Mike Resnick's 'Der Aufstand der Zuckerpflaumen-Elfen'

 

Arthur Crumm glaubte nicht an Kobolde.
Er glaubte auch nicht an Zentauren.
Und schon gar nicht an Geister oder Goblins oder Gorgonen oder alles andere, das mit einem <G> beginnt. Oh, <H> können Sie in die Liste auch aufnehmen; auch an Harpyien oder Hobbits glaubte er nicht.
Tatsächlich könnte man einen Klotz von Buch über die Dinge schreiben, an die er nicht glaubte. Man müsste nur eine Sache weglassen: die mit den Zuckerpflaumen-Elfen.
An die glaubte er nämlich.
Wobei er überhaupt keine Wahl hatte. Sein Keller war voll von ihnen. Ihre Haut schimmerte in verschiedenen Blautönen, keiner war über 45 Zentimeter gross, und sie hatten hohe quiekende Stimmen, die seine Katzen Amok laufen lassen würden - wenn er Katzen gehabt hätte. Ihre Augen waren gross und rund, als ob sie von jemandem gemalt seien, der sich auf Babyporträts auf schwarzem Samt spezialisiert hat. Sie hatten Stupsnasen, einen kleinen Schmerbauch, und angezogen waren sie, als ob's zur Audienz zur Queen ginge. Sie sahen widerlich schlau aus, und im Vergleich zu ihnen hatte Mickey Mouse eine Baritonstimme - aber sie hatten Mord im Sinn.
Sie waren noch nicht einmal eine Stunde in Arthurs Keller, aber er konnte schon Unterschiede bei Ihnen feststellen. Was schwieriger ist, als Sie es sich vielleicht bei einer Horde kleiner blauer Elfen vorstellen. Da gab es Bluebell, der auf Arthur wie der Campusradikale der Gruppe wirkte. Oder Indigo mit seinem spanischen Akzent; den alten, erzkonservativen Silverthorne, den Politiker Purpletone und Inkspot, der quasselte, als ob er ausschliesslich zu diesem Zweck geschaffen wäre. Royal Blue schien ihr Anführer zu sein, und da war auch noch St. Looie Blues, der jedesmal entrückt schaute, sobald er sein düsteres, wenn auch kleines Saxophon spielte.
"Nun, ich verstehe immer noch nicht, wie ihr Jungs hierhergekommen seid", sagte Arthur gerade.
Die meisten Männer sitzen nicht wirklich gerne auf der Kellertreppe, um sich mit einer Horde Zuckerpflaumen-Elfen in Konversation zu üben, aber Arthur war Pragmatiker. Die Anwesenheit der übernatürlichen Wesen könnte zwei Dinge bedeuten: Entweder war er ziemlich verrückt, oder sein Haus war von Elfen heimgesucht worden. Und da er sich nicht für besonders verrückt hielt, nahm er lieber an, dass letzteres zutraf.
"Ich bleibe dabei: Wir kamen über interdimensionale Quadratur hierher", schnappte Bluebell. "Sperr deine Ohren auf, Fettbacke!"
"Das ist keine Art, mit unserem Gastgeber zu reden", sagte Purpletone besänftigend.
"Gastgeber! Dass ich nicht lache", rief Bluebell. "Wenn er unser Gastgeber wäre, würde er uns freilassen. Er hat uns gefangengenommen."
"Ich habe euch nicht gefangengenommen", bemerkte Arthur sanft. "Ich bin hier runtergekommen und hab' euch alle am Fussboden festgeklebt gefunden."
"Das kommt daher, weil ein Teil der Pepsi, die du hier aufbewahrst, ausgelaufen ist", sagte Bluebell. "Was für ein Schwachsinniger lagert überhaupt kaputte Pepsi-Flaschen in seinem Keller ?"
"Du hättest wenigstens einen Teppich reinlegen können", fügte Silverthorne hinzu. "Es klebt nicht nur, es ist auch noch kalt."
"Jetzt mach uns endlich los, damit wir uns grausam und schrecklich rächen können", fuhr Bluebell fort.
"An mir?" fragte Arthur.
"Du bist ein unbedeutender Komparse im Festspiel unseres Lebens", sagte Royal Blue. "Wir sind zu Höherem berufen."
"Genau, Mann", mischte sich Inkspot ein. "Du lässt uns frei, und wir mischen dich vielleicht nicht auf, kapiert?"
"Ich glaube eher, dass ihr mich nicht aufmischen werdet, wenn ich euch nicht befreie", sagte Arthur.
"Seht ihr?" erboste sich Indigo. "Hab' ich euch's nicht gesagt: Man sollte Fremden nicht trauen!"
"Wenn ihr keine Fremden mögt, warum habt ihr euch dann meinen Keller ausgesucht?" fragte Arthur.
"Nun, wir haben ihn nicht wirklich ausgesucht", sagte Royal Blue unbehaglich.
"Wie seid ihr dann hierhergekommen?"
"Durch interdimensionale Quadratur, Blödmann!" sagte Bluebell, der es endlich geschafft hatte, aus seinen Schuhen zu steigen. Womit er aber lediglich erreichte, dass seine Füsse jetzt neben leeren Schuhen auf dem Boden klebten.
"Das erzählt ihr schon die ganze Zeit", antwortete Arthur. "Aber das sagt mir rein gar nichts."
"Ja, ist es mein Fehler, dass du naturwissenschaftlich eine hohle Nuss bist?" fragt Bluebell, der seinen linken Fuss ergriff und mächtig daran zog. Vergeblich.
"Versuch's auf eine andere Art zu erklären", schlug Arthur vor, als Bluebell einen weiteren erfolglosen Versuch machte, seine Füsse zu bewegen.
"Lasst es mich probieren", sagte Silverthorne. Er drehte den Kopf und schaute Arthur an. "Wir aktivierten das Raum-Zeit-Verlagerungs-Theorem von McLennon/Whittaker, aber wir missachteten die Helmhiserschen Variablen oder das Kobernykovsche Unbestimmtheitsprinzip." Er hielt inne. "Tja, hilft das?"
"Nicht sehr viel", gab Arthur zu.
"Was für einen Unterschied macht das schon?" fragte Royal Blue. "Wir sind jetzt hier, und das ist alles, was zählt."
"Mir ist immer noch nicht klar, warum ihr überhaupt hier seid", drängte Arthur weiter.
"Es ist eine Sache von Nationalstolz", antwortete Royal Blue würdevoll.
Arthur kratzte sich am Kopf. "Ihr seid stolz, weil ihr an meinem Kellerboden festklebt?"
"Nein, natürlich nicht", sagte der alte Silverthorne irritiert. "Wir sind hier, um unsere Ehre zu verteidigen."
"Hä?"
"Wir haben einen Feldzug der Plünderung, Zerstörung und Rache konzipiert", erklärte Royal Blue. "Die gesamte Welt wird vor uns erzittern. Starke Männer werden in Ohnmacht fallen, Frauen und Kinder sich hinter verschlossenen Türen verstecken, sogar Tiere werden uns hastig aus dem Weg gehen."
"Eine Horde von Zuckerpflaumen-Elfen, die nicht einmal ihre Füsse vom Fussboden loskriegen?" gluckste Arthur.
"Unterschätz uns nicht", sagte Bluebell mit seiner Fistelstimme. "Wir Zuckerpflaumen-Elfen sind zähe Burschen. Wir können ganze Landstriche terrorisieren." Er schnitt eine Grimasse. "Oder wir würden, wenn wir unsere Füsse losbekämen."
"Und ihr sieben seid wohl die Vorhut?"
"Welche Vorhut? Wir sind die komplette Invasionsarmee."
"Eine Invasionsarmee von gerade mal sieben Zuckerpflaumen-Elfen?" wiederholte Arthur.
"Hast du nie Die glorreichen Sieben gesehen?" fragte Royal Blue. "Yul Brynner hat nicht mehr als sieben Revolverschwinger gebraucht, um diese mexikanische Stadt zu zähmen."
"Und Toshiro Mifune benötigte nur sieben Schwertkämpfer in Die sieben Samurai", warf Bluebell ein.
"Sieben ist offensichtlich eine mystische Zahl, die grosse spirituelle Kraft beinhaltet", sagte Purpletone.
"Mehr wollten aber auch nicht mitkommen", schränkte Silverthorne ein.
"Hat irgend jemand mal darüber nachgedacht, das ihr weder sieben Schwertkämpfer noch sieben Revolverhelden seid?" fragte Arthur. "Zufällig seid ihr sieben kleinwüchsige, übergewichtige und völlig hilflose Elfen."
"Hey, Baby", sagte Inkspot. "Wir sind vielleicht klein, aber wir sind durchtrainiert."
"Yeah", fügte Indigo hinzu. "Wir schlitzen ein paar Hälse auf, gucken uns ein paar schmutzige Videos an und gehen dann nach Hause."
"Wenn wir herauskriegen, wie wir da hinkommen", ergänzte Silverthorne.
"Wir haben versucht, die Welt auf deine Art zu erobern, und jetzt schau, wo wir gelandet sind", sagte Bluebell irritiert. "Auf dem Rückweg nehmen wir den zweiten Stern rechts."
"Das ist hohles Gelaber", protestierte Purpletone.
"Ja?" schoss Bluebell zurück. "Wie würdest du es denn machen?"
"Ganz einfach. Man schliesst die Augen, schlägt dreimal die Hacken zusammen und sagt: 'Es ist nirgends wie zu Hause'", antwortete Purpletone. "Jeder Depp weiss das."
"Wen nennst du Depp?" fragte Bluebell.
"Oh... Ich will mich nicht in eure Diskussion einmischen", intervenierte Arthur, "aber ich habe das Gefühl, dass ihr beide einer falschen Doktrin aufgesessen seid."
"Okay, Schlaukopf!" quiekte Bluebell. "Wie würdest du es machen?"
Arthur zuckte mit den Schultern. "Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo ihr hergekommen seid."
"Aus dem Märchenland der Zuckerpflaumen natürlich! Wie kann man nur so blöd sein?"
"Oh, manchmal stelle ich mich schon etwas dumm an", gab Arthur zu. "Aber so blöd, auf einem Kellerboden festzukleben, in einer Welt, von der ich keine Ahnung habe, geschweige denn, wie ich von dort wieder zurückkomme, also, so dämlich war ich noch nie."
"Ist ja gut", gab Bluebell knirschen zu. "Wir haben hier ein kleines Problem. Aber mach doch keinen Staatsakt draus."
"Dann sagt mir, wenn ihr sicher seid, ein grosses Problem zu haben", sagte Arthur. "Das hier raff' ich nicht."
"Hör auf, uns zu verarschen, Gringo", sagte Indigo, "oder du kommst auch auf die Liste."
"Die Todesliste?"
"Bingo, Kumpel."
"Rein aus Neugier, wie lang ist denn diese Liste?" fragte Arthur.
"Nun", sagte Royal Blue, "so in etwa grob überschlagen, Pi mal Daumen - drei."
"Und wer ist das?" fragte Arthur neugierig.
"Nummer eins auf dieser Liste ist Walt Disney", sagte Royal Blue bestimmt.
"Und die beiden andern?"
"Dieser Choreograph - wie war noch schnell sein Name - ah, ja: Balanchine. Und der russische Komponist: Tschaikowski."
"Was haben die euch denn getan?"
"Sie haben uns lächerlicher gemacht", sagte Bluebell. "Disney stellte uns in Fantasia süss und knuddelig dar, und für den Balanchine mussten wir im Nussknacker auf den Zehenspitzen tanzen. Wie, glaubst du denn, könnten wir damit irgendeine Autorität auf unsere Kinder ausüben? Unsere Frauen lachen sich kaputt, wenn sie eigentlich in Ohnmacht fallen sollten. Unsere Kinder tuscheln hinter unserem Rücken. Und unsere Feinde ignorieren uns ganz einfach, wenn wir ihre Städte belagern." Der kleine Elf atmete durch. "Wir haben den Russen gewarnt, was passieren würde, wenn er das Ding nicht zum <Marsch der Zuckerpflaumen-Elfen> umbenennen würde. Nun wird er dafür blechen."
"Ich will ja nix sagen", sagte Arthur, "aber alle drei sind tot."
St. Looie Blues fing sofort an, auf seinem Saxophon eine Jazz-Version von <Happy Days Are Here Again> zu spielen.
"Hör bloss auf!" kreischte Bluebell wütend.
"Wassn los, Mann?" fragte St. Looie Blues.
"Da gibt's nichts zu feiern! Man hat uns gerade unserer gerechten und furchtbaren Rache beraubt."
"Wenn alle so gross wären wie dieser Typ hier", sagte St. Looie Blues und deutete auf Arthur, "könntest du auch nicht mehr machen, als jedem in den grossen Zeh beissen." Er begann wieder zu spielen.
"Nun, was sollen wir jetzt machen?" fragte Bluebell weinerlich. "Wir können doch nicht ganz für die Katz' hierhergekommen sein."
"Vielleicht könnten wir ihre erstgeborenen Söhne töten.", schlug Purpletone vor. "Das hätte was Religiöses an sich."
"Vielleicht sollten wir einfach nach Hause gehen", meinte Royal Blue.
"Niemals!" protestierte Bluebell. "Sie führen immer noch das Ballett auf, spielen noch die Sinfonie und zeigen noch den Film!"
"Heute sogar in Panavision", ergänzte Arthur hilfreich.
"Aber wie können wir das Ganze stoppen?" fragte Royal Blue.
"Ich vermute, wir müssten jeden Musiker und Tänzer der Welt umbringen und alle Kopien des Films zerstören", sagte Silverthorne.
"Genau!" sagte Bluebell. "Auf geht's!"
Keiner bewegte sich.
"Arthur, alter Freund", sagte Purpletone. "Ich frage mich, ob wir dich als potentiellen Überlebenden unseres kommenden blutigen Eroberungskrieges darum bitten könnten, uns loszulösen."
Arthur seufzte. "Glaub' ich nicht."
"Warum nicht?" fragte Royal Blue. "Wir haben dir alles erzählt, was du wissen wolltest, und du stehst nicht auf unserer Todesliste."
"Es wäre Mord."
"Begriffe werden neu definiert, wenn man sich im Krieg befindet", antwortete Purpletone. "Wir halten uns nicht für Mörder."
Arthur schüttelte den Kopf. "Ihr versteht nicht. Die würden euch umbringen."
"Absurd!" quiekte Bluebell.
"Lächerlich", fügte Silverthorne hinzu.
"Habt ihr Waffen?" fragte Arthur.
"Nein", gab Bluebell zu. "Aber wir haben 'ne Menge Mumm. Wir fürchten nichts und niemanden."
"Nun, das stimmt nicht ganz", sagte Purpletone nach kurzer Überlegung. "Ich persönlich habe Wahnsinnsangst vor Todesfeen, Grabenmonstern und hohem Cholesterinspiegel."
"Ich habe Höhenangst", ergänzte Royal Blue. "Und vor der Dunkelheit habe ich auch ganz schön Bammel."
Bald machten alle Zuckerpflaumen-Elfen lange Listen mit Dingen, vor denen sie sich fürchteten. "Tja, einige von uns haben wirklich vor kaum etwas Angst, mit einigen Ausnahmen", berichtigte Bluebell schwach. "Und der Rest kann unter streng definierten Umständen mutig und verwegen sein."
"Wenn ich ihr wäre, würde ich einpacken und nach Hause gehen", sagte Arthur.
"Das können wir nicht!" sagte Bluebell. "Selbst wenn wir wüssten, wie wir dahin kommen, könnten wir unseren Leuten nicht ins Gesicht sagen, dass unsere Mission ein Fehlschlag war. Das wir nicht einmal aus deinem Keller herausgekommen sind."
"Ich weiss, dass du nur unser Bestes willst, Arthur - von ganzem Herzen", fügte Silverthorne hinzu. "Aber wir haben unseren Stolz."
"Also", schloss Royal Blue, "du musst uns nur kurz befreien, und schon sind wir auf unserem Weg und lassen eine bescheidene Spur des Todes und der Zerstörung hinter uns."
Arthur schüttelte den Kopf. "Ihr seid auf dem Holzweg."
"Was weisst du schon über apokalyptische Rachekriege?" fragte Bluebell.
"Nichts", gab Arthur zu.
"Ja also."
"Aber ich weiss, dass die Ermordung einiger Leute, selbst wenn ihr die Macht dazu hättet, nicht vermeiden würde, dass Fantasia alle paar Jahre neu ins Kino kommt."
"Das sagst du", antwortete Bluebell überzeugter, als er war.
"Das weiss ich", sagte Arthur. Er dachte kurz nach. "Schaut, ich weiss nicht, warum ich euch helfen sollte, abgesehen davon, dass ihr nicht gerade die hellsten seid", - alle sieben heulten bei diesen Worten mit ihren Fistelstimmen auf - "und ausserdem glaube ich nicht wirklich an euch. Aber wenn ich diese Operation planen würde", fuhr er fort, "würde ich mich in den Disney-Zentralcomputer hacken und alle Kopien von Fantasia abrufen. Ich mein, es ist doch eine Schweinearbeit, in jedes Kino auf der Welt zu gehen, um nach ein paar Filmstreifen zu suchen."
"Das ist 'ne Superidee!" sagte Royal Blue voller Enthusiasmus. "Leute, ist das eine grossartige Idee? Einfach genial!" Er stockte für einen Moment. "Ähm, Arthur, was ist ein Computer?"
Arthur erklärte es ihnen.
"Das ist ja alles schön und gut", sagte Silverthorne, als Arthur fertig war. "Aber wie verhindert dies, dass das Ballett weiter aufgeführt wird?"
"Ich könnte mir vorstellen, dass Balanchines Noten - quasi die Grundlage von allem - heute auch schon digitalisiert sind", antwortete Arthur. "Ihr müsst nur den richtigen Computer finden und sie löschen."
"Tschaikowskis Musik?"
Arthur zuckte die Schultern. "Das ist etwas schwieriger."
"Nun, zwei von dreien wäre nicht schlecht", sagte Inkspot. "Für jemanden, der nicht einmal blau ist, Arthur, bist du ganz in Ordnung."
"Yeah, Gringo", fügte Indigo hinzu. "Ich ziehe meinen Sombrero vor dir. Oder würde, wenn es einen in meiner Grösse gäbe."
"Okay, Arthur", sagte Royal Blue. "Wir sind vorbereitet. Nun befreie uns und zeige uns die richtige Richtung."
"Wir sind ein gutes Stück von Kalifornien weg", sagte Arthur, als er anfing, die Elfen der Reihe nach loszumachen. "Wie gedenkt ihr denn, da hinzukommen?"
"Genau, wie wir hierhin kamen", antwortete Silverthorne.
"Wobei ihr wahrscheinlich in Buenos Aires landet", sagte Arthur.
"1:0 für dich", stimmte Purpletone zu.
"Wir könnten fliegen", schlug Silverthorne vor.
"Klasse Idee!" sagte Purpletone enthusiastisch. Dann zögerte er und fragte mit Stirnrunzeln: "Können wir den fliegen?"
"Keine Ahnung, Mann", sagte Inkspot und flatterte mit den Armen. "Wenn wir können, kann ich mich zumindest nicht mehr daran erinnern."
"Ich habe... eh... Höhenangst", sagte Royal Blue. "Wir müssen uns was anderes ausdenken."
"Vielleicht könnten wir unsere Körper auf ihre Protonen und Elektronen-Zusammensetzung reduzieren und uns so durch die Telefonleitungen switchen", schlug Bluebell vor.
"Du zuerst", sagte Purpletone.
"Ich?" entgegnete Bluebell.
"Warum nicht? Ist ja auch deine Idee, oder?"
"Nun, ich hab' sie zwar gehabt, aber es dürfte nur fair sein, wenn jemand anderes sie austestet", sagte Bluebell gereizt.
"Vielleicht sollten wir trampen", warf Indigo ein.
"Was denkst du denn, Arthur?" fragte Royal Blue. Er schaute sich im Keller um. "He, wo ist Arthur hin?"
"Wenn er uns bei den Behörden anzeigt, trete ich ihm so vors Scheinbein..." sagte Bluebell.
Plötzlich erschien Arthur oben auf der Treppe. Er hielt eine grosse Kiste in seinen Händen.
"So langsam geht mir euer Gesabbel auf den Wecker", sagte er, als er die Kiste nach unten brachte.
"Wofür ist die denn?" fragte Royal Blue und deutete nervös auf die Kiste. "Rein mit euch!" sagte Arthur und begann die Elfen vom Fussboden zu lösen.
"Alle?"
Arthur nickte.
"Warum?"
"Ich schicke euch per Post zu den Disney-Geschäftsstellen", antwortete Arthur. "Wenn ihr da seid, ist der Rest euer Bier."
"Super!" schrie Royal Blue. "Jetzt können wir das Land unserer Feinde verwüsten und die Ehre unserer Rasse wiederherstellen."
"Oder zumindest ein paar Gigs in Disneyland bekommen", schloss St. Looie Blues.

Es war zwei Wochen später, als Arthur - bepackt mit Lebensmitteltüten - von der Arbeit nach Hause kam und erneut die sieben Zuckerpflaumen-Elfen vorfand - diesmal in seinem Wohnzimmer. Sie gammelten auf den verschiedensten Möbeln rum.
Bluebell trug eine Sonnenbrille und ein Goldkettchen. Indigo rauchte eine Zigarre, die mindestens so gross war wie er. Silverthorne hatte einen kleinen Diamantstecker im linken Ohr. St. Looie Blues hatte sein Saxophon gegen einen Synthesizer eingetauscht. Die übrigen waren ebenfalls deutlich mit den Insignien ihres Besuches an der Westküste ausgestattet.
"Wie zum Teufel seid ihr hier reingekommen?" fragte Arthur.
"United Parcel hat uns vor der Haustür abgesetzt", antwortete Royal Blue. "Der Rest war reine Routine. Ich hoffe, du hast nichts dagegen."
"Vermutlich nicht", sagte Arthur und setzte die Tüten ab. "Ihr... ähem... schaut gut aus."
"Uns geht's auch gut", sagte Royal Blue. "Und das verdanken wir alles dir, Arthur."
"Ihr habt es also tatsächlich geschafft, die Distribution von Fantasia zu stoppen?"
"Oh, das", sagte Bluebell und zuckte verächtlich die Achseln. "Wir haben festgestellt, dass wir für Höheres auserkoren sind."
"Oh? Ich hab' gedacht, euer Ziel wäre es, auch die letzte Kopie vom Film zu vernichten. "
"Das war, bevor wir lernten, mit ihren Computern umzugehen", antwortete Bluebell. "Arthur, was meinst du, bringt der Film in einem Jahr?"
"'ne Menge", vermutete Arthur.
"<'ne Menge> ist leicht untertrieben", sagte Royal Blue. "Das verdammte Ding ist eine Goldmine - und jedes Jahr wächst eine neue Generation Kinobesucher ran."
"Okay, ihr habt also die Kopien nicht vernichtet", sagte Arthur. "Was habt ihr dann getan?"
"Wir haben Anteile an Disney gekauft!" sagte Bluebell stolz.
"Was habt ihr getan?"
"Disney", wiederholte Bluebell. "Gehört jetzt uns. Wir werden Zuckerpflaumen-Elfen-Puppen produzieren, Zuckerpflaumen-Elfen-T-Shirts, Zuckerpflaumen-Elfen-Frühstücksmüsli..."
"Mord und Totschlag mögen dann und wann die richtige Methode sein", erklärte Purpletone. "Aber im Marketing, Arthur, da liegt die wirkliche Macht!"
"Und wie habt ihr das angestellt?" fragte Arthur neugierig.
"In der Quadratur der Dimension sind wir nicht sehr bewandert", erklärte Royal Blue, "aber wir stellten fest, dass wir echt'n Talent für Computer haben. Wir haben einfach die Börse manipuliert - haben die Aktien vom New York City Ballett und alle Rechte an den Balanchinischen Noten gekauft - und als wir genug Geld zusammen hatten, haben wir Xerox kurzfristig abgestossen, auf Polaroid verdoppelt und Disney mit Profit gekauft." Er schaute unglaublich selbstgefällig drein. "Das war's schon."
"Und was ist mit Tschaikowski?"
"Wir können den Leuten das Zuhören nicht verbieten", antwortete Bluebell, "aber uns gehört jetzt ein Teil von jeder grossen Plattenfirma in Amerika, England und Russland. Wir werden die Distributionskanäle in den nächsten drei Wochen stehen haben." Er machte eine kleine Pause. "Computer bringen 'ne Menge Fun!"
"Und jetzt geht's wieder zurück ins Zuckerpflaumen-Märchenland?" fragte Arthur.
"Sicher nicht!" sagte Royal Blue. "Jeder kann ein Zuckerpflaumen-Elf sein. Man braucht allerdings ein bestimmtes angeborenes Talent und eine gewisse Position, um ein erfolgreicher Geschäftsmann zu sein. Um Preis-Leistungsverhältnisse ordentlich zu interpretieren und versteckte Aktiva zu finden. Und um schliesslich zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle zuzuschlagen und letztendlich seine Feinde finanziell auf die Knie zu zwingen."
"Vermutlich stimmt das."
"Besonders, wenn man so gehandikapt ist wie wir", fuhr Royal Blue fort. "Wir können schlecht an Business Meetings teilnehmen, wir können kein Telefon benutzen, das höher als 50 Zentimeter hängt, wir können nur in UPS-Paketen reisen..."
"Aber das grösste Problem", sagte Bluebell, "ist, dass keiner von uns weder eine Sozialversicherungs- noch eine Steuernummer hat. Das bedeutet, dass die Umsatzsteuerbehörde versucht, dir am Ende des fiskalen Jahres alle Aktiva einzuziehen."
"Ganz zu schweigen vom Finanzamt", ergänzte Silverthorne traurig.
"Was du nicht sagst", schmunzelte Arthur.
"Was wir aber sagen", antwortete Bluebell. "In der Tat, wir haben's gerade getan."
"Dann seid ihr vielleicht für einen Vorschlag meinerseits empfänglich..."

Drei Tage später kauften Arthur Crumm & Partner einen Sitz an der New Yorker Börse, und sie fügten kurz darauf einen weiteren auf Amex hinzu.
Bis heute weiss kaum jemand etwas über dieses Unternehmen, ausser dass es eine kleine, zurückgezogene Investment-Firma ist, die einen bemerkenswerten Jahresüberschuss erwirtschaftet und kürzlich Zuckerpflaumen-Märchenland-Themenparks und -Filmproduktionen investierte. In der Tat: Es geht das Gerücht um, dass sie Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger und Madonna für die Verfilmung von Fantasia II verpflichten konnten.

"Revolt of the Sugar Plum Fairies" copyright © 1992 by Mike Resnick

So, das war's auch schon...

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