Kurzzusammenfassung: Tana Cherkos ist eine Klosterinsel im Tanasee und darf darum nur von Männern betreten werden. Um die Insel ranken sich vielerlei Legenden.
Lokalisation: Tana Cherkos ist die nördlichste Insel, einer Inselgruppe, die wie auf einem Faden aufgeschnürt im südöstlichen Tanasee liegen. Die Nachbarinsel heißt Mitsele. Tana Cherkos ist übrigens vom nahen östlichen Festland aus zu sehen und kann theoretisch sogar in der Trockenzeit über Land erreicht werden.
Anreise: Von der Hauptstadt Äthiopiens, Adis Abeba, ist Bahir Dar bequem mehrmals die Woche mit dem Flugzeug zu erreichen. Auf dem Landweg benötigt man ca. zwei Tage. Bahir Dar liegt unmittelbar am Ufer des Tanasees. Von hieraus ist es nur noch ein kleiner Sprung zur Insel Tana Cherkos. Vor Ort gibt es sowohl eine staatliche wie aber auch private Schiffahrtsagenturen, bei denen man ein Boot chartern kann. Je mehr Mitreisende man findet, um so billiger wird einem der Ausflug auf die Klosterinsel. Grundsätzlich muß man mindestens mit 100 bis 150 DM für das Schnellboot rechnen. Der Besuch von Tana Cherkos ist im laufe eines Tages möglich.
Unterkunft & Verpflegung: Bahir Dar bietet eine Vielfalt an Unterkunfts- und Versorgungsmöglichkeiten. Bahir Dar ist einer der wenigen Orte Äthiopiens, die ständig Leitungswasser und elektrischen Strom haben.
Tip: Nutzen Sie Bahir Dar auch als Ausgangspunkt zu einem Besuch der Wasserfälle des Blauen Nils, ca. 30 Kilometer südöstlich. Brechen Sie früh mit einem lokalen Bus auf, der Sie in knapp einer Stunde ans Ziel bringt.
Die Insel Tana Cherkos:
Eine der Legenden um die Insel besagt, daß einst Maria auf der Flucht nach Ägypten hier drei Monate und zehn Tage gerastet haben soll. Angeblich besitzen die Mönche des Klosters noch ein Halsband Marias, das sie dort zurückgelassen hat.
Die spannendste Legende ist jedoch die vom Verbleib der Bundeslade in einem jüdischen Tempel auf der Insel. Ganz im Gegensatz, was vielleicht die Leser von Graham Hancocks Buch "Die Wächter des heiligen Siegels� meinen könnten, ist dies seit langem ein offenes Geheimnis! Demnach soll, wie im Nationalepos "Kebra Nagast" (Die Herrlichkeit der Könige) beschrieben, die heilige Bundeslade mit den zehn Geboten auf verschlungenen Wegen nach Tana Cherkos gebracht worden sein. Dort wurde, wie es für die Lade angemessen war ein Tempel erbaut. Von dem jüdischen Tempel ist nichts mehr geblieben als drei Opfersteine. An der Stelle des Tempels wurde später die heute christliche Kirche erbaut, was den legendären axumitischen Königen des 4. Jahrhunderts, Abraha und Azbaha, zugeschrieben wird. Das ist aber pure Einbildung: Die Kirche entstand während der Regentschaft Menelik II., Anfang des 20. Jahrhunderts. Es wird noch berichtet, daß einst der Heilige Frumentius die Insel besuchen kam und dort seinen eisernen Predigerstab mit dem Kreuz auf dem jüdischen Opferplatz aufgepflanzt hat. Kurz darauf soll er gestorben und auf Tana Cherkos beigesetzt worden sein.
Doch zurück zu dem jüdischen Opferplatz und dem ehemaligen Tempel. Wenn man der Legende trauen mag, soll die heilige Lade gut 600 Jahre unbeschädigt dort verweilt haben. Erst dann brachte man sie nach Aksum, wo sie noch heute sein soll! Der Zeitpunkt wird um 300 v. Chr. datiert. Graham Hancock erfuhr vor Ort aber andere Zeitangaben. Demnach soll die Bundeslade erst um 470 v. Chr. auf Tana Cherkos eingetroffen sein. Dort verblieb sie gut 800 Jahre lang in einem Zelt und in keinem Tempel, während davor der jüdische Tempeldienst verrichtet worden sein soll. Dann wurde die Lade nach Aksum transportiert. Kurz darauf soll Frumentius die Insel aufgesucht haben. Das um das Jahr 330 n. Chr. war. Gegenüber Hancock versichert der Priester Memhir Fisseha wörtlich: "Dann kam Abba Salama (= Frumentius) und lehrte uns den christlichen Glauben, und wir erbauten hier eine Kirche.� Hancock ließ sich die drei Opfersteine zeigen, die Mulden für das Opferblut haben (vgl. Bild).
Fazit: So unterschiedlich die einzelnen Legenden um Tana Cherkos auch miteinander verknüpft sind, sagen sie doch eines aus: Die Bundeslade war hier! Die Zeitangaben sind gewiß mit Vorsicht zu genießen. Ob einst ein Tempel oder nur ein Stiftzelt stand, könnten archäologische Ausgrabungen verifizieren. Ein Faktum sind die Opfersteine, die auf einen vorchristlichen Kult hinweisen.
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