Vortrag Globalisierung
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I. Einleitung
Das seit ca. 10 Jahren in Politik, Öffentlichkeit und Wissenschaft kursierende
Stichwort "Globalisie-rung" (=Glob.) hat sich durchgesetzt, hat sich
zum Schlagwort gemausert, hat dabei eine Karriere gemacht, die seine Chancen, in
der westlichen Welt zum Wort des Jahrzehnts gekürt zu werden (in Konkurrenz zu
"Kollateralschaden" und "Gegenfinanzierung" wahrscheinlich),
erheblich erhöht ha-ben. Der mit diesem Wort gemeinte Verweis auf die
"globale Ausdehnung der Märkte, die Ver-schärfung des Wettbewerbs auf
ihnen" besitzt inzwischen die Funktion eines durchgreifenden Er-satzes für
die Begründung jeder Sorte von Politik. Es gibt kaum eine Abteilung von
nationaler und internationaler Politik, die nicht mit bei Beifügung des Wortes
"Glob." ihre unbedingte Notwendig-keit begründet haben möchte. Eine
Ankündigung eines Politikers, die mit den Worten beginnt : "Die
Globalisierung gebietet ..." kann wegen des Vorsatzes damit rechnen, dass
der Inhalt des Nachsatzes - "....die Steuern zu erhöhen, die Gebühren und
Beiträge anzuheben, zu sparen, in der Tarifrunde Zurückhaltung an den Tag zu
legen etc." - eine ganz neue Wucht bekommt. Wie ein guter Grund für alles
und jedes, was sich Politik einfallen läßt, kommt das Schlagwort inzwischen
daher. Und die allgemeine Anerkennung des mit dem Wort vorgestellten
Sachverhalts blamiert mittlerweile jeden, der um nähere Aufklärung bittet über
die angeblich "unausweichliche Lage", die den Nationalstaat zu
allerhand nötigt, was dieser dann unbedingt ins Werk zu setzen hat. Auch der
Verdacht, es könne doch nicht mit rechten Dingen zugehen, dass so disparate
Dinge wie der staatliche Sparhaushalt, die Fusion von Multis, die Kürzung von
Sozialleistungen, die Einführung der Ökosteuer, der nächste Umweltgipfel oder
auch - und das ist nicht erfunden - die Einführung von PCs in den Schulen, die
Erhöhung des Ausländeranteils an deutschen Universitäten, die Neubelebung des
Goethe-Instituts und die Greencard für indische Software-Spezialisten sich alle
aus einunddemselben Sachverhalt begrün-den sollen, der
"Globalisierung" eben, hat wenig Chancen gehört zu werden. Zu sehr
hat sich die Bedeutung dieses Schlagwortes als Signal für einen nicht
hinterfragbaren Sachzwang, als Kürzel für eine Notwendigkeit, die fast schon
die Wucht einer Naturnotwendigkeit besitzt, etabliert.
Dass der Gehalt dieses Schlagworts Ideologie ist, also gar nicht zur Erklärung,
sondern allein zur Rechtfertigung von Politik taugt, ist dabei recht leicht zu
ermitteln. Der Gehalt der Phrase - sie lautet zusammengenommen: "Wir, die
Macher des Staates, sind genötigt, einer neuen Lage auf dem globalen Weltmarkt,
dem verschärften Wettbewerb, Rechnung zu tragen." - unterstellt staatl.
Ohnmacht, unterstellt die Existenz von Kräften, denen sich der Staat angeblich
gegen seinen Willen beugen muß. Diese Vorstellung blamiert sich allerdings
daran, dass sie vorgetragen wird von Inha-bern politischer Macht, die immerhin
in der 1.Liga der imp. Staaten spielen und sich deshalb so leicht nicht nötigen
lassen und auch nicht nötigen lassen müssen. Es sei denn von Ihresgleichen.
Also von anderen Staaten, die dann schon ein ähnliches Kaliber darstellen müssen;
weswegen es solche Art von Nötigung - in der Regel - nur gibt, wenn ein
Nationalstaat (=Nst.) gerade seine Souve-ränität eingebüßt, seine Macht im
Krieg etwa verloren hat.
Wenn nun mitten im tiefsten Frieden ein veritable Staatsgewalt, und um solche
handelt es sich be-kanntlich bei D., davon redet, dass sie zu etwas genötigt
wird, dass sie aus einer Abhängigkeit heraus handeln, einem Sachzwang folgen muß,
dann ist der Schluß ziemlich unabweislich, dass es sich um einen Sachzwang
handelt, dessen Maßstab von dieser Staatsgewalt aus nationalen Erwägungen
heraus akzeptiert wird. Dass es sich dabei um einen Zwang von Umständen
handelt, dem der Staat folgt, deren Ratio aber mit seinen politischen Absichten
zusammenfällt. So wie er sich - um ein Bei-spiel aus einem anderen politischen
Feld zu nehmen - dem Zwang, der von der Logik des militäri-schen Vorgehens
(Strategie und Taktik) ausgeht, unterwerfen muß, wenn er beschlossen hat, einen
Souverän mittels eines Krieges matt zu setzen. Dann erfordert der einmal ins
Werk gesetzte Beschluß, dass man sich der militärischen Logik unterwirft, die
seine Durchführung erfordert; was im übrigen einschließt, diese Logik auch
dem "wechselnden Kriegsglück", sprich: den Gegenoperationen des
Feindes anzupassen.
Die Widerlegung noch mal anders herum: Bekanntlich gehen imp. Staatsgewalten mit
Zwängen, die ihnen gegen ihren Willen aufgemacht werden, ziemlich anders um.
Dann fühlen sie sich als Macht herausgefordert, so einen Zwang zu brechen - mit
welchen Mitteln auch immer. Davon können im übrigen alle Staaten, die sich in
der Vergangenheit ihrerseits nicht der imp. Logik unterworfen haben - diese
negative Stellung, dieses Verweigern ist schon das höchste an
"Zwang", zu dem es fremde Mächte in der letzten Zeit gebracht haben -
ebenso ein Lied singen, wie jene Gruppierungen, die in den letzten Jahrzehnten
im Inland die Staatsgewalt politisch herausgefordert haben. Von einer
Un-terwerfung unter solche Gegnerschaft ist bei den Staaten, die jetzt die Glob.
als Zwang "bejammern" weit und breit nichts zu sehen: Zwänge wurden
gebrochen, Angriffe fertig oder entgegenstehende Mächte klein gemacht.
Soweit die kurze Erledigung des zentralen ideologischen Gehalts der
Ohnmachtsbehauptung.
Was es allerdings rechtfertigt, über dieses Schlagwort hier eine ganze
Veranstaltung anzusetzen, sind zwei sich anschließende Fragen:
1. Was ist eigentlich der politische Gehalt dieser ideologischen Phrase von der
"Globalisierung". Was ist das für eine Politik, die da legitimiert
werden soll? Denn Legitimation, Rechtfertigung heißt ja, dass Gründe für eine
Politik vorstellig gemacht werden, die gar nicht die zutreffenden Gründe sind,
dass Notwendigkeiten vorstellig gemacht werden, die aus staatlichen Zwecken
etwas anderes, nämlich Unterwerfungsleistungen machen usw. Wobei - das sei
vorweg gesagt - die aktuelle Globali-sierungs-Ideologie in ihrer Rechtfertigung
mehr enthüllt als verbirgt.
2. Was läuft eigentlich auf dem Weltmarkt unter der im Stichwort
"Globalisierung" markierten Lage tatsächlich ab? Was hat es auf sich
mit der Behauptung von der neuen Lage auf dem Weltmarkt und dem verschärften
Wettbewerb? Trifft es zu, dass kap. Nationalstaaten mit einer Lage konfrontiert
sind, der sie sich als Objekte, als Betroffene zu stellen haben? Stimmt es, dass
sie sich den Multis und Transnationalen Konzernen (=TnK) zu unterwerfen haben
und dabei ihrer Souveränität verlustig gehen?
II. Ideologien: Legitimation und Herausforderung durch den Sachzwang G.
1. Entschuldigung
Besonders seit der Schröder-Eichel-Initiative zur Neudefinition von Sozialer
Gerechtigkeit - sozial gerecht ist alles, was den Staatshaushalt in Ordnung
bringt - ist die entschuldigende Redeweise, der Sozialstaat müsse leider wegen
der Globalisierung sein Sozialsystem tiefgreifend umkrempeln, über-all sparen,
Konsumsteuern erhöhen, Lohnnebenkosten absenken und könne überdies wegen
derselben weltweiten und verschärften Konkurrenz nicht garantieren, dass in
absehbarer Zeit die Arbeitslosig-keit spürbar gesenkt wird usw., ein wenig aus
der Mode gekommen. Dennoch gehört sie noch zum Arsenal von Sozialpolitikern
dazu. Man hört sie, etwa wenn Riester vor Gewerkschaftern spricht und für
Zustimmung zu seiner Politik wirbt oder wenn die "Traditionalisten"
der SPD an der "Basis" für Schröder trommeln. Dann hört man schon
noch das Gejammer, dass man nie zu dem kommt, was man eigentlich an
Arbeiterfreundlichem geplant hat.
Auch hier fällt die Widerlegung knapp aus. Denn offensichtlich ist die Tour,
der Sozialstaat (=SSt.) könne leider nicht so, wie er wolle, schon als
Entschuldigung ziemlich blöd: Wie soll auch das Be-kenntnis zur eigenen
Ohnmacht für Vertrauen in die Politik sorgen? Nach dem Motto: Vertraut uns, wählt
uns, obwohl wir leider so ohnmächtig sind, das wir für Euch gar nichts tun können.
Dass dies von Politikern und Parteien kommt, die obendrein vom Volk zur Führung
der politischen Geschäfte ermächtigt worden sind, die sich also an der Macht
befinden, sie quer durch alle Gewalten ausüben und dabei nichts anbrennen
lassen, macht diese Entschuldigungstour unglaubwürdig; ebenso un-glaubwürdig
wie der Umstand, dass noch keiner dieser Politiker jemals den Bettel hingeworfen
hat. Das wäre doch die leichteste Übung für diese Herrschaften, die den
Minister-Job immerhin freiwillig übernehmen, zu verkünden: Wenn ich unter den
Bedingungen der Glob. ohnehin meine Ziele nie erreichen kann, immer an Sachzwängen
scheitere, dann laß ich es doch sein, dann gebe ich den Job auf! Nichts davon.
Im Gegenteil: Sie erlassen ihre Gesetze und setzen sie gegen alle möglichen
Wi-derstände - der Gewerkschaften, des Handwerks, der Alleinerziehenden, des
Mittelstands... - durch und verkünden anschließend dem Volk, sie hätten
eigentlich etwas ganz anderes beschließen wollen.
Dass diese Entschuldigungstour immer noch gelegentlich zur Anwendung und
an-kommt, liegt also nicht an ihrer Überzeugungskraft, sondern am komplementären
Verhältnis des Politikerinteresses und einem Bedürfnis bei den Leuten. Auf
jeden Fall möchten die nämlich hören, dass die Politiker es sich nicht leicht
machen, dass sie es sogar auch schwer haben, dass auch sie nicht machen können,
was sie wollen. Offenbar muß man den Wählern also nur irgendeine Erklärung
hinwerfen, die eine staatspo-litische Notwendigkeit für das rücksichtslose Zurückfahren
ihres Lebensstandards vorstellig macht, und schon sind sie mit ihrer politischen
Führung wieder etwas versöhnt.
2. Herausforderung
Dass einer der führenden imp. Staaten etwas beschließt, was nicht sein
Programm wäre, kann man also getrost vergessen. Inzwischen hat das
Glob.-Schlagwort denn auch einen anderen Schlag be-kommen. Und der läßt diese
Legitimationslüge weit hinter sich. Wenn ein G. Schröder, ein T. Blair usw. -
sogar ihre gesamte - Politik unter dem Schlagwort "Globalisierung"
abhandeln, dann reden sie von einer "Herausforderung", die die
"verschärfte Lage auf dem Weltmarkt (=WM)" für sie dar-stelle.
"Wir", sagt Schröder und meint damit immer nicht etwa sein Kabinett
oder seine Partei, son-dern immer gleich die ganze Nation, also jeden von uns
gleich mit, "wir müssen uns der Hausforde-rung, die die Globalisierung
darstellt, gewachsen zeigen und sie bewältigen."
Damit gibt es den "Sachzwang der Lage" neu. Jetzt taugt er nicht mehr
zur Entschuldigung dafür, dass man als Kanzler etwas tun muß, was man gar
nicht will; sondern jetzt dient er zur Begründung einer nationalen
Herausforderung, um die man zwar auch nicht herumkommt, um die man aber auch gar
nicht herumkommen will. Den Druck der "globalisierten Lage auf dem WM"
bedauern diese Herren nicht, sondern begrüßen ihn, deklarieren ihn zu einer
heilsamen Herausforderung. Wer von der Glob. als einer
"Herausforderung" oder gar von einer "Chance" spricht, der
gibt zu verstehen, dass er den behaupteten Zwang nicht für eine Gefahr
erachtet, sondern ihm einen Auftrag für die deutsche Nation und ihre politische
Führung entnimmt, dem er aus politischer Überzeugung und mit allen Kräften,
über die er die Macht hat, nachzukommen gedenkt.
Damit haben wir es mit einem polit. Bekenntnis zu tun, das schon ziemlich dicht
dran ist an einer reinen Willenserklärung, an einer unvermittelten politischen
Interessenbekundung. Dennoch verbleibt eine Differenz zwischen einer
Programmatik, in der klipp und klapp gesagt wird, dies machen wir, weil wir es
wollen, und der Vorstellung des Programms als Antwort auf eine Herausforderung.
Diese Differenz soll nicht unterschlagen werden, denn es kommt den Herren
Politikern auf sie an: Der politische Wille bekommt nämlich mit dem
Glob.-Verweis eine zusätzliche Qualität dadurch, dass seine Übereinstimmung
mit einer angeblich objektiven Lage betont wird, die sich getrennt vom eigenen
politischen Tun eingestellt und die man nun vorgefunden habe. Mit diesem Verweis
wird der eigene Wille sozusagen objektiv beglaubigt, und es wird dadurch zur
Notwendigkeit erklärt, was der Kanzler und sein Verein ohnehin wollen und in
und mit Deutschland vorhaben. Diese Übereinstim-mung eines politischen Willens
- diesmal nicht mit dem Schicksal oder Vorsehung, sondern - mit der "Lage,
die durch die G. entstanden ist", soll der Politik ihre
Unwidersprechlichkeit bescheinigen. Wer jetzt noch anderes will, versündigt
sich dann - so lautet die immanente und gar nicht freundliche Botschaft - gegen
die objektiven Notwendigkeiten und damit gegen das, was für Deutschland gut
ist, was allein Deutschland voran bringen kann, nämlich die Herausforderung
erfolgreich zu bestehen.
Damit agitieren diese Meister inzwischen landauf und landab und deswegen hat der
Schröder auch mit Amtsantritt die alte sozialdem. Abteilung der
Sachzwangideologie aus dem Verkehr gezogen. Weil Schröder davon ausgeht, dass
diese Politik den Leuten Opfern abverlangt, die ohne ein gehöri-ges Maß an
Treue zu D. nicht freiwillig geschluckt werden, für die er sich also ein Volk
von Natio-nalisten wünscht, die positiv hinter seinem Deutschland-Programm
stehen, deswegen hat er die alten Sozi-Kamellen aus dem Verkehr gezogen, denen
zufolge die SPD für die kleinen Leute da ist, nur leider - heuten eben wegen
der G. - nie so kann wie sie will. Die alte Sozi-Heuchelei ist durch ein
Bekenntnis zum "Sachzwang Globalisierung" abgelöst. Und dies
Bekenntnis nimmt ausschließlich Maß an 'Nation'. Schröder ist nicht - wie er
selbst sagt - für partikulare Interessen in der Nation da - etwa für die
"kleinen Leute" - , sondern er ist zum Kanzler der Nation gewählt und
will der Nation, dem Allgemeinwohl dienen. Dahinter haben alle Gegensätze zurückzustehen.
Das ist nun auch inhaltlich schon eine recht klare politische Aussage. Und zwar
gleich in mehrfacher Hinsicht: Der "Herausforderung durch die Glob."
ist nämlich nicht etwa die politische Absicht zu entnehmen, dass sich D. vom
Weltmarkt wegen der dortigen Schwierigkeiten zurückziehen will, sondern ganz
umgekehrt, dass es dort global führend sein will. Das Leitmotiv deutscher
Politik - darin übrigens die vom Kohl fortsetzend - ist angesichts einer
"verschärften Konkurrenzlage auf dem Weltmarkt" das politische
Bekenntnis, an der Weltmarkteroberung als dem nationalen Erfolgs-weg auf jeden
Fall und gegen alle - erfundenen und wirklichen (s.Teil III) - Schwierigkeiten
festzu-halten: Am globalen Wettbewerb halten wir fest, das ist die Richtschnur
unserer nationalen Politik, lautet das Credo. Und das ist nicht nur ein
theoretisches Bekenntnis zum weltweiten Kapitalismus, sondern eine Auskunft darüber,
dass es ihm praktisch schwer darauf ankommt, auch weiterhin aus-wärtige
Reichtumsquellen für deutsches Wachstum zu erschließen. Es handelt sich um die
Willenser-klärung eines deutschen Oberimperialisten, dass nachwievor die
Internationalisierung der kapitali-stischen Geschäftemacherei - und die spielt
sich nun einmal "global", also auf dem Weltmarkt ab - für Deutschland
alternativlos das richtige Rezept für die Mehrung deutschen Reichtums und die
Stärkung deutscher Macht ist. Und damit ist zugleich das nächste Bekenntnis
ausgesprochen. Denn wenn die Problemlage auf dem Weltmarkt "verschärfte
Konkurrenz" ist, dann besteht die "Herausfor-derung" in nichts
anderem als darin, diese Konkurrenz gegen andere Nsten, die sich ihr ebenfalls
stellen, unbedingt gewinnen zu wollen.
Der politische Gehalt dieser zeitgemäßen Globalisierungsideologie besteht also
in einem wuchtigen Bekenntnis Deutschlands zur ökonomischen Form der
imperalistischen Konkurrenz, formuliert nichts anderes als das Interesse, sich
in dieser imp. Konkurrenz auch unter erschwerten Bedingungen durchsetzen zu
wollen und jeder anderen Sorte Politik für Deutschland eine vollständige
Abfuhr zu erteilen - was nicht nur an die Adresse von Sozialisten oder
Kommunisten, sondern auch an die Adresse von Faschisten gerichtet ist.
3. Innenpolitik
Dem nationalistischen Gehalt des Bekenntnisses zum internationalen Geldverdienen
läßt sich zugleich die innenpolitische Seite dieses deutschen
Aufbruchsprogramms entnehmen. Wenn nämlich Schrö-der nur noch Deutsche kennen
will - was seine Polemik gegen die Traditionalisten in der Partei ist, die es
weiterhin mit den "kleinen Deutschen" halten wollen -, dann kündigt
er damit noch einmal an, was ohnehin seit geraumer Zeit gar nicht zu übersehen
ist: Für das Bestehen der internationalen Her-ausforderung darf auf niemandem
nach Innen Rücksicht genommen werden. Dass die Gesellschaft solidarisch
zusammenzustehen hat, heißt dann eben nichts anderes, als dass jedermann und
jede Gruppe ihren, politisch festzulegenden Beitrag zu leisten hat. Und zwar möglichst
nicht nörgelnd und mosernd, sondern als Bekenntnis von unten zu Deutschland.
Das wäre dann der "Ruck, der durch Deutschland" gehen soll - in der
"schweren Zeit", in der wir die "Herausforderung" namens G.
beste-hen wollen. Abgeleitet wird inzwischen aus diesem Auftrag geradezu eine
moderne moralische Pflichtenlehre, die es in sich hat: Bestes Beispiel ist die
Neudefinition von Sozialer Gerechtigkeit. Die heißt, dass niemand aus der
Klasse der Lohnabhängigen beim Schröpfen ausgenommen werden darf, dass also
wenn schon die Alten zur Kasse gebeten werden auch die Jungen nicht ausgelassen
werden dürfen; oder umgekehrt: wenn schon der Lohn der Jungen auf der Strecke
bleibt, dann doch erst recht die Rente gekürzt werden muß usw. Selbständigkeit
wird groß geschrieben und heißt, selb-ständiges Aushalten der Verelendung,
ohne gleich nach dem Sozialstaat zu rufen; Kreativität ist gefordert bei der
Anlage der Erwerbsbiographie, was meint, dass man sich mit längeren Etappen der
Alo. ebenso anzufreunden hat wie mit Gegenleistungen für Sozialhilfe,
Einrichtung des Lebens auf der Grundlage von 630-DM-Jobs usw.; gefragt ist der
eigenständige Abbau der anerzogenen Versor-gungsmentalität (s.u.) - wobei der
Staat hier wie auch bei allen anderen Pflichten dem deutschen Bürger mit
Vorgaben zum Gürtel-enger-Schnallen hilfreich zur Seite steht, die man als
"Sparpolitik", "Umbau des Sozialstaats" oder
"Steuerreform" zu Genüge kennt.
4. Wissenschaft
Dieser Darstellung des politischen Programms für D. machen die soz., pol.,
nationalök. Globalisie-rungstheoretiker ihre wiss. Aufwartung. Ihr Hauptthema
besteht in den Variationen der Arie, dem Staat fehle es an Macht, an dem Vermögen,
sich durchzusetzen, der Staat sei "impotent": "Im Zuge der
Globalisierung ist ein Souveränitätsverlust des Nationalstaats besonders als
Sozial- und Wohl-fahrtsstaat festzustellen." (Friedrichs) Diesen
Wissenschaftlern wird man nun kaum mit dem Verweis auf die zweifelsfrei
existierende Staats-Macht kommen können: Dass der Staat über eine intakte
Ge-setzgebung verfügt, über ein Zusammenspiel der drei Gewalten, das wie
geschmiert läuft, dass er jeden als illegal eingestuften Widerstand mit
unmittelbarer Staatsgewalt (Castor) im Keim erstickt und auch nach außen über
ziemliche intakte Druckmittel verfügt usw., all das werden sie gar nicht
be-streiten. Das ist einerseits merkwürdig, da sie zunächst das Gegenteil
behaupten. Andererseits ist es auch wiederum nicht so merkwürdig, da sich
bekanntlich immer noch jede Klage über fehlende Staatsmacht in den Wunsch nach
mehr davon auflöst. So auch hier: Denn wenn man ihre Traktate weiter liest, stößt
man regelmäßig auf eine ganze Latte von fürchterlich konstruktiven Vorschlägen
für effektiveres Staatshandeln. Ihre Vorschläge zielen auf konsequentere
Zurichtung des Standorts, auf eigenständigere Geldpolitik, auf Reform des
Sozialstaat, auf bessere Durchsetzung in WTO und IWF, und sie geben auch Tips
der folgenden Art: Der Nst müsse sich darauf einstellen, dass eine
"zunehmende Belastung - wegen der enger werdenden Verteilungsspielräume -
die Solidarität der Bevölkerungsgruppen verringert".(Friedrichs) Wie man
sich auf solche abnehmende Solidarität ein-stellen soll, ist keine Frage.
Wenigstens nicht mit einer Reduzierung der Belastung für die betroffenen
"Bevölkerungsgruppen". Was da angeraten wird, ist also eine
umfangreiche Zusammenstellung von lauter Notwendigkeiten für den Einsatz und
den Ausbau der Staatsmacht. Darin münden regelmäßig alle Theorien über den
staatl. Souv.-Verlust. Offensichtlich scheint - für dieses Wiss. - die
Staatsohn-macht nicht so groß zu sein, dass sie ihm den Ausbau seiner Gewalt
nicht zutrauen würden. Und das liegt daran, dass ihre Ohnmachtstheorie gar
nicht anders gemeint als die wiss. Aufforderung zum Einsatz der Staatsmacht für
das globale Programm. Ihr Befund nimmt nämlich Maß an jenem Staatshandeln, das
sie sich für die Bewältigung des Globaliserungsrisikos vorstellen. Ohnmacht
heißt bei ihnen eben nichts anderes als: die vorhandene Macht muß kräftig
eingesetzt und um neue Machtinstrumente ergänzt werden.
Deswegen geht es auch noch weiter: In einer Publikation wird z.B. umstandslos
die "Globalisierung nationaler staatlicher Macht" gefordert, also die
Ausdehnung von nationaler Staatsmacht über die Territorialgrenzen hinaus. Eine
Macht wird eingefordert, die es erlaubt, dass sich der NSt von nie-mandem etwas
gefallen lassen muß. An anderer Stelle wird gleich in einundemselben Absatz der
Ohnmachtsgedanke mit seinem glatten Gegenteil, einem imp. Ideal von Staatsgewalt
unmittelbar zusammengeschlossen. Bezeichnenderweise in einer Publikation über
"Umwelt und Globalisierung", in der der Satz nicht fehlen darf, dass
Umwelteinflüsse keine Staatsgrenzen kennen, weswegen be-kanntlich der
Umweltgedanke neuerdings zu den bequemsten Begründungen für grenzüberschreiten-de
Einmischungspolitik gehört (s.Tschernobyl etc.): Ausgehend von den "ökologischen
Risiken der Glob." wird die Staatsohnmacht gleich an ihrer "begrenzten
nationalstaatlichen Reichweite" fest-gemacht, um dann munter aus "den
neuen Herausforderungen, die sich für die nationalen Akteure ergeben,"
deren "konstruktive Nutzung, um Einfluß auf globale Entwicklungen zu
nehmen", abzulei-ten. (Petschow) Die wiss. Glob.-Literatur ergeht sich in
Staatsgewaltphantasmagorien, die einem - hiesigen - Politiker vielleicht ins
Hirn, nie aber über die Lippen kämen. Ihre Thesen von der Ohn-macht des
Nationalstaates laufen also schön Regelmäßigkeit auf Aufforderungen zur
Entmachtung der Konkurrenz hinaus.
Der Fehler all dieser Theorien liegt - um das kurz nachzutragen - in der
Bestimmung der staatlichen Ohnmacht. Zum Beweis der Ohnmacht des NSts führen
sie immer - dessen Politik an. Sie halten sich also nicht mit der Untersuchung
der Ausstattung von Politik mit Macht - nach innen und außen - auf. Sie tragen
vielmehr nur Politik und ihre Resultate zusammen: Den "Abbau des SSts",
die Steuer-begünstigung des Kapitals, zunehmende Arbeitslosigkeit...; aber
auch: sinkende Exportziffern und Wachstumszahlen, den Wertlust des Euro usw. Sie
führen also zum Beweis für die Staatsohnmacht alles an, was sie für Mißerfolge
staatlicher Politik halten. Dabei finden sich in diesem Sammelsurium Mißerfolge,
die der Staat selbst auch so bewertet (schrumpfendes Wachstum, sinkender Euro),
und solche, die diese Wissenschaftler deswegen zu Mißerfolgen staatl. Politik
erklären, weil sie von ihrem Staat eine andere Politik erwarten als er
betreibt. Statt also zu fragen, warum der Staat diese und jene Programme zur
"Reform des Sozialstaats" auflegt, liegt ihre Antwort bereits mit der
Konstatie-rung der Sachlage fest: Es handelt sich um Zeugnisse von
Staatsohnmacht, weil ein mächtiger Staat doch an der guten alten Sozialpolitik
festhalten würde. Dass der seine Gründe für dieses Umkrempeln hat, kommt
ihnen gar nicht erst in den Sinn: Idealistische Staatskritik macht eben aus
Zwecken Ohn-machtsbeweise.
Nun haben die Politologen und Soziologen aber auch von der Politik selbst so
bewertete Mißerfolge auf ihrer Liste. (Euro-Schwäche, Wachstumszahlen, Alo...)
Dennoch stimmt auch hier der Befund nicht: Denn Mißerfolg und Ohnmacht sind nun
einmal zwei Kisten. Im einen Fall liegt eine Bilanz von Zwecken und Resultaten
vor, im anderen Fall wird dafür bereits eine Erklärung in Erwägung gezogen
und durch ihre Gleichsetzung mit dem Mißerfolgsbefund als einzig mögliche Erklärung
hingestellt: Fehlende staatliche Machtentfaltung. Das ist Unfug. So etwas wäre
zumindest erst einmal zu prüfen. Vielleicht hat der Staat seine vorhandene
Macht falsch eingesetzt! Vielleicht hat er sie sogar richtig eingesetzt und ist
dennoch vom Resultat unangenehm berührt. Vielleicht ist diese Bilanz also gar
nicht mit politischer Machtentfaltung oder ihrem Fehlen vollständig zu erklären.
Vielleicht ist es dafür nötig, sich das Verhältnis von Staat und kap. Ökonomie
ein wenig genauer zu betrachten. (vgl.Teil III)
Soweit also das politische Programm, das der Globalisierungsideologie zu
entnehmen ist, und seine wiss. Aufwertung. Es steht für das Interesse des Nst.,
all seine Macht aufzubieten, um seinen natio-nalen "Standort" so auf
Vordermann zu bringen, dass mit ihm die "Herausforderung" der
Globali-sierung bewältigt, also die internationale Konkurrenz erfolgreich
bestritten werden kann. Und wer die letzten Jahre nicht in einer
big-brother-Kaserne verbracht hat, der weiß und hat am eigenen Geld-beutel
erfahren, dass es sich bei diesem imp. Interesse des deutschen Kanzlers nicht um
Sprüche eines deutschen Gernegroß handelt.
5. Linke
Das sage ich deswegen, weil die Globalisierungsdebatte innerhalb der Linken in
einer geradezu ver-blüffenden Weise zeigt, dass diese Linken nicht nur nicht in
der Lage sind, Ideologien gescheit zu kritisieren, sondern die auffallende Übereinstimmung
von politischer Ideologie und in politische Praxis umgesetzten imp. Interesses
hiesiger Politik mit erheblichem theoretischen Aufwand zu ignorieren bemüht
sind. Sie halten an der Ohnmachtsideologie fest und nehmen sie in einer Weise
ernst, dass man an die Stelle einer theoretischen Kritik des linken Ghettos
eigentlich immer nur ausru-fen möchte: Wo lebt ihr eigentlich? Da stellt sich
ein Schröder hin, bemüht die moderne Variante der Vorsehung für sein
politisches Interesses, krempelt die Sozis um, kennt nur noch Deutsche, die
seinen Standort aufmöbeln müssen, ist beim Kriegführen gleich mit dabei,
stellt internationale Ansprüche - und nicht nur als europ. Führungsmacht - ,
die sich gewaschen haben ...... und die Linken haben nichts besseres zu tun, als
über die Ohnmacht des NSts zu jammern, sehen darüber die Demokratie schwinden,
lasten dies alles den Multis an, die sich angeblich den Staat unter den Nagel
gerissen und deswegen die demokratische Nabelschnur zum Volk abgerissen haben.
Andere dagegen bejubeln denselben Sachverhalt, entnehmen ihm, dass das Prinzip
des NSt. nun endgültig überholt und der Nationalismus überhaupt auf dem
absterbenden Ast sei. Manchen fällt - ohne es zu wissen - gleich die
faschistische Ökonomiekritik ein, derzufolge es das Finanzkapital ist, das sich
das Industriekapital unterwirft und zum Gewinnemachen zwingt (Bischoff); und
wieder andere stellen dann auch noch verblüfft fest, dass sich auf ihren
Kongressen "Junge Nationaldemokraten" und andere Neofaschisten
einfinden und ihnen Hilfe bei der Rettung des deutschen Nst's aus den Klauen des
internationalen Großkapitals und bei der Überwindung der "Spaltung der
Gesell. (=des dt. Volkes) in arm und reich" anbieten. In der Tat treffen
sich hier linke Staatsidealisten und rechte Fanatiker staatl. Souveränität zum
gemeinsamen Staatsrettungsprogramm.
Ihr genereller Fehler ist dabei immer derselbe: Nämlich der bereits an der bgl.
Gob.-Theorie aufge-zeigte Staatsidealismus. Auch die Linken halten sich nicht
mit der Untersuchung der Ausstattung der Politik mit Macht auf, sondern ziehen
aus zurückgefahrener Sozialpolitik, Steuerbegünstigung von Unternehmern,
staatl. Einmischung bei Fusionen usw. immer wieder den einen albernen Schluß,
dass man daran abzulesen könne, dass der Staat gar könne, was er wolle - denn
er erweise sich ja als der Staat des Kapitals, nicht aber als der Volkes, das
ihn nun mal gewählt hat. Der Staat habe sich den Multis unterworfen, sei vollständig
von ihnen abhängig (Verwechslung von Abhängigkeit - von den Entscheidungen der
Multis - mit Ohnmacht), sei ein Spielball des Casinokapitalismus, und denke nur
noch in Kategorien des "shareholder-value". Ohnmacht ist auch hier der
Fehl-Schluß aus einer verrückten Politikkritik, die von einem bei heutigen
Linken ziemlich flächendeckend anzutreffen-den Urvertrauen in den demokr. NSt
lebt. Sie messen also das Wirken des Nsts an ihrem Ideal eines volksfreundlichen
Staats, stellen fest, dass der wirkliche Staat von ihrem Ideal abweicht und erklä-ren
ihn daraufhin für entmachtet und denaturiert. Die Übergänge von der bgl.
Glob.-Therie zur linken Befassung mit der G. sind dabei so fließend, dass alle
Unterschiede verschwimmen. Hauptunter-schied: Die einen verzapfen den Quatsch am
Schreibtisch, die anderen tragen denselben Quatsch auch noch auf die Straße. 3
Soweit zur Ideologie der Globalisierung, der Widerlegung ihrer Lüge von der
Ohnmacht des NSts und zur Kritik ihres zentralen politischen Gehalts von der
"Herausforderung" für die Politik. Den haben wir aufgelöst in das
politische Interesse des imp. Staates: Wir bekennen uns zum "Welt-markt",
erklären ihn alternativlos zu unserem Erfolgsweg, und setzen uns zum Ziel, mit
unseren politischen Mitteln die kap. Konkurrenz der NSten zu unseren Gunsten zu
gestalten.
III. Weltmarkt, Währungskonkurrenz, Geldkrise und Standortpolitik
Die Behandlung folgender Fragen hatte ich für den 2. Teil reserviert: Was läuft
eigentlich auf dem Weltmarkt unter der im Stichwort "Globalisierung"
markierten Lage tatsächlich ab? Was hat es auf sich mit der Behauptung von der
neuen Lage auf dem Weltmarkt und dem verschärften Wettbewerb?
Die Krise des WM ist also die Krise
der Weltgelder.
Damit haben wir - sozusagen - die Rede von der Globalisierung eingeholt und
"die Lage" erklärt, die heute als "Verschärfung der
Konkurrenz" zur Kenntnis genommen wird und nach 150 Jahren Welt-markt eine
Globalisierungsdebatte ausgelöst hat, in der es teilweise zugeht, als hätten
ihre Protagoni-sten zum ersten Mal den Weltmarkt entdeckt. Entdeckt haben die
Glob.-Ideologen, dass sich auf dem Weltmarkt nichts mehr so wie in der
Vergangenheit des Wirtschaftswunders, Exportweltmeisters und der Etablierung der
DM als Ankerwährung schiebt. Es ist also die Krise des Weltmarkts, die Krise
der Weltgelder der Grund der Globalisierungsideologie. Es ist dies nicht der
Weltmarkt oder irgendeine neue Qualität (Ära, Phase) desselben, sondern dass
er durch die Weltgeldkonkurrenz an seine Grenze gestoßen ist, dass er es zu
einer ziemlichen Dauerkrise gebracht hat; weswegen es denn auch kein Wunder ist,
dass die G-Debatte zeitgleich Anfang der 90er Jahre mit dem Offenbarwerden
dieser Krise losbrach. (Währungen sind im übrigen schon immer den Bach
runtergegangen - vgl. Südamerika etc.; jetzt werden die Gelder der Imp.
kritisch und schon hebt ein großes Globalisie-rungsgeschrei an.)
5. Standortpolitik II
Wie gehen die kap. Staaten mit dieser Krise des Weltmarktes um? Staaten, die den
WM über Jahr-zehnte hinweg als Erfolgsmittel genutzt haben, stehen mit der
allgemeinen Krise vor einer Entschei-dungsfrage: Ihr Mittel ist zu einer
Schranke der Mehrung ihres nationalen Reichtums geworden. Suchen sie sich nun
einen anderen Weg, reduzieren sie angesichts allgemeiner Überakkumulation ihr
Weltmarktengagement oder sagen sie: Jetzt muß man erst recht die Konkurrenz auf
dem WM forcieren! Den anderen, den faschistischen Weg, der als nation. Erwägung
gerade auf Renationalisie-rung setzt, hat man sich - gerade gegenwärtig in
Europa - geradezu verboten und tut deswegen auch alles dafür, damit aus den
Nadelstichen eines Haider gegen den Euro-Internationalismus möglichst gar nicht
erst eine größere antieurop. Bewegung wird. (vgl. Haider-Debatte) Eine
Reduktion der Weltmarktaktivitäten geht nicht, weil die konkurrierenden
Gewinnansprüche von Staat und Kapital nun einmal in der Welt sind. Die allg.
Entwertung - und darauf würde so etwas hinauslaufen - soll ja gerade vermieden
bzw. auf dem konkurrierenden Standort stattfinden.
Es nehmen denn auch alle kap. Staaten die Krise als den nationalen Auftrag zu
verschärfter Kon-kurrenz gegeneinander wahr: Jetzt erst recht, lautet die
Devise. Und bei dieser Konkurrenz kommt einerseits der Nationalstaat zu neuen
Ehren. Und andererseits radikalisieren sie die nation. An-strengung, über
internationale Einrichtungen wie WTO/IWF etc. Erfolge zu sichern; tun also alles
mögliche, um die zwischen den Staaten eingerichteten Abhängigkeiten für sich
zu nutzen
Über die Zurichtung ihres NSt. nach innen wollen Politiker den zuverlässigen
nationalen Unterbau schaffen, von dem aus der Währungskrieg mitten in der Krise
fortgesetzt und gewonnen wird. Jetzt muß durch den Umbau des Nationalstaats dafür
gesorgt werden, dass die Nachfrage nach der hiesigen Währung anhält. Wie soll
das gehen, wo der doch gerade wegen seiner begrenzten Ressourcen die Einrichtung
des Weltmarkts eingeleitet hat? Anders gefragt: Wie soll der Nationalstaat
hergeben, was der Weltmarkt so nicht mehr zu leisten imstande ist? Die Frage ist
berechtigt, kümmert aber die Regierenden wenig. Ihr Konzept - das sie alle
miteinander und hübsch gegeneinander einsetzen - hört auf den bekannten Namen
Standortpolitik. (Standortpolitik II)
Die hat ihre Brutalitäten, was nicht verwundern darf bei dem Programm, das mit
ihr erledigt werden soll. Der Witz an der Standortpolitik ist dabei folgender:
Es geht darum, dafür zu sorgen, dass sich möglichst viel Weltgeschäft auf dem
eigenen Standort und nicht auf dem der Konkurrenz kon-zentriert. Das ist der
Punkt: Denn je attraktiver der nationale Standort für Geld- und industrielle
-Kapitalanleger im Verhältnis zu anderen Standorten ist, desto mehr wird seine
Währung nachge-fragt. Die Logik ist dabei sehr simpel: Ein Standort, der gute
Geschäfte ermöglicht, verfügt über gutes Geld - denn in dem und vermittels
dieses Geldes werden diese Geschäfte gemacht. Was be-deutet, dass dem Hüter
dieser Währung entsprechendes Vertrauen entgegengebracht wird: Er setzt nicht
nur massenhaft Geld (-Zettel) in die Welt, schafft ausreichenden Kredit, sondern
sorgt als politi-sches Subjekt seiner nationalen Ökonomie dafür, dass aus
diesem Geld /Kredit ein Geschäft auf dem WM wird - zu dem es die geschäftstüchtigen
Benutzer konkurrierender Standorte nicht so bringen.
Das ist schon alles, aber das hat es in sich. Die Nation mit ihren Ressourcen
zum Kampfmittel gegen andere nationale Standorte aufzurüsten, bedeutet alle
vorhandenen Ressourcen bis aufs Letzte anzu-strengen und als attraktive
Anlagebedingungen auszustaffieren. Dabei geht der Nationalstaat kritisch mit
sich selbst ins Gericht, wenn er hinsichtlich dieser Ressourcen Bilanz zieht. Er
entdeckt gerade bei der Betrachtung des SozSts, dass in der Lohnarbeiterklasse
die Verschwendung Einzug gehalten hat - obwohl jener Zustand angeblicher Überversorgung
in den vergangenen Jahrzehnten gerade dafür gesorgt hat, dass das nationale
Kapital auf eine in jeder Hinsicht brauchbare Arbeiterklasse zurück-greifen und
für Produktionsfortschritte einspannen konnte und worüber es sich zum
Exportweltmei-ster gemausert hat. (s. Standortpolitik I) Dabei ist es kein
Zufall, dass die Senkung des nationalen Lohnniveaus bevorzugter Gegenstand der
Standortkonkurrenz ist. In der Diagnose, dass das fehlende Wachstum seinen Grund
in den zu hohen Lohnkosten hat - zu hoch im Vergleich zu den Löhnen in
Mittelosteuropa, Asien etc. -, sind sich seit geraumer Zeit Staat und Kapital
sehr einig. (Befund: "Alo, weil Arbeitsplätze zu teuer sind) Und so trifft
es sich gut, dass der Staat hinsichtlich des Preises der Arbeit mit seinem
gesamten Sozialsystem ein zuverlässiges Mittel zur Kostenentlastung in seinen Händen
hat. Alle Abhängigkeiten, in die die Arbeiterklasse sozial eingebunden ist,
lassen sich nun umgekehrt als Wege zur Senkung der Kosten der Arbeit benutzen.
(s. Sozialversicherungen, die zwecks Entlastung von Lohnnebenkosten zunehmend
"privatisiert" werden ; s. sonstige soziale Hilfen und natürlich auch
Steuerreform usw.) 11
Spiegelbildlich zur Entdeckung des verwöhnten Arbeiters stellt der Staat heute
selbstkritisch fest, dass er dem Kapital in der Vergangenheit zu viele
Vorschriften gemacht, zu viele Kosten aufgebürdet und zu viele Steuern
abgezogen hat - obwohl all dies weder ein Wirtschaftswunder noch die
Ent-wicklung der DM zur "Ankerwährung" behindert hat. Heute wird der
Standort deswegen mit Steuer-senkung für die Unternehmen der Welt attraktiv
gemacht. Kein Wunder: Wenn es um ihre Anlage geht, die als Beleg für die Güte
der Währung als Weltgeld gebraucht wird, dann verzichtet der Staat dafür schon
mal auf Steuereinnahmen von kap. Unternehmen. Die holt er sich dann einerseits
von den verbleibenden Verdienern - d.h. dann "Gegenfinanzierung",
wobei er sich nicht daran stört, dass er diese Klasse gerade mit ihrem
sozialstaatlich bestimmten Lohn bereits hinlänglich in die Standort-pflicht
genommen hat. Aber andererseits setzt er gerade darauf, dass er in der
Standortkonkurrenz Punkte macht und so die Kreditwürdigkeit seines Staatsgeldes
stärkt. Das ist der Knackpunkt: Die Freiheit beim Schuldenmachen will er
erhalten oder zurückerobern! Dafür macht er seinen Lieb-lingsbürgern auch
schon mal Steuergeschenke. (Von wegen "der Steuerstaat wird
ausgehebelt" Hirsch/Negt...) Die Zeiten, in denen Weltmarkterfolge gerade
wegen der Steuern, die damit ins Land fließen, gefeiert wurden, sind vorbei.
Nicht dass es auf die Steuereinnahmen nicht mehr ankäme. Doch sie interessieren
jetzt immer zusätzlich als Hinweis auf das gestärkte Vertrauen, das DM/EURO
genießen.
Zugleich radikalisiert der Nst. seinen Anspruch gegenüber der heimischen Geschäftswelt.
Die neue "Großzügigkeit" macht er davon abhängig, daß bei denen
die Erfolgsperspektive 100%-ig stimmt. Die Zeiten, in denen Subventionen schon
deswegen flossen, weil es sich bei dem Betrieb um ein Stück des nationalen
Kapital handelte, sind vorbei. Zu dem hier ansässigen Kapital nimmt der
Stand-ortverwalter deswegen auch einen radikaleren Standpunkt ein: Jedes
heimische Kapital wird darauf-hin begutachtet, ob es auf dem Weltmarkt - nach Größe
und Produktivität - überhaupt bestehen kann (s. DDR.Abbau). Daraufhin wird
seine Förderungswürdigkeit beurteilt - in der Regel wenig-stens - und nicht
mehr danach, ob es sich um ein deutsches Kapital handelt. Nur ein Kapital, das
dazu taugt, auf dem Weltmarkt Wettbewerber aus dem Felde zu schlagen, hat im
Inland ein Recht auf Anlage und Förderung. Kurz: Kapitale sollen dazu taugen, für
die Stärkung von DM/EURO Ge-winnquellen ins Land zu bringen. Dabei ist es dem
deutschen NSt. egal, woher die kapital. Unter-nehmen kommen und unter welche
Flagge die segeln. Die Vaterlandslosigkeit des Kapitals, die ihm unter anderen
Voraussetzungen (Waren- und Kapitalexport) schon mal ein Dorn im Auge ist, kommt
ihm jetzt gerade recht. Die spricht er an: "Kommt her Kapitalisten aller
Anlegerstaaten, sagt Euch von Eurem bisherigen "Vaterland" los und
nutzt die Sonderbedingungen meines Standorts!"
Deswegen buchstabiert sich auch nationales, also z.B. deutsches Kapital neu.
Ohnehin tut sich der Betrachter von Multis bzw. Aktienkapitalen schwer, der sie
Heimatstaaten zuordnen möchte, wo Aktienbesitz in Händen von Geldanlegern der
ganzen Welt ist (z.B. der deutsche Konzern Mannes-mann befand sich vor der
Fusion zu ca. 75% in ausländischer Hand.) und Multis kein Problem damit haben,
mit ihrem Kapital die jeweiligen relativen Vorteile verschiedener Standorte für
sich zu nut-zen. Ist nun Daimler-Chrysler ein deutsches oder Ami-Kapital?
Falsche Frage, altes Denken: Es han-delt sich eben um einen Multi, der Teile
seines Kapitals immer dort anlegt, wo es nach allen Bedin-gungen seiner
Kalkulation (Löhne, Steuern, Markt, Währung, Zulieferung, Umweltauflagen etc.)
am lohnendsten ist. Deswegen sehen das auch die imp. Nsten anders: Unter
nationales Kapital fällt nicht etwa jenes Kapital, das einen langen deutschen
Stammbaum oder einen guten deutschen Namen auf-weist - so etwas ist was für das
nationalistische Gemüt -, sondern nationales Kapital ist alles, was sich auf
dem hiesigen Standort anlegt und ihn als einen ausweist, dessen Verwalter gutes
Geld in die Welt setzt.12 So sieht der deutsche Staat in Daimler-Chrysler ein
Kapital, das auch den hiesigen Standort nutzt und seine Währung stützt. Dass
Daimler in Deutschland und in den USA Steuern zahlt, Arbeitsplätze schafft,
Nachfrage stiftet und Zulieferkapital fördert, geht für beide Nsten in Ordnung
- solange wenigstens, wie beide Staaten davon profitieren. Denn natürlich
werden die diversen Anla-ge-Staaten nicht darüber zu Freunden, dass sie Teile
vom selben Kapital beherbergen. Die Konkur-renz zwischen ihnen wird dadurch
nicht ausgehebelt - weswegen auch die Frage, welcher Nst zur Konzernspitze den
besten Draht hat, nicht ganz unwichtig ist. Da (Krisen-) Konkurrenz herrscht,
stellt sich immer die Frage, auf welchem Standort ein Multi Werke dicht macht,
Leute entläßt usw.
So wie die Standort-Vaterländer ganz auf die Mobilität der
"vaterlandslosen" Multis setzt, ist umge-kehrt die Welt
konkurrierender Staaten ganz dem Standortvergleich der Multis ausgesetzt. (Was
übrigens tatsächlich für kleinere Staaten bedeutet, dass sie hinsichtlich
ihrer nationalen Ökonomie und ihres Haushalts vollständig in den Händen von
Multis sind - keine Frage!) Was die Standorte wollen, nämlich Kapital zu
attrahieren, das löst ein munteres Vergleichen - anlegen und ablegen - bei den
Konzernen aus. Und dass dabei Sonderangebote ausgehandelt und Erpressungen
versucht werden, versteht sich von selbst. Schon wieder so ein Sachzwang, dem
der Staat unterliegt, weil er seine Währung als Weltgeld etablieren will und
davon auch in der allg. Krise des WMs nicht lassen mag. Es gilt also nachwievor,
dass der Staatsreichtum, jetzt in Gestalt der stabilen Währung, auf dem Geschäft
von Kapitalisten basiert; aber eben nicht mehr nur auf dem auswärtigen Geschäft
heimischer Kapitalisten, sondern auf dem all jener Multis, die in und mit der
nationalen Währung ihren Profit machen. So gesehen hängt die Geltung der Währung
von der Entscheidung der Geschäftemacher aller Welt für oder gegen sie ab. Es
hängt an diesen Entscheidungen der Geldanleger der ganzen Welt die Wucht des
Staatsreichtums überhaupt: nicht mehr oder weniger Einnahmen eines Staates,
sondern die Qualität der Einnahmefreiheit des Staates überhaupt. 13
(Standortpolitik II: Nach außen vgl. WTO, IWF, G7, EU und NAFTA etc.)
Schluß:
Natürlich soll man tatsächliche Sachzwänge imp. Staaten nicht bestreiten. Die
gibt es, die sind ihr Werk und mit denen gehen die Staaten in ihrer Konkurrenz
um. Man soll sich aber auf der anderen Seite davor hüten, das Sachzwang-Gerede
der Glob-Debatte mit diesen objektiven Abhängigkeiten, die mit dem WM
eingerichtet sind, zu verwechseln. Die Beschwörung von Sachzwängen durch die
Politik zeugt genau genommen vom glatten Gegenteil. Mit ihr will der Staat die
Programme der Standortpolitik, die er Volk Politik in seiner ganzen
Machtvollkommenheit verordnet, zu Notwen-digkeiten erklären. Wenn also die imp.
Siegerstaaten dem Volk mit Sachzwängen ("Herausforderung der Glob.")
kommen, dann leiden sie nicht an irgendeinem Machtverlust. Dann gehen sie
bereits da-von aus, dass sie die Mittel ganz frei zu ihrer Verfügung haben, um
andere - wen wohl? - ausbaden zu lassen, was ihnen in ihrem
geldnationalistischen Konkurrenzfanatismus so alles einfällt.
Was dann mal wieder die Vollstreckung einer marx. Wahrheit ist: Der Reichtum der
Nationen basiert darauf, dass die Leute von dem Reichtum, den sie produzieren, möglichst
wenig haben. Oder anders gesagt: Die Leute werden für die Stärkung der DM
dadurch in die Pflicht genommen, dass sie von ihr immer weniger in der Tasche
haben.
Fußnoten
1 Nur zur Erinnerung - ich komme später
darauf zurück. Es war nicht immer so, dass alle Staaten sich nach Kap. oder
kap. Betreuung gesehnt haben. Es ist eben diese Alternativlosigkeit keineswegs
ab-solut. Sondern dazu gehört eben schon die Entscheidung von Machthabern, dass
in ihrem Machtbe-reich jede Lebensperspektive daran geknüpft ist, dass
Unternehmer Gewinne machen. Es ist also nicht zutreffend, es gäbe für D.
keinen anderen Weg. Wer das behauptet und wer das den politischen
Glob.-Ideologien entnimmt, der übersieht die Kleinigkeit, dass die behauptete
Alternativlosigkeit nur für den gilt, der sich längst für das kapitalistische
Privateigentum entschieden hat. Ja, wer für all das ist, was am Privateigentum
hängt, Warentausch und Geldverkehr, Gewinn als Betriebszweck und Lohnarbeit als
Perspektive für die Massen, der muß eben auch Ja sagen zur grenzüberschreitenden
Gültigkeit dieses Produktionsverhältnisses, zur weltweiten Konkurrenz von
Kapitalen und Staaten. Nicht dass das Aussteigen nicht ginge. Es hat Versuche
gegeben - einige Reste gibt es noch (Libyen , Nordkorea, Kuba) - sich vom WM
fern zu halten, die Grenzen für fremde Waren und fremdes Kapital dicht zu
machen. Warum das den Staaten, die das versucht haben, nicht gut bekommen ist
(s. bes. SU ), müßte man genauer erklären; ob es an dem Versuch selbst
gelegen hat oder an der Gegnerschaft, die er sich eingehandelt hat, wäre zu
untersuchen.
So gesehen ist die Sache mit dem Zwang dann fast schon eine Tautologie: Wer Ja
sagt zu einer Wirt-schaftsweise, der kap. eben, wer sie als nationalen
Erfolgsweg beschreitet, der tut eben auch alles in seiner Staatsmacht liegende
dafür, dass diese Wirtschaftsweise für ihn erfolgreich funktioniert. Und zu
diesem erfolgreichen Funktionieren gehört nun mal die Konkurrenzanstrengung.
Man sollte also nicht bestreiten, dass für kapitalistische Nationalstaaten ein
Zwang existiert. Der liegt darin, dass sie dann, wenn sie ihren Nationalreichtum
auf marktwirtschaftlichen, kapitalistischem Wege mehren wollen, in die
Konkurrenz mit, besser: gegen anderen einsteigen müssen, deren Ausgang
obendrein ärgerlicherweise offen ist. Das ist der Zwang zur Konkurrenz, dem sie
sich aus freiem politischen Willen unterwerfen, überzeugt davon, dass der
kapital. Weg für D. das Beste ist und gleichfalls über-zeugt davon, dass D.
auf ihm reüssiert. Deswegen heißt "Einstieg in die Konkurrenz" eben
auch nicht einfach Mitspielen, Mitmachen. Dabei sein ist nicht alles! Sie müssen
ihn zu gewinnen versuchen, weil ihr Programm zugleich das Programm aller andern
kap. NSt. ist, aber bekanntlich - wie heißt es so schön - nicht alle gewinnen
können. Den Zwang meinen sie übrigens nicht, wenn sie einen Sach-zwang anführen.
Dann meinen sie: Auf geht's mit dem Gürtel-enger-Schnallen!
Wo in Macht das unmittelbare Mittel für ökon. Erfolg entdeckt wird, da wird
nicht auf Weltmarkt, sondern auf Raub gesetzt.
3 Auch die eher theoretischen Altlinken - Altvater, Bischoff, Hirsch usw. - die
einst mit einer Staats-kritik angetreten sind, klagen, dass die "Bürgerrechte
immer mehr dematerialisiert und ausgehöhlt werden, wenn der NSt mehr und mehr
seine Souveränität einbüßt."(Altvater, in: Rossandra, S.199) Dafür
machen auch sie das internationalisierte Kapital verantwortlich. Dies sortieren
sie aber noch einmal sorgfältig nach produktivem und Finanzkapital. Bischoff
kommt dabei sogar auf die Idee, dem Finanzkapital anzulasten, dass das
"produktive Kapital sich ganz dem Prinzip des share-holder value"
verschreiben muß: "Die Börse verlangt vom Unternehmen, dass es sofort
eine maximale Ren-tabilität aus dem Eigenvermögen herausholt." (S.39 in:
Total global ) Von allein kommt natürlich kein Kapitalist auf "maximale
Rentabilität", sondern denkt wahrscheinlich nur an maximale Güter-versorgung
des Volkes. Wie auch immer: Ganz oben ist das böse Finanzkapital, dessen
"Hegemonie" die produktiven Kapitalisten zur Gewinnerwirtschaftung
anstiftet, was dann dazu führt, dass die in ihrer Not den Nst. zwingen müssen,
ihnen zu besten Profitbedingungen zu verhelfen. Und der muß dann - gegen seinen
Willen - das arme Volk knechten. Dass es das produktive Kapital überhaupt nur
als Geldvermehrungsmaschine gibt, dass es auch nur deswegen auf Kredit scharf
ist, mit dem der Umfang des Geschäfts erweitert werden soll, das Zinsansprüche
der Banken es aus seinem Gewinn mit bedient, wodurch bekanntlich mit dem
Bankkapital eine zweite, mit dem ind. Kapital konkurrie-rende Geldanlagesphäre
wird, der es auch nur um Geldvermehrung geht, die aber als mit dem ind.Kap.
konkurrierende davon lebt, dass das prod. Kapital mit dem Geld, das es sich bei
ihm gelie-hen hat, erfolgreiche Geschäfte macht usw. ... dies alles und noch
einiges mehr muß man vergessen, wenn man mit der Moral auf diese kap.Ök.
losgeht, nach Gut und Böse sortiert und Schuldige - früher beim Adolf hieß es
das raffende Kapital - sucht. So werden aus Staatskritikern Kämpfer für einen
souveränen, machtvollkommenen Nationalstaat und Anhänger des Traums von der Überwindung
der Konkurrenz imper. Nst'en durch ihre eigenen supranationalen Zusammenschlüsse.
Dass dabei immer noch an Staat gedacht wird, und zwar an den ganz großen, dem
niemand auf der Welt etwas sagen kann, der über Weltgericht, Weltpolizei und
Weltstreitmacht verfügen muß, sei dabei nur am Rande erwähnt.
5 Die prakt. Umsetzung dieser staatl. Kalkulationen hat inzwischen zu einem
umfangreichen Werk von Übereinkommen bi- und multilateraler Art zwischen
Staatsgewalten geführt,."Freihandel" genannt. Was daran das
"Freie" ist, liegt auf der Hand: Der Handel ist entgrenzt. Und gerade
dieser Umstand blamiert die Lobgesänge auf den Freihandel. Man muß gar nicht
viel wissen über die ök. Gesetzmä-ßigkeiten des grenzüberschreitenden
Handels, dennoch ist eines von vornherein klar: Diese Vorstel-lung vom freien
weltweiten Handel, der dazu dienen soll, jeden noch so entferntesten Winkel der
Erde mit Waren aus den Industrieländern zu beglücken, ist wirklich leicht
verfehlt: Zum einen findet der freie Handel von Anfang an als Konkurrenzkampf
zwischen den kap. Ländern statt. Jeder will jedem den auswärtigen Reichtum
streitig machen. Zum anderen bedeutet er, daß die mit ihm beglückten Länder
sich der Räson der kap. Produktionsweise zu unterwerfen haben.
6 Achtung vor Fehlschluß: Natürlich kann man nicht immer nur an anderen
verdienen, ohne dass die an einem selbst verdienen - Differenz von Markt, d.h.
Tausch und Raub. Es kommt eben auf die positi-ve Bilanz an.
7Vonwegen: Es finde ungerechter Tausch statt. Was man an der Verarmung der
Dritten Welt sehen könne. Von wegen: Die Verarmung findet durch ganz gerechten
Tausch statt, nur können eben be-stimmte Länder mit der Prod. der Metropolen
nicht mithalten.
8 Andere Nationalstaatliche Alternative zur Internationalisierung des Kapitals:
Es kann nicht ver-wundern, dass Nationalstaaten, die in ihren Bilanzen nicht
mehr jenen Erfolg entdecken, den sie für sich beanspruchen, wenn sie gar in den
bisher eingeschlagenen Erfolgswegen den Weg zum Ruin ihrer Staatswesens
erblicken, schon mal die Frage der Alternative zu jenem Imperialismus, der über
die Internationalisierung des Kapitals verläuft auf den Tisch des nationalen
Hauses legen. Alternati-ven finden sich schon: So ein Staat kann sich entweder
entschließen, dem Internationalismus seines Geschäftslebens einen Riegel
vorzuschieben, also die nationalen Grenzen dicht zu machen. Gemeint ist dabei
nicht jene vorübergehende Maßnahme von Protektion/Schutz, die einem nationalen
Betrieb den zeitweiligen Schutz vor dem Weltmarkt sichert, gerade damit er sich
für den Erfolg in der WM-Konkurrenz zurechtmachen kann. Gemeint ist dabei die
generelle Abschottung und das Setzen auf die eigenen ökonomischen Kräfte. Eine
Entscheidung, die übrigens noch nichts mit Kommunismus zu tun hat. (s. China:
Warum gibt es dafür immer nur Beispiele, in denen nicht-kap. Staaten zu diesem
Mittel gegriffen haben?) Oder aber ein Staat entschließt sich, jenen Reichtum,
auf den er als Nst ein Recht zu haben glaubt, mit nichtökonomischen Mitteln
sicher zu stellen: sich also per Krieg den Reichtum anzueignen, den er in der ökon.
Konkurrenz nicht an sich ziehen konnte. (Zweite Alternative schließt immer die
erste ein. Aber umgekehrt muß die erste nicht in die zweite münden.)
Deutscher Faschismus steht für die zweite Alternative: Nationalismus mit Absage
an den Erfolgsweg des international tätigen Kapitals; eine Form des
Imperialismus, der als ökonomisch bornierter Na-tionalismus dem Weltmarkt als
Sphäre der internationalen Konkurrenz eine Absage erteilt. Faschis-mus ist die
Alternative für einen imper. Staat, der sich zu einer generellen Mißerfolgsbilanz
vorarbei-tet, der also zu dem Befund kommt, dass der Weltmarkt gegen ihn läuft,
der also gar keine ökonomi-sche Bilanz mehr anstellt - z.B. Wachstum geht
einige %-Punkte runter, Handelsbilanz stimmt nicht etc. - , sondern gleich die
Nation in Gefahr sieht und einen Gegensatz macht zwischen dem nationa-lem
Interesse und dem Erfolgsweg imperialistischer Staaten, der Beteiligung an der
Konkurrenz auf dem Weltmarkt. Das Rausziehen der Nat.-Ök. aus dem Weltmarkt,
die Verfolgung eines Autarkiepro-gramms gegen alle Konkurrenten und die
Vorbereitung auf eine imperialistische Eroberung mit mili-tärischen Mitteln wäre
allerdings beim gegenwärtigen Stand der imp. Konkurrenz auf dem Weltmarkt mit
einer neuen Lage konfrontiert. Der Beschluß einer Nation, zumal einer
Siegernation, sich dem WM zu entziehen, wäre heute gleichbedeutend mit dem
Widerruf eines Beschlusses, den die kap. Nst. vor einigen Jahrzehnten gefaßt
haben und der den Weltmarkt heute bestimmt: Den Beschluß über die freien
Konvertibilität der nationalen Währungen, über die Freigabe der Wechselkurse.
(s.u.) Damit haben sie begonnen, neu zu definieren, was die ökonomische Macht
der Nation ist. Das ist dann nicht mehr die Macht, die ihnen daraus erwächst,
dass ihre Kapitalisten mit dem Abschleppen von fremdem Reichtum das Wachstum
ihrer Ök. steigern.
9 Wichtig ist, daß jede zwischenstaatliche Verabredung über den grenzüberschreitenden
Handel zwangsläufig Vereinbarungen über die Vergleichbarkeit der
unterschiedlichen Währungen ein-schließt. Dies ist deswegen so, weil das Geld
in der Form des Goldes, in er Form, in der es unmittel-bar wert darstellt, längst
ausgedient hat und durch Staatsgeld ersetzt worden ist. Tatsächliche
Wert-materiatur, Gold, das als Tauschmittler im Inland wie Ausland gleichermaßen
Gültigkeit hat, ist längst durch Zeichen für Wert ersetzt worden. Hinter
denen steht im Inland der Staat mit seiner Ge-walt und sorgt dafür, dass
jedermann dem Ukas - Geldverdienen!! - mit diesem, seinen (Falsch-)Geld
nachkommt. Konvertibilität heißt nun, dass unterschiedliche nationale
Wertzeichen (ungleich Wert-sein) in bestimmter quantitativer Proportion gleich
sind (z.B. 1DM = 3 Ff). Sie sind das erst einmal nur aufgrund der zwischen den Währungshütern
vereinbarten Konvertibilität. Doch dabei bleibt es nicht. Der allgemeine Gang
der Geschäfte der privaten Unternehmer aller beteiligten Länder ent-scheidet
nun - wie gezeigt - darüber, in welchem Land (bei deren Geschäfts- und/oder
Staatsbanken) sich welche Devisenvorräte ansammeln.
Mit den Beschlüssen der führenden imp. Nationen über die allgemeine Freigabe
ihrer Wechselkurse haben sie eine - immer schon die ww. Konkurrenz begleitende -
Bewährungsprobe ihres Geldes zum Hauptgegenstand ihrer Konkurrenz untereinander
erklärt. Immer schon mußten Staaten in regelmä-ßigen Abständen ihre
Wechselkurse nach unten oder oben korrigieren: Warum wohl? Weil der per
Warenhandel und Kapitalexport stattfindende Vergleich der kap. Leistungsfähigkeit
der Nationalöko-nomien wie ein Test auf den staatlich festgelegten Kurs wirkte.
Gute weltweite Geschäfte signalisieren mit dem Devisenüberschuß nicht nur,
dass sich andere Länder in der bilateralen Bilanz verschuldet haben, sondern
eben zugleich, dass die Währung sich großer Nachfrage erfreut, größerer als
dies im festgelegten Wechselkurs zum Ausdruck kommt. Korrekturen sind die Folge,
mit denen alle Reichtü-mer, die in einer dieser korrigierten Währungen
denominiert sind, gleichfalls eine Wertkorrektur erfahren. Und umgekehrt
steigert sich mit der positiven Wertkorrektur das Interesse an dieser Wäh-rung.
Eine "stabile Währung"- und das gilt immer nur vergleichsweise, weil
es die laufenden Kon-kurrenzresultate ausdrückt - ist nämlich eine Währung,
die sich weltweit unentbehrlich gemacht hat.
10 Achtung: Das beginnt aber nicht damit, beginnt vielmehr mit dem Währungsvergleich,
ohne den kein grenzüberschreitender Handel geht. Im Vergleich von Währungen
ist immer schon die dauer-hafte Prüfung der Wechselkurse eingeschlossen, ebenso
wie deren ständige Korrekturen.(s.FN 9)
11 Ob sich allerdings durch die Senkung des nationalen Preises der Arbeit die
weltweite Krise des kap. Geschäfts lösen läßt, ist mehr als fraglich: Denn
durch den Fanatismus der nationalen Lohnsenkung wird nun einmal die
Massenkaufkraft begrenzt, auf die zugleich bei der Realisierung von Gewinnen
gesetzt wird. Sei's drum!
12 Zum Exportweltmeister war man einmal dadurch aufgestiegen, dass man alle
vorhandenen natio-nalen Potenzen, d.h. eben die in der Nation ansässigen,
beheimateten Kapitale - sie hießen dann eben deutsches Kapital - soweit gefördert
hat, dass ihre Waren die Konkurrenz auf dem WM - be-sonders gegen Waren der Amis
- bestehen konnten. Jetzt wird nicht mehr nationales Kapital beför-dert,
sondern es nimmt der Staat in seiner Standortpolitik zum Kapital der Welt
(Multis, TNK) - egal wo es sich vielleicht noch bevorzugt angelegt hat - den
Standpunkt ein, das es sich bei ihm anlegen und die nationalen
Produktionsbedingungen für sich nutzen soll , auf dass die nationale Währung
weiterhin weltweiten Kredit genießt. Daraus folgt z.B. dass sich der kritische
Gesichtspunkt: Kapi-talüberfremdung genauso überholt und als gerade borniert
erwiesen hat, wie die Schelte Kapital-flucht.
13 Vergleich Standort I zu II: Einerseits geht's immer um das gleiche - sich an
auswärtigem Reichtum zur Stärkung des nationalen Reichtums zu bedienen. Auch
hinsichtlich der Instrumente der Standort-politik gilt, dass Land und Leute dafür
zugerichtet werden. Anderseits aber radikalisiert sich mit der Zuspitzung der
imp Konkurrenz. Jetzt geht es darum, wessen Inbegriff von nationalem Reichtum
siegt, es geht um den Sieg in der Weltgeldkonkurrenz. In und wegen der Krise des
Weltmarkts radikalisiert sich auch die Standortpolitik: die Korrektur von
Sozialpolitik, neue Steuerpolitik und der neue Er-folgsmaßstab für nationales
Kapital stehen nach innen dafür. Nach außen: Da wird noch einiges kommen.