Wenn ihr Onkel zu Hause war, lehrte er sie unter anderem Kräuterkunde, ein wenig Lesen und Schreiben  und etwas Rechnen. In ihrer Freizeit beschäftigte sie sich lange mit den Inrahkarten ihres Onkels. Jedes Mal, wenn sie die Karten auf dem Tisch ablegte war sie sich sicher, dass ihr die Karten etwas sagen wollten, aber sie verstand sie nicht. Das einzige, was sie neben den Karten noch in seinen Bann schlug war die große vergoldete Standharfe, die mit verschiedenen Feenwesen verziert, im Empfangsraum stand. Es schien für sie der schönste Tag in ihrem Leben, als Desidero ihr versprach, dass sie Untericht von einem Barden bekommen würde. Kurz nach Asharias 12. Tsatag, begann ihr Onkel eines Morgens ihre Sachen zu packen. "Was tust du da?", fragte sie verwundert. "Du wirst eine Reise unternehmen." "Eine Reise? Weit weg in die fernen Länder von denen du mir immer erzählt hast?" "Nicht ganz", er lachte. "Du wirst für eine Weile bei einer Freundin von mir in Vinsalt wohnen." "Aber warum kann ich denn nicht bei dir bleiben?" fragte sie mit leicht zitternder Stimme und in ihren Augen sammelten sich die ersten Tränen. "Weil es langsam Zeit wird, das du bestimmte Dinge lernst, die ich dir nicht beibringen kann. Komm jetzt. Wir müssen los." Desidero nahm die Tasche und begab sich mit Asharia zum Hafen.
Nachdem sie sich eine halbe Stunde durch durch die Menge gewühlt hatten, hielt er vor einer Zweimast-Thalukke, genannt "Sturmflut", an. "Warte hier!", sagte er und ging an Bord. Für Asharia schienen Stunden zu vergehen, bevor ihr Onkel sie auf das Schiff winkte. Zusammen gingen sie zu einem Mann, der sich ihr als Trahel Barnberm vorstellte. "Trahel ist ein Freund von mir und er wird dich sicher nach Vinsalt bringen. Hier, gib diese Schreiben deiner Gastgeberin sobald du angekommen bist.", er überreichte ihr eine Pergamentrolle. "Wie soll ich sie denn erkennen?" "Das brauchst du nicht meine Kleine. Sie wird dich erkennen." Desidero küßte sie auf die Stirn und verabschiedete sich von ihr und Trahel, dann verließ er das Schiff und tauchte sofort in der Menschenmenge unter. "Dann komm mal mit Nixchen. Ich zeige dir deine Kajüte. Nun schau nicht so. Ich beiße doch nicht"salt wurde sie von einer edel gekleideten Frau Ende zwanzig in Empfang genommen. "Rahja zum Gruße junge Dame" sagte sie lächelnd auf tulamidisch und strich sich eine feuerrote Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ich bin Ilyana und ich werde mich in Zukunft um deine Ausbildung kümmern." Asharia nickt nur und hielt ihr die Pergamentrolle hin. "Eine Nachricht von Desidero? Nun ich werde sie in der Kutsche lesen und jetzt beeil dich. Es wird gleich anfangen zu regnen!" Asharia schaute verwirrt zum Himmel, er war strahlend blau und nur vereinzelte kleine weiße Wolke waren zu sehen. Ilyana wies den Kutscher an das Gepäck in die nahe Kutsche zu laden und stieg mit Asharia ein. Das Gefährt setzte sich in Bewegung und während Asharia neugierig das bunte Treiben in den Straßen der fremden Stadt betrachtete, laß Ilyana die Rolle:

    Liebste Freundin,
    sicher erinnerst du dich noch an den Tag, an dem ich dir von dem Tod
    meiner Schwester erzählte und an den Schwur den ich geleistet habe,
    nicht eher zu ruhen, bis das ich die Mörder gefunden und ihren Tod
    gerächt habe. Ich will mich aber kurz fasssen. Ich habe eine heiße Spur
    gefunden, der ich bis nach Al'Anfa gefolgt bin. Ich weiß nicht was sie
    hier wollen aber ich möchte nicht, das sie hier auf Asharia treffen. Alleine
     aus diesem Grund habe ich sie zu dir gesandt. Ich hoffe du verzeihst mir meine kleine Lüge.
    Möge Satuaria über dich wachen.
    Desidero
             Ps: Ich wäre dir dankbar, wenn du dich trotzdem ein wenig um ihre Ausbildung kümmern würdest.

Schmunzelnd rollte sie das Pergament wieder zusammen und wendete sich an Asharia. "Nun, wie ist dein erster Eindruck von Vinsalt?" "Es ist kalt!" Ilyana sah sie amüsiert an. "Ja, so warm wie bei euch im Süden ist es hier nicht aber ich bin mir sicher, dass es dir hier gefallen wird." Asharias Gesichtsausdruck zu folge schien sie davon nicht gerade überzeugt zu sein. "Ilyana?" "Ja?" "Mein Onkel sagte mir, dass Ihr mich unterichen werdet... Sagt Ihr mir worin?" Ilyana schaute Asharia erstaunt an. "Er hat dir nicht erzählt, dass ich dich zur Hexe ausbilden werde?" "Zu einer Hexe?", fragte Asharia ungläubig. "Bei Satuaria und Levthan. Er hat dir nicht gesagt, dass du eine Hexe bist??" Ilyanas Stimme überschlug sich dabei fast. Asharia dachte nach. Sicher, ihr Onkel nannte sie ab und zu eine Hexe aber sie hatte nie angenommen, dass er es wirklich ernst meinte. "Do..doch. Er hat es mir gesagt." " Dann ist es ja gut.", Ilyana entspannte sich und lehnet sich zurück. Die Kutsche ratterte durch die Straße begleitet vom leisen Plätschern der fallenden Regentropfen...
Die Fahrt endete vor einem größerem Haus am Stadtrand. Ilyana lebte dort mit Daruna zusammen, einer etwa 50 jährigen Frau mit langen, glatten schwarzen Haaren, dunklen Augen, die meistens schlichte schwarze Kleider aus Wolle oder Leinen trug. Asharia wurde ein Zimmer im 1. Stock zugewiesen direkt neben dem von Ilyana. Den Tag verbrachte sie damit, ihre Sachen auszupacken und sich Ilyanas Vortrag über das Horasreich und seine Bewohner anzuhören. Am Abend trug ihr Ilyana auf Daruna das Essen auf ihr Zimmer zu bringen, da diese zu beschäftigt sei um heute Unten zu essen. Asharia nahm das Tablett, ging nach Oben und klopfte an die Tür. Als sie auch nach mehrmaligem Klopfen keine Antwort bekam trat sie einfach ein. Das Zimmer wurde nur schwach von dem Licht 6 faustgroßer, in regelmäßigen Abständen aufgestellten Gwen Petryl Steinen erhellt und in der Luft lag der schwere Duft von Weihrauch. Die Wände waren mit schwarzen Samtvorhängen verkleidet und an der Wand gegenüber und rechts von der Tür befand sich je ein kleines Schränkchen. In der Mitte des Zimmers standen ein runder Tisch, auf welchem eine Kristallkugel ruhte, und zwei Stühle aus Mohagohniholz. Asharia stellte das Tablett auf einem Schränkchen ab und ging auf die Kristallkugel zu um sie sich genauer an zuschauen. Als sie vor dem Tisch stand, entdeckte sie auf ihm ein Set Inrahkarten. Unsicher griff sie nach den Karten, sie hatte schon seit dem sie das Zimmer betreten hatte das Gefühl, dass jemand sie beobachten würde.Sie schaute sich nochmal ganz genau um und als sie niemanden ausmachen konnte begann sie das Set zu mischen und einen Teil der Karten auf den Tisch abzulegen. Mehr als jemals zuvor hatte sie das Gefühl, dass die Karten zu ihr sprechen würden. "Asharia wo bleibst du denn? Das Essen wird kalt!" rief Ilyana vom Treppenansatz aus. "Ich komme!" Asharia legte hastig die Karten zusammen und rannte aus dem Zimmer. Der Vorhang an der linken Wand bewegte sich leicht, als der Rabe darunter hervorkam. Er blinzelte in Richtung Tür, flog zum Schränkchen mit dem Tablett darauf und machte sich über das Brot her.
Nach dem Essen half sie Ilyana das Geschirr abzuräumen und zu spülen und ging dann müde ins Bett. Doch ihr Schlaf wehrte nicht lange. Kurz nach Mitternacht wurde sie von scheppernden Geräuschen und wütenden Stimmen geweckt. Asharia stand auf, verlies ihr Zimmer und schlich sich leise die Treppe hinunter. Je näher sie dabei dem Wohnraum kam desto lauter wurden die Stimmen, welche sie als die von Ilyana und Daruna erkannte. Sie verstand nicht worüber die beiden Frauen stritten, da sich die Sprache des Mittelreiches nicht verstand, aber hörte sie wohl das eine oder andere Mal ihren Namen heraus. Langsam und leise ging sie auf die offene Tür des Wohnraumes zu und spähte hinein. Sie glaubte kaum was sie da sah. Daruna stand auf dem Tisch im rechten Bereich des Zimmers und hielt abwehrend einen Besen in den Händen. Ilyana war gerade dabei über das umgekippte Sofa zu klettern, auch sie hielt einen Besen in der Hand. Auf dem Boden lagen die Scherben von Porzellanfiguren, die vorher in den Regalen an der Wand gegenüber der Tür standen , und die einer Weinkaraffe.