In der Psychologie werden angesichts der Ergebnisse gesellschaftlicher Auslese immer mal wieder kritische Stimmen laut, die sich an der Kumpanei zwischen Selektionseinrichtungen und Testpsychologen sto�en und den Aussagewert von Intelligenztests �ber schulische und berufliche ,F�higkeiten' anzweifeln.
Als h�tten die H��lichkeiten der gesellschaftlichen Selektion ihren Grund in der Einfallslosigkeit von Testpsychologen, wirft der kritische Psychologe seinen Kollegen verantwortungsloses �bersehen von f�rderungsw�rdigen Talenten vor - und verlangt eine andere Intelligenz-Definition:
"Intelligenz gilt als F�higkeit zur L�sung von Lebensproblemen, zur konstruktiven Erfassung und Ver�nderung der Lebenswelt. Diese Lebenswelt kann sehr verschieden sein. Das schwarze Ghettokind aus Harlem lebt in einer radikal anderen Lebenswelt als das Kind eines wei�en erfolgreichen Bankdirektors von der 61. Stra�e in New York. Das Ghettokind hat andere Probleme zu bew�ltigen... Demgem�� verl�uft seine intellektuelle Entwicklung in eine andere Richtung... Solche Leistungen stehen aber anstelle der in der Schule oder im Intelligenztest verlangten F�higkeiten." (Hermann Rosemann, Intelligenztheorien, 1979, S. 24)
Was hat man von dieser Erweiterung des Intelligenz-Begriffs? Die moralische Konsequenz des b�rgerlichen Auslesebetriebs, da� die Gestrandeten der Konkurrenz als menschliche Flaschen angesehen werden, soll nicht sein. Dummerweise kann ein Psychologe den Rassismus der Konkurrenz nicht kritisieren - es sei denn, er w�rde die Lebensl�ge seiner eigenen Disziplin gleich mit aufs Korn nehmen. Aber wie diese kritischen Psychologen so sind, ziehen sie es vor, ihr durch die Verachtung der underdogs gekr�nktes Gerechtigkeitsempfinden durch eine moralisch motivierte Retusche an ihrer theoretischen Sichtweise zu befriedigen. Rosemann erweitert einfach sein Modell der "Intelligenz", und schon ist aus dem wirklichen Mi�erfolg der Ghettoneger in psychologischer Hinsicht doch noch ein Erfolg geworden. Kritische Psychologen sprechen Intelligenz auch demjenigen Verhalten zu, das Gesellschaft samt mainstream-Psychologie nicht mit diesem Ehrentitel versehen. Dazu �berh�hen sie die elenden Zurechtskommenstouren im Slum und damit die dort hausenden Opfer der Gesellschaft: bezeugt nicht gerade das �berleben in einer aussichtslosen Situation einen an besondere Umst�nde angepa�ten und daher uneingeschr�nkt lobenswerten Erfindungsreichtum, eine respektable Lebensk�nnerschaft? Herzlichen Gl�ckwunsch!
Der Vorwurf gegen die Gesellschaft, den besonderen menschlichen Wert ihrer underdogs zu �bersehen und geringzusch�tzen, ist schon wieder ein Beitrag zu einer besch�nigenden L�ge �ber sie. Die formelle Anerkennung des Individuums, die ihm bei allen Ein- und Abstufungsverfahren in der b�rgerlichen Gesellschaft zuteil wird, - jeder hat seine Chance und das Resultat entspricht ihm pers�nlich - wird von den kritischen Psychologen noch einmal extra bei den Negern im Slum in Anschlag gebracht. Auch ihnen wird die Anerkennung verliehen, die in dem von der Psychologie betreuten speziellen Bewertungspr�dikat "intelligent" steckt: die Totalverlierer der westlichen Gesellschaften sind auch Siegertypen, auf ihre Weise eben. Die wirklichen underdogs sollen nicht als solche gelten. Eine merkw�rdige Kritik, diese Pflege der moralischen Sch�nheit des ideologischen Titels, f�r den die Wissenschaft der Psychologie zust�ndig ist.