AXUM Empire

 

YEHA

Kurzzusammenfassung: Der Tempel von Yeha ist der einzige seiner Art im Hochland Ostafrikas. Seinesgleichen findet sich nur in Südarabien wieder (z. B. der Tempel von Marib). Yeha zählt zu den präaxumitischen Plätzen der ersten Phase, also vor dem 3. Jahrhundert v. Chr.. Den Inschriften nach zu Urteilen, stammt der Tempel aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert. Damit ist er der älteste und best erhalten sabäische Tempel in Afrika.

 

Lokalisation: Der Tempel von Yeha liegt fünf Kilometer links abseits der Piste von Aksum über Adwa (Adua) nach Adigrat im Norden Äthiopiens, ca. 10 (?) Kilometer nach Adwa.

 

Anreise: Von der Hauptstadt Äthiopiens, Adis Abeba, ist Axum mehrmals die Woche bequem mit dem Flugzeug in wenigen Stunden erreichbar. Auf dem Landweg hingegen sind fünf oder sechs Tage einzuplanen. Von Axum aus ist ein halber bis ganzer Tag für die Anfahrt nach Yeha von Nöten. Wer von der Hauptstadt Eritreas, Asmara, aus anreist, benötigt auf dem Landweg nach Adwa oder nach belieben auch Adigrat ein bis zwei Tage.

 

Wegbeschreibung: Von Aksum aus folgt man der Straße 3 Richtung Adwa, die die Stadt neuerdings anläuft. Von Adwa aus geht es auf er Straße 15 weiter in Richtung Adigrat. Nach ca. 5 km passiert man zur Linken das einstige Schlachtfeld von Adwa, wo 1896 die kaum bewaffneten Äthiopier die italienischen Kolonialherren in die Flucht schlugen. Ungefähr fünf Kilometer weiter, weißt auf der linken Seite ein Wegweiser nach Yeha. Ein steiniger Weg führt nach weiteren fünf Kilometern ans Ziel. Bereits auf halber Strecke, ist die Rückwand des Tempels von weitem auszumachen. Dieser Weg ist inzwischen mit Kraftfahrzeugen passierbar.

 

Unterkunft & Versorgung: In den Orten Axum, Adwa und Adigrat gibt es Unterkünfte für jegliche Ansprüche und Geldbeutel. Fließendwasser ist teils vorhanden. Elektrischen Strom gibt es in den Abendstunden.

 

Legenden um Yeha: Eine Sage weiß zu Berichten, daß hier einst die Königin von Saba regiert hat. Vor Ort berichteten mir die Jungen des Dorfes, daß der Tempel bereits 3500 Jahre v. Chr. errichtet worden sein soll! Zudem soll er über und über mit purem Gold verkleidet gewesen sein. Man zeigte mir Felder, in denen noch heute Gold davon zu finden sei. Damals notierte ich mir in mein Tagebuch: "Ein Land voller Legenden. Das macht mich skeptisch, was die Geschichten um die Bundeslade angeht."

 

Der Tempel von Yeha / Reisebeschreibung:

Der Morgen begann nicht gut. Ich hatte ein flaues Gefühl im Bauch. Durchfall sollte sich ankündigen. Von meinen Gastgebern in Adua (Adwa) bekam ich ein Stück Pfladenbrot und Tee zum Frühstück angeboten. Doch ich hatte kaum Appetit. Dennoch wollte ich den Tag nutzen, um das nicht weit entfernte Yeha zu besuchen, um anschließend nach Axum weiter zu reisen. Wenn mir dies gelingen sollte wäre ich noch rechtzeitig zum Maskal-Fest in der geheiligten Stadt Axum.

Mit meinem Bekannten, Mulugeta, einem Künstler aus Mekele, ging ich zum Busbahnhof von Adua. Leider hatten wir gerade den ersten Bus am Tag in Richtung Adigrat verpaßt. Wir mußten Stunden abwarten, bis sich der nächste Bus füllte. Das Problem dabei war, daß zwei Busse das selbe Ziel ansteuerten. Darum bewegten wir die Fahrgäste des anderen Busses, doch in unseren umzusteigen, daß die Fahrt endlich beginnen könne. Dies gelang!

Nach einer Weile auf der staubigen Piste, passierten wir Linkerhand das einstige Schachtfeld von Adua. Mitreisende wiesen aus dem Fenster. Mulugeta gegenüber deuteten sie traurig die hohen Verluste von damals an. Ich hörte sie noch sagen "Abertausende sind umgekommen!" Insgeheim sind sie aber stolz auf den Sieg über die Europäer. Heute ist von der Schlacht nichts mehr zu sehen. Es handelt sich dabei um eine große Senke, in deren Mitte eine weiße unscheinbare Kirche steht und das in einer atemberaubenden Landschaft. Die Einheimischen sagen: "Hier treffen sich die Berge."

An der Wegkreuzung zu Yeha stiegen wir aus. Ein großes Schild wies den Weg zum ältesten erhaltenen Monument Äthiopiens. Der Feldweg war steinig und macht das Gehen schwer. Begleitet wurden wir von einem Einheimischen, der mit bei uns im Bus saß. Er wollte zu seinem Heimatdorf am Fuße des Tempels. Denn der Tempel von Yeha liegt auf einer kleinen Anhöhe zwischen den Bergen, so das die Rückwand bereits von der Hälfte der Strecke zu sehen war. Mulugeta war hier schon einmal im letzten Jahr. Damals mußte er den Versuch abbrechen Yeha zu erreichen, weil es noch keine Brücke über ein Flüßchen gab.

Nach gut 45 Minuten Fußmarsch erreichten wir unser Ziel. Für mich war das eine Strapaze, weil es mir nicht gut ging. Der Tempel ist aber grandios! Die Anhöhe ist von einer gut eingewachsenen Steinmauer umgeben. Durch ein uraltes Torhaus gelangt man ins Innere (vgl. Situationsskizze). Vor sich stößt man auf eine jungzeitliche Kirch, in die viele der Steinbockreliefs des Tempels eingearbeitet wurden. Daneben erhebt sich der Tempel mit bis zu zwölf Metern hohen festerlosen Mauern (siehe Bild 1 von Yeha). Die Westseite ist nicht ganz erhalten geblieben (siehe Bild 4 von Yeha). Das Dach fehlt gänzlich. Von dem Wasserspeiergetreppten Sockel, den die Deutsche Aksum-Expedition freigelegt hat, ist nichts zu sehen. Der liegt ganz im Erdreich (vgl. Rekonstruktionszeichnung  und Grundrißplan). Auf der Nordseite ragt weit oben ein Wasserspeier aus der Wand (vgl. Zeichnung). Der Tempel nimmt eine rechteckige Fläche von ungefähr 20 auf 15 Meter ein. Die Tempelwände sind soweit intakt. Nur auf der Südseite fiel mir hinter dem Gebüsch ein Loch in der Wand auf, das wohl jüngst dem Tempel zugefügt worden sein muß. Bereits in früherer Zeit wurde der Tempel als Steinbruch für die Häuser des Ortes und der nebenstehenden Kirche mißbraucht. In Anbetracht dessen, ist der Erhaltungszustand außergewöhnlich gut. Die Verarbeitungsweise der Steine ist klassisch! Nach außen und innen sind die Wände glatt bearbeitet. Nichteinmal eine Messerspitze könnte man zwischen die Steine schieben. Doch das innere Mauerwerk ist grob und kaum geformt. Auch hier wurde wohl auf die Arbeitsoptimierung geachtet.

Vor dem Tempel ziehen zwei aufrechte Säulen das Augenmerk auf sich (siehe Bild 1, Bild 2 und Bild 3 von Yeha). Beide sind ohne Inschriften. Die linke Säule hat vor sich, dem Tempel zugewandt, ein Opferschale (siehe Bild 2 und Zeichnung). Vermutlich handelt es sich bei beiden um Grabstelen. Bewiesen ist das aber nicht. Vielleicht wurde einst auch nur das Opfervieh für den Mondgott daran festgebunden. Säulen mit himjaritischen Inschriften gibt es in der Kirche. Fraglich ist, warum der Tempel mit dem Eingang exakt nach Westen orientiert ist. Diesen Umstand machte man sich in byzantinischer Zeit zum Nutzen, als man den Tempel in eine Kirche umwandelte. Aus dieser Zeit stammt auch die Krypta, die man zufällig entdeckte. Die jetzige Kirche wurde übrigens auf den Grundmauern einer früheren christlichen Städte erbaut, die Abba Afse, einer der neun Heiligen im 6. Jahrhundert errichtet haben soll.

Ausgrabungen brachten viel rote und schwarze Keramik ans Tageslichte. Am beachtlichsten sind die sogenannten Identitätsmarken aus Bronze, die die Form von Tieren haben.

Nach einer Weile kam auch der Wächter des Tempels mit seinem Quittungsblock an. Je 10 Birr nahm er uns ab.

In Hoffnung auf Besserung schluckte ich Medizin und ruhte mich aus, bevor wir den Rückweg gegen Mittag anbrachen. Als wir die Piste zwischen Adigrat und Adwa erreichten machten wir Rast in einer Buschhütte rast, die wenigstens Tee, Soha (das einheimische Bier) und Schatten bat. Wir versuchten einige vorbeikommende Regierungsautos zu stoppen, die uns aber links liegen ließen. Dann hielt aber ein Bus für uns, der uns nach Adwa zurückbrachte.

 

Die geschichtliche Bedeutung des Tempels von Yeha:

Der Tempel ist das beste Beispiel für den Kultur-Export von der arabischen Halbinsel, genaugenommen, dem sabäischen Reich, auf den Nachbarkontinent. Mit den Einwanderern aus Südarabien wurde auch der sabäische Götterglaube exportiert. Naturreligionen mußten sich anpassen oder wurden verdrängt. Vom Götterglauben ist in Äthiopien nicht viel geblieben. Wir wissen nur, daß eine Dreiheit von Gestirnsgottheiten, nämlich der Mondgott Almaqah, die Sonnengöttin und dessen beider Sohn der Venusgott Athtar im Mittelpunkt des himjaritische Glaubens standen. Die Sonnengöttin trug in jedem Tempel einen anderen Namen, der von Yeha war Nuru, die "Schneiende". Außergewöhnlich daran ist, daß alle Gottheiten zwar personenhaft wirkend gedacht wurden, es aber keine frühgeschichtliche Darstellung der Götter in Menschengestalt gibt. Vielmehr wurden die einzelnen Götter mit Symbolen (wie z. B. auf der Säule in Matara) gleichgesetzt. Yeha war dem Mondgott geweiht, weil der Tempel mit Steinbockfriesen verziert war.

Ganz zu Anfang war der Herrscher der präaxumitischen Periode zugleich auch oberster Priester. Im Laufe der Zeit verlor jedoch der König die weltlichen Rechte.

Einen weiteres Indiz für den Kulturexport aus dem Jemen beschreibt der DuMont Führer "Äthiopien": "Erwähnenswert sind auch die steinernen Bauhäuser der jetzigen Bewohner dieser Gegend. Die Dächer der Häuser sind mit Erde und Gras bedeckt, eine Bauform, die vom üblichen äthiopischen Hausbau abweicht und im Jemen heute ebenfalls noch gebräuchlich ist."

 

© by Böck