtung rechnet und den leider immer noch unerläßlichen Lohnkampf den Erfordernissen der Wirtschaft anzupassen strebt.
Den Verdacht, altmodischen Klassenkampf zu wollen, versucht nun die moderne Gewerkschaft dadurch loszuwerden daß sie sich für die Arbeiter nur noch als Staatsbürger einsetzt (was die Proleten bislang nicht getadelt haben), d.h. zu allen Aufgaben des Staates konstruktiv Stellung nimmt:
"Unsere Zeit verlangt vor allem die demokratische Gestaltung des gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und (!) wirtschaftlichen Lebens, damit jeder Mensch seine Gaben nützen, seine Persönlichkeit frei entwickeln und verantwortlich mitentscheiden kann."
Zwar könnten alle Demokraten solchen Sprüchen zustimmen, doch sie sind vorsichtig geworden. Der DGB hat den Standpunkt das Staats eingenommen, aber immer wieder versucht er diesen Standpunkt einseitig zu verwenden. Er betreibt nämlich nicht nur Tarif-, sondern auch Wirtschaftspolitik:
" Nach gewerkschaftlichen Vorstellungen ist die gegenwärtige Einkommens- und Vermögensverteilung ungerecht. Es wird als dringend erforderlich betrachtet, alle Volksschichten an der volkswirtschaftlichen Vermögensbildung zu beteiligen ... Als wichtigste Voraussetzung breiterer Vermögensstreuung werden ein höherer Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen, der Abbau der Steuerprivilegien für hohe Einkommen und die besondere Förderung der Ersparnisund Vermögensbildung in den unteren und mittleren Einkommensgruppen betrachtet ... Erhaltung der Währungsstabilität ... Kampf gegen Wirtschaftskonzentration ... für Demokratie in der Wirtschaft... Gefahr eines Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht ...
Hier geht es um Einflußnahme auf den Sachwalter der Gerechtigkeit, den Staat, dem unter der Rubrik der Sozialpolitik folgendes angetragen wird
"Die Persönlichkeit des Arbeitnehmers und seine Menschenwürde sind auch am Arbeitsplatz zu achten. Seine Arbeitskraft darf nicht als Ware gewertet werden. Die Arbeit das einzelnen ist auch eine persönliche Leistung für die Gesellschaft."
Die Radikalität dieses Kampfes erschüttert. Er wird auch im Feld der "Regional-, Struktur-, Städtebau- und Wohnungspolitik" geführt, dreht sich um Mitbestimmung und bedarf einer Zurichtung der Gewerkschaftsmitglieder, insbesondere der jungen. Unser Freund Nagt hat sich immer wieder mit soziologischer Phantasie bereitgefunden, diese Zurichtung den Arbeiters zum Demokraten zu befördern. Außer seinen Knüller (Soziologische Phantasie und exemplarischen Lernen) hat er auch eine Reihe "Themenkreis Betrieb" mit verbrochen.
In diesen Blüten gewerkschaftlicher Bildungsarbeit will dieser Mensch die Fähigkeit kultivieren,
"von einer Sicht zur anderen.. von der politischen zur psychologischen, von der Untersuchung einer einzelnen Familie zur Einschätzung staatlicher Haushaltspläne überzugehen und strukturelle Zusammenhänge zwischen individueller Lebensgeschichte, unmittelbaren Interessen, Wünschen, Hoffnungen und geschichtlichen Ereignissen zu erkennen."
So führt ein kritischer Wissenschaftler den Standpunkt der Soziologie in die Arbeiterbildung ein und man läßt ihn gewähren, auch wenn er bisweilen den Humanisten MARX erwähnt - seine soziologische Phantasie fördert immerhin solche Probleme zutage bzw. schwätzt ein der Gewerkschaftsjugend auf:
"Ist der kapitalistische Betrieb in Hinblick auf die Verwirklichung einer Zwecke tatsächlich rational geplant und organisiert?"

Trotz allem: unsere Ableitung der Gewerkschaften stimmt. Die affirmative Vertretung der Arbeiterinteressen muß im entwickelten Kapitalismus mit ihrer Vertretung in Staat einhergehen - wenngleich die Aufgabe der Interessenvertretung nicht sein muß.


Fußnoten

[1]Der Zweck, den der Lohnarbeiter mit dem Verkauf seiner Arbeit verfolgt, Reproduktion, fällt ganz in die Besonderheit seiner Bedürfnisse und Interessen - daß es hier Unterschiede gibt, ist also unterstellt.
[2]Für diesen ist der Kauf von Arbeit ebenfalls Mittel zur Erzielung eines Einkommens, das er sich über den Verkauf der Arbeitsprodukte verschafft.
[3]Diese Feststellung bedarf nicht der ''Ableitung" einer Maßlosigkeit von Bedürfnissen und dergl. Sie betrifft das Verhältnis von Lohngröße und Gegenständen des Bedürfnisses, die mit dem Lohn gekauft werden, und ist nicht mit dem "Fall" zu widerlegen, daß einer genügsam ist. Zusätzlich kann bemerkt werden, daß es ein Widerspruch ist, die Individualität als Zweck der Lohnarbeit auszugeben und Ihr angesichts einer "ungeheuren Warensammlung" eine Beschränkung Ihrer Bedürfnisse zu unterstellen
[4]Die Entwicklung das spezifisch ökonomischen Inhalts des Lohnvertrags, um den es hier geht, wird zeigen, daß er, statt ein gemeinschaftliches Interesse beider Seiten auszudrücken, den schieren Gegensatz darstellt und die rechtliche Form der Identität zweier Willen sprangen muß. Die dem Lohnarbeitsverhältnis immanenten Kollisionen sind in einem neben dem BGB codifizierten Arbeitsrecht allgemein geregelt.
[5] Notwendig falsches Bewußtsein von den Widersprüchen seiner Existenz ist hier beim Lohnarbeiter insofern gegeben, als er praktisch gezwungen ist, auf die gesellschaftlichen Bedingungen einer Reproduktion als Mittel zu reflektieren
[6]Eine Variante des vermehrten Verkaufs der Arbeit ist die Verwendung von Familienmitgliedern , die zunächst mit ihrer Tätigkeit ausschließlich dem Reproduktionsbereich des Lohnarbeiters angehören, in Lohnarbeiter. Während die in der Phase der endgültigen Durchsetzung des Kapitalismus übliche Kinderarbeit als Widerspruch zu den Notwendigkeiten des Kapitalverhältnisses verschwindet, wird die Frau vom bornierten Dasein einer Reproduktionsgehilfin des Mannes emanzipiert und selbst zum freien Lohnarbeiter; der Widerspruch des Lohnarbeitsverhältnisses verlangt damit die Auflösung der häuslichen Idylle, die auf der ausschließlich der dem Individuum in seiner Besonderheit gewidmeten Tätigkeit von Gesellschaftsmitglieder beruhte.
[7] Urlaub als zeitweilige Unterbrechung das Lohnarbeitsverhältnisses, der Verzicht auf Verdienst Ist die Reaktion auf die Erfahrung, daß man es nicht mehr schafft.
[8] Die Beschränkungen gewerkschaftlicher Aktionen durch den Staat und die staatsbürgerliche Einstellung der Arbeiterklasse sind ein weiterer, ebenfalls außerhalb der moralischen Qualitäten der Bosse liegender Grund für die Kompromißbereitschaft der Gewerkschaften, die bisweilen den Arbeitern außergewerkschaftliche Aktionen - wilde Streike - ratsam erscheinen läßt.
[9] Es versteht sich von selbst, daß die historische Entwicklung der Gewerkschaften wie überhaupt die Konkurrenzbestimmungen der Lohnarbeit die hier entwickelten Bestimmungen in anderer Reihenfolge zeigt. So konnten die für die Arbeiter notwendigen Rechte, die in den Zusätzen a) und b) abgeleitet sind, stets nur durch gemeinschaftliche Aktion, also durch Assoziationen erzwungen werden. Diese Kämpfe waren also ein Moment in der Durchsetzung des demokratischen Staates und haben nicht darauf gewartet, daß die Widersprüche I. 1. bis III. 2. sich präsentierten, so wie sie hier dargestellt sind. Wir beschreiben aber auch nicht was wann passierte, sondern erklären, welche Widersprüche für das Lohnarbeitsverhältnis konstitutiv sind - womit auch die historische Entwicklung auf den Begriff gebracht wird. Oder simpler: die Bestimmungen dieses Papiere sind die der Lohnarbeit, und zwar in ihrem Zusammenhang dargestellt, nicht eine Nacherzählung dessen, wen ein Lohnarbeiter oder die Arbeiterklasse so alles nach und noch gemacht hat.