Thesen zum Staatshaushalt

Vorbemerkung

Die jährlichen Haushaltsdebatten sind Auseinandersetzungen um den Rechenschaftsbericht der im Amt befindlichen Regierung über das vergangene Jahr. Sie münden in Haushaltsbeschlüsse, die den künftigen Gebrauch der Staatsmacht umreißen. Dass die Entscheidungen über die Staatstätigkeit des kommenden Jahres als Problem verhandelt werden, Staatsausgaben und -einnahmen ins rechte Verhältnis zu setzen, hat seinen guten Grund: Dieses Gewaltmonopol wirtschaftet mit Geld, das es der Gesellschaft entzieht. Deswegen teilt es sich ein und macht alles Regieren zugleich zu einem Problem korrekter Kassenführung.
Umgekehrt dokumentiert der Staatshaushalt deswegen alle Staatstätigkeit und alle staatliche Prioritätensetzung.

These 1:

Einnahmen - Bei der gewaltsamen Konfiskation von Geld, das in seiner Gesellschaft erwirtschaftet wurde, nimmt der Staat Rücksicht auf den Geschäftsgang
Im Gegensatz zu privaten Haushalten resultieren die Einnahmen des Staates nicht aus Tauschgeschäften, sondern der Staat konfisziert Geld von seiner Gesellschaft durch seine Gesetzgebung, also per Gewalt. Dem Konfiszieren entspricht auch, dass keinem Bürger daraus, dass er an den Staat Steuern zahlen muss, irgendwelche Ansprüche gegen die Hoheit erwachsen.
Die Form der Konfiskation - Steuern - bringt gleichzeitig die Rücksicht zum Ausdruck, die der Staat auf seine Geldquelle nehmen will. Er will, indem er keinen festen Betrag, sondern einen bestimmten Anteil an den laufenden Geschäftstätigkeiten einzieht, dass privater Geschäftserfolg nicht zerstört, sondern am Laufen gehalten wird. Damit begibt sich der Staat in Abhängigkeit vom privaten Geschäftserfolg, der in seiner Gesellschaft erzielt wird. Er will ja nur Geld einziehen, wenn dort welches verdient wurde.
Über den direkten Einzug von Steuern hinaus leiht er sich von seiner Bankenwelt Geld und stiftet so selbst ein Geschäft, indem er für das geliehene Geld einen Zins zahlt.
In seinen Vorhaben richtet sich der Staat danach, was ihm an Geldmitteln zur Verfügung steht. Damit steht und fällt die materielle Basis seiner Macht mit dem Erfolg der Akkumulation.

These 2:

Ausgaben - Die Beschaffung der Gegenstände seines Bedarfs organisiert der Staat als Geschäftsmöglichkeit. Schon in der Form des Haushalts wird deutlich, dass der oberste Zweck des Staates die Dienstbarkeit an einer erfolgreichen Geldakkumulation ist.
Was der Staat so braucht für seine Aufgaben, eignet er sich nicht gewaltsam an, sondern er bezahlt dafür. Mit seinen Ausgaben stiftet er also gleich die Grundlage für private Geschäfte.
Sowohl beim Eintreiben von Abgaben wie auch auf der Seite der Gegenstände, die der Staat sich verschafft, bringt der Staat seine Unterordnung darunter zum Ausdruck, dass bei allen Hoheitstätigkeiten der Geschäftsgang nicht geschädigt werden soll. Wenn sich die oberste Gewalt in ihren Hoheitstätigkeiten aber derart dem unterordnet, dass in ihrer Gesellschaft Geschäfte laufen sollen, so merkt man bereits dieser Form den Zweck des Staates an. Er setzt seine Macht dafür ein, der Geldakkumulation, seiner Geldquelle, zu dienen.

These 3:

Damit definiert der Staat seine Gesellschaft: Sie soll Geldüberschüsse erwirtschaften
Wo der Staat von seinen Bürgern Geldabgaben verlangt, ist die ganze Gesellschaft darauf verpflichtet, Geld zu erwirtschaften. Der Staat richtet damit eine von ihm getrennte Ökonomie ein, in der es nicht um staatliche Vorgaben, sondern um private Geschäftemacherei geht. Auf dieser Grundlage kommt es zu einer Akkumulation von Geldreichtum. Aus den Resultaten der Geschäftstätigkeiten, die dadurch zustande kommen, bedient sich der Staat seinerseits.

These 4:

In einer Gesellschaft, in der es um Geldvermehrung geht, geht es nicht um Versorgung
Seine Untertanen zwingt der Staat, Geld zu erwirtschaften. Damit versucht jeder, ein zahlungsfähiges Bedürfnis, das in der Gesellschaft vorhanden ist, dazu auszunutzen, einen Teil des gesellschaftlichen Reichtums auf sich zu ziehen. Das Bedürfnis ist gar nicht der Zweck der Produktion, sondern der Hebel, den anderen Geld abzupressen. Bedürfnisse sind also auch nicht damit bedient, dass das Produkt vorhanden ist, welches sie befriedigt. Jeder ist vielmehr ganz grundsätzlich von den Gegenständen seines Bedarfs ausgeschlossen, weil sie anderen gehören. Nur Geld überwindet den Ausschluss und macht das Produkt des Bedarfs verfügbar. Wieviel ein Bedürfnis gilt, hat sich also daran zu relativieren, inwiefern es zahlungsfähig ist, sich also als Hebel der Bereicherung eines anderen benutzen lässt.
So stehen alle in einem Zusammenhang wechselseitiger Verwiesenheit aufeinander. Der Zusammenhang ist jedoch keine zweckgerichtete Kooperation. Vielmehr versucht jeder, die Verwiesenheit der anderen auf sein Produkt dazu auszunützen, ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Der Zweck Geldvermehrung, den der Staat seiner Gesellschaft verordnet, lässt einiges an Bedürfnissen zuschanden werden. So erklärt sich das "unmittelbare Nebeneinander" von Armut und immensem Reichtum, von leeren Geldbeuteln und gefüllten Schaufenstern, das die Marktwirtschaft charakterisiert.

These 5:

Der Staat schafft mit seinem Geld die Kommandogewalt über die Produktion von Reichtum
Der Reichtum der Nation wird in Geld gemessen. Diese Qualität, einen in Mark und Pfennig gemessenen Wert zu haben, macht alle Güter und Tätigkeiten nicht nur qualitativ gleich und quantitativ vergleichbar. Vielmehr stellt alles, weil es bei allem Produzieren und Handeln nur auf Geld ankommt, Reichtum dadurch und nur dadurch dar, dass es möglichst viel Geld auf sich ziehen kann. Wenn aber alles zu Geld werden will, dann ist Geld die selbständige Form des Reichtums, die sich alles verfügbar macht. Im Geld haben die Privaten die Macht in der Hand bzw. in der Tasche, über alle Güter und Tätigkeiten in der Gesellschaft zu verfügen. Der in Geld bemessene Reichtum besteht nicht in Versorgung, d.h. in Arbeitserleichterung oder Genuss, sondern in der privaten Zugriffsmacht auf Güter und Tätigkeiten fremder Privatpersonen in der Gesellschaft.
Wenn Geld die private Zugriffsmacht auf Sachen und Leistungen ist, über die Private ausschließend verfügen, so entscheidet sich alles daran, wie viel Geld man besitzt. Reicht es mehr schlecht als recht dafür, den Ausschluss vom Lebensnotwendigen zu überwinden, so ist der Gebrauch von Geld Verbrauch, und man muss schauen, dass man an Geld kommt, um es aufs Neue zu verbrauchen. Da man selber keine Sachen herstellen kann, um sie an andere zu verkaufen - Produktionsmittel unterstehen ja auch einer exklusiven Verfügungsmacht, die es zu überwinden gilt -, muss man jemanden finden, der genügend Geld hat, um einen zu bezahlen. Der bezahlt einen aber nur, wenn er sich von der Anstellung ein Geschäft verspricht, d.h. wenn die bezahlte Arbeit sein Geld, seine Zugriffsmacht vermehrt. Man muss also, wenn man über nicht genügend Geld verfügt, Geldverdienen: einerseits für den eigenen Verbrauch, andererseits für fremde Geldvermehrung. Wenn man über genügend Geld verfügt, so kann man es dazu einsetzen, es zu vermehren: Man kauft Produktionsmittel und bezahlt Arbeiter, und lässt damit Sachen oder Leistungen für den Verkauf, also Reichtum, produzieren.
So bewährt sich für die einen Geld als Ausschlussmittel vom Reichtum, für die anderen als Zugriffsmittel auf Reichtumsvermehrung mittels des Kommandos über fremde Arbeit, als Kommandogewalt über die Produktion von Reichtum.

These 6:

Die Kommandomacht des Geldes verdankt sich staatlicher Gewalt
Geld ist der Stoff, der alles verfügbar macht. Weil Geld den prinzipiellen Ausschluss in der Gesellschaft überwindet, Kommandomittel über fremdes Eigentum ist, rennt jeder ihm nach. Dass im Geld die Kommandogewalt über fremdes Eigentum liegt, beruht darauf, dass jeder es im Austausch gegen seinen Krempel nehmen muss. Die Eigenschaft des Geldes, Kommandomittel zu sein, kommt also nur darüber in die Welt, dass die der Gesellschaft übergeordnete Gewalt - der Staat - die Privaten auf sein "gesetzliches Zahlungsmittel" verpflichtet. Die Kommandomacht des Geldes beruht also auf Gewalt und sonst nichts.

These 7:

Indem der Staat sein nationales Kreditgewerbe kreditiert, beseitigt er dessen Abhängigkeit vom verdienten Geld der Gesellschaft.
Dieses Zentralbankgeld, das kraft staatlicher Gewalt das gültige Kommandomittel über den gesellschaftlichen Reichtum ist, kommt darüber in die Gesellschaft, dass eine Bundesbehörde, die Bundesbank, die Zettel, die sie drucken lässt, an die Geschäftsbanken verleiht. Durch die Hinterlegung von Kreditpapieren können sich die Privatbanken gegen Zins staatliches Papiergeld entleihen. Dieser Mechanismus entschränkt das Bankgewerbe ganz entscheidend:
Das eigentümliche Geschäft von Banken besteht darin, dass diese auf Grundlage der - eigenen und fremden - Einlagen Kredit schöpfen: Banken horten nicht einfach das in der Gesellschaft verdiente Geld und verleihen dieses an andere weiter. Sie sammeln das verdiente Geld zwar ein, behandeln aber diese Schulden, die sie bei der Gesellschaft haben, als Grundlage ihrer Kreditwürdigkeit. Soll heißen: Weil alle Welt ihr Geld zur Bank trägt, genießt diese das Vertrauen der Gesellschaft, Zahlungsversprechen einlösen zu können. Und mit diesem Vertrauen agiert die Bank: Wenn sie Kredite vergibt, überlässt keine Bank verschwenderisch ihr Geschäftsmittel - das Geld, das sie bei der Gesellschaft eingesammelt hat, - ihrer Kundschaft, sondern erlaubt dieser großzügig, Zahlungsforderungen an sie durchzureichen, indem sie ihr ein Konto einräumt, für das sie gerade steht. Auf diese Weise kann die Bank ein Vielfaches von dem, was sie als Schatz in ihrem Keller hat, an Krediten vergeben. Zwar muss die Bank über Geld verfügen, um die mit der Kreditvergabe verbundenen Forderungen gegen sich zu begleichen, - der Umfang der fälligen Zahlungen ist aber nicht identisch mit dem Umfang der eingeräumten Kredite, weil erst einmal jede Menge Zahlungsversprechen auf Konten im eigenen Hause lauten, also nur "umgebucht" werden, andererseits jede Bank die auf sie lautenden Zahlungsanweisungen mit den bei ihr einlaufenden Zahlungsanweisungen auf andere Banken verrechnet, und so am Ende nur den sich ergebenden Saldo ausgleichen muss. Ein wenig Bargeld braucht die Bank dann noch für den Zahlungsverkehr der "kleinen Leute", die beim Bäcker nicht mit Kreditkarten, sondern mit Barem zahlen, das sie im Bedarfsfall abheben.
Einerseits emanzipiert sich die Bank durch den Mechanismus der Kreditschöpfung vom Umfang des gehorteten Schatzes, andererseits hängt natürlich das Kreditgeschäft jeder Bank daran, dass sie dann, wenn Geld verlangt wird, selbst zahlungsfähig ist. Sie muss also durch Einleger und Schuldner, die ihre Kredite pünktlich bedienen, mit Zahlungsfähigkeit, mit Geld eben, versorgt werden. Und sie muss bei der Vergabe neuer bzw. bei der Aufstockung bereits vergebener Kredite darauf achten, dass die wirklich zu bedienenden Zahlungsforderungen, die dadurch gegen sie entstehen, ihren Geldschatz nicht "aufbrauchen". So ist die Bank bei ihrer Kreditschöpfung dann doch wieder davon abhängig, über wie viel verdientes Geld der Gesellschaft sie durch ihre Kunden verfügt. Ihre Fähigkeit zur Kreditvergabe, und damit ihr Geschäft, ist so stets dadurch beschränkt, was an Geld in der Gesellschaft durch erfolgte Akkumulation von Reichtum bereits verdient wurde, und wie viel davon sich in ihrem Keller ansammelt.
Diese Beschränkung des Kreditgeschäftes durch die bereits erfolgte Akkumulation beseitigt der Staat, indem er sein Geld über die Bundesbank an Banken verleiht. Diese hinterlegen bei ihr Kreditpapiere (Aktienpakete, Bundesschatzbriefe u.ä.), bekommen gegen Zins dafür so viel Bares, wie sie für ihr Kreditgeschäft brauchen - und jede Rücksicht auf bereits eingespieltes Geld ist überflüssig. Für jeden als lohnend erachteten Kredit ist genug "Liquidität" da, weil der Staat den Banken erlaubt, Schulden - die hinterlegten Kreditpapiere eben - bei ihm zu beleihen. So verwandelt der Staat durch seine Gewalt bloße Zahlungsversprechen, Schulden, in wirkliches Geld und versorgt darüber sein Kreditgewerbe mit dessen eigentümlichen Geschäftsmittel: Er kreditiert das Bankgewerbe und macht es dadurch unabhängig vom akkumulierten Geld der Gesellschaft. Damit ist er bzw. seine souveräne Gewalt über die Gesellschaft Grundlage und Ausgangspunkt allen Kreditgeschäftes.

These 8:

Indem der Staat das Kreditwesen freisetzt, ordnet er die Nationalökonomie den Ansprüchen des Kredits unter.
Der Staat setzt das Kreditgewerbe vom verdienten Geld der Gesellschaft frei und mischt sich so in das Verhältnis von Banken und produktiver und merkantiler Unternehmerschaft ein - und vollendet damit die Regentschaft des Kredits:
Unternehmer sind bei ihrer Geschäftemacherei auf Kredit angewiesen. Damit sie sich auf dem Markt gegen ihre Konkurrenten behaupten können, müssen sie eine Produktion aufziehen, die sie befähigt, den Marktpreis zu unterbieten oder zumindest auszuhalten. Investitionen in teure Maschinerie, die höchste Produktivität garantieren, sind dafür unerlässlich. Ihr aufzuwendender Vorschuss ist durch diese Erfordernisse der Konkurrenz bestimmt, und nicht dadurch, was sie in ihr bereits verdient haben. Ihr eigenes Vermögen ist die Schranke für ihre Geschäftemacherei. Diese überwinden sie, indem sie durch Kreditaufnahme ihrem Kapital zu der Größe verhelfen, die sie zu den nötigen Konkurrenzanstrengungen befähigt. Und weil ihnen nur der Kredit dazu verhilft, den deswegen alle brauchen, müssen sie ihre Konkurrenz auf den Warenmärkten um die Konkurrenz ergänzen, an Kredit zu kommen. Dann sind sie aber als Geldanlage mit jedem anderen Geschäft verglichen und ihre Konkurrenz hat ihren definitiven Maßstab darin, sich für den Kredit als die lohnendste Anlage zuzurichten, die auch in Zukunft beste Erträge verspricht. Das laufende Geschäft muss dann nicht nur die Bedienung der Ansprüche hergeben, die die Banken mit ihren vergebenen Krediten bereits in der Hand haben, sondern den Beweis liefern, dass weitere Kredite dort gut angelegt sind.
Das Kreditgewerbe seinerseits behandelt Produktion und Handel in einer Weise als lohnende Anlage für sich, dass es sich vom Geschäftserfolg, an dem es doch partizipiert, gleichzeitig emanzipiert: Schon beim "einfachsten" Kreditgeschäft stellt der Zins einen vorweg verbrieften Anspruch auf künftige Geschäftserfolge des Schuldners dar, ganz unabhängig davon, ob dieser Geschäftserfolg überhaupt zustande kommt oder nicht. Und weil dieses Recht - ganz unabhängig vom wirklichen Schicksal des verliehenen Geldes - den Erfolg ganz praktisch als bestehen bleibenden Anspruch vorwegnimmt, machen die Banken solche Forderungen selbst wieder zum Geschäftsartikel und handeln damit: Künftige, noch zu machende Gewinne werden so zu verfügbarem Eigentum. Sehr gerecht ergibt sich der Geldwert des zum Verkauf anstehenden Kreditpapiers daraus, wie viel angelegtes Geld das Kreditpapier wohl darstellt, wenn man seine Erträge mit der durchschnittlichen Rendite von Anlagemöglichkeiten vergleicht.
So verdoppelt sich das Eigentum; allerdings ist diese Verdopplung in jeder Hinsicht prospektiv: Der produktive oder merkantile Unternehmer hat durch sein Zahlungsversprechen Geschäftsmittel in der Hand, die das damit angeleierte Geschäft erst rechtfertigen muss. Und die Bank verfügt - obwohl sie einen Kredit vergeben und dafür bloße Forderungen erhalten hat - über geldwertes Eigentum, das sie beleihen oder verkaufen kann, das also jederzeit verfügbare Finanzmasse darstellt, solange der Kreditnehmer durch seinen Geschäftserfolg das Vertrauen in die Bedienung des Kredits rechtfertigt - und das muss er dann auch!
Dass das Kreditgewerbe so frei ist, auf dieser - spekulativen - Basis jede Menge "Finanzprodukte" zu kreieren, bei denen der Ertrag gar nicht feststeht und deswegen jede Menge "Spekulation" erlaubt, sei der Vollständigkeit halber angemerkt. Das Interessante bei diesem Handel ist dann die Abweichung des Einkaufspreises vom Verkaufspreis des Kreditpapiers, die sich aus der erwarteten Kursentwicklung ergibt. Der ganze Handel mit Kreditpapieren ist dann eine einzige Spekulation auf die Spekulation der Mitspekulanten, die im Falle einer Hausse tatsächliche eine Vermehrung des Geldes durch den Handel bewirkt. Das Kreditgewerbe schafft damit seine Rendite selbst und die Finanzmittel weiterer Spekulation. Allerdings sind die Banker auch hier nicht vom wirklichen Geschäftsgang unabhängig: Immerhin muss der Geschäftsgang einer AG z.B. die flotte Spekulation auf deren Aktien rechtfertigen; die Konjunktur einer Nation die Anlage in Papiere dort mit entsprechender Spekulation auf den nationalen Index aussichtsreich erscheinen lassen usw. usf.
Auch das bleibt nicht ohne Auswirkung auf den banalen Handel und Wandel: Die Verbindung der Spekulation mit dem Schicksal eines Unternehmens, einer nationalen Konjunktur etc. verlangt, dass die wirklich gemachten Gewinne bestätigen, was das Finanzgewerbe in seinem luftigen Überbau schon längst vorweggenommen hat.
Und weil der Staat dafür sorgt, dass das Kreditgewerbe immer genügend Potenz zur Schöpfung von Kredit hat, kann es Kreditpapiere schaffen und auf deren Wertsteigerung spekulieren, wann immer es meint, dass es sich lohnt.
Durch die staatliche Entschränkung des Kreditgeschäftes - dessen Befreiung von allen Rücksichten auf das bereits verdiente Geld - ist das Kriterium des Kreditgewerbes, ob sich eine Anlage für dessen Spekulation lohnt, das einzig gültige in der Gesellschaft. Damit ist der Ausgangspunkt jedweden Geschäfts in der Gesellschaft der Kredit und die Verfügung der Geschäftswelt über Finanzmittel ist diesem Kriterium unterworfen: Alles wirkliche Geschäft findet nur statt, wenn es der Spekulation genügt. Die Akkumulation von Reichtum nimmt dann ihren Ausgang von der staatlichen Geldversorgung des Kreditgewerbes und findet innerhalb dessen Spekulation statt. Die Finanzausstattung der produktiven Unternehmerschaft ist Teil dieser Spekulation und ihre Geschäftserfolge bloß noch ein Indiz dafür, ob sich deren weitere Ausstattung für die Spekulation lohnt. Der Staat tritt also über seine Geldversorgung des Kreditwesens eine Akkumulation von Kredit los, dem das Geldverdienen in seiner Gesellschaft zu genügen hat.

These 9:

Indem der Staat seine Ökonomie den Ansprüchen des nationalen Kreditwesen unterordnet, macht er alles Wirtschaften abhängig vom Erfolg der nationalen Kreditakkumulation.
(Der Staat stiftet mit seiner Gewalt das in der Gesellschaft zu verdienende Geld und macht sich zugleich zum Finanzausstatter des Bankensystems, indem er den Geldschatz der Privatbanken, auf dem alle Kreditoperationen beruhen, jenseits des Geldzuflusses aus gelaufenen Geschäften mit von ihm geschöpfter "Liquidität" unterfüttert. Mit dem "Geldmarkt", der zwischen der staatlichen Notenbank und den privaten Kreditinstituten eingerichtet ist, kreditiert der Staat das Bankwesen und setzt es dadurch frei, jedes für lohnend erachtete Geschäft - realer oder spekulativer Natur - zu finanzieren und so überhaupt erst auf den Weg zu bringen. Über diesen Mechanismus macht sich der Staat zum Urheber aller Geschäftstätigkeit im Lande.)
Mit der Einrichtung einer Zentralbank befähigt der Staat die Banken, alles zu finanzieren, was ein lohnendes Geschäft zu werden verspricht. Er tut dies wegen des Wirtschaftswachstums, dessen Finanzierung nicht an dem beschränkten Umfang der bereits erwirtschafteten Geldmittel scheitern soll. Deswegen stellt der Staat von "oben" den erforderlichen Umfang der Kreditierung des Geschäfts durch seine Kreditierung der Bankenwelt sicher.
Ob der ausgiebige Gebrauch des Kredits allerdings nur die im Kreditwesen gehandelten Schuldscheine vermehrt, oder das Wirtschaftswachstum zustande bringt, steht auf einem anderen Blatt. Mit dem geliehenen Geld will erst noch ein lohnendes Geschäft zustande gebracht sein, dessen Erträge den eingesetzten Kredit rechtfertigen. Wenn nicht, ist nicht nur das kreditfinanzierte Geschäft in den Sand gesetzt, sondern auch alle Finanzprodukte entwertet, die in der einen oder anderen Form auf den Erfolg d(ies)es Geschäfts bezogen sind.
So bringt ausgerechnet die Freisetzung des Kreditgewerbes vermittels derer jede Menge erfolgreicher Geschäftstätigkeit angeleiert werden sollte, das reziproke Erfolgskriterium auf den Weg: Jedes Geschäft muss sich als lohnende Anlagesphäre für den mit staatlicher Hilfe geschaffenen Kredit bewähren, weil sonst jede Menge Schuldtitel, die schon längst in der Gesellschaft als geldwertes Eigentum fungieren, also echter kapitalistischer Reichtum vernichtet wird.

-> Sozialistische Gruppe Erlangen