Woran er sich nicht gewöhnen konnte, war, dass er nie das passende Mauseloch finden konnte um sich vor seinem Vater oder seiner Mutter zu verstecken. Als er das Schloss verlassen hatte, sah er noch wie der Dieb in nordwestliche Richtung flog.  Weiter ging die Verfolgungsjagd quer durch die Stadt, über einige Felder bis zu einem kleinen Wäldchen. An dessen Rande ließ er sich auf die Knie fallen. Seine Lungen brannten wie Feuer und seine Beine versagten ihm den Dienst. Er dachte schon, dass der Ring nun verloren sei, aber das Kichern, das von Zeit zu Zeit vernahm, ließ darauf schließen, dass sich der Dieb noch in der Nähe aufhielt und auf ihn wartete. Nach einer längeren Verschnaufpause wurde das Spiel fortgesetzt. Da er während des Laufens nur auf den Dieb achtete, der einige Schritt vor ihm herflog, übersah er einen Stein und fiel bäuchlings auf den Waldboden. Eine Jägerin hatte ihm einmal erzählt, das es nichts schöneres gäbe als einem Spaziergang im Wald. Die Vögel sängen ihr Lied und der Boden
unter den Füßen fühle sich an wie Wolken. Thalion hätte niemals gedacht, dass Wolken so hart sind. Als er aufstand bemerkte er, das er mitten in einen Feenring gestolpert war. Dieser hatte einen Durchmesser von 16 Schritt und an seinem Rand wuchsen Pilze. In der Mitte befand sich ein 13 Schritt durchmessender Teich. Aus unmittelbarer Nähe hörte Thalion das vertraute helle Lachen. Er schob einige hohe Grashalme beiseite und entdeckte eine knapp ½ Spann große Feen. Sie hatte goldene Haare, saphirblaue Auge und die zarten libellenartigen Flügel schimmerten in allen Farben des Regenbogens.  Das kleine Wesen schien sich köstlich über ihn zu amüsieren.
„Gib mir sofort den Ring zurück!“, rief Thalion verärgert.  Glucksend zeigte die Fee auf den Teich. „Hol ihn dir doch, wenn du dich traust.“
Entschlossen drehte Thalion sich um und schritt auf den Teich zu. Das tiefe Saphirblau des Wassers funkelte in einem seltsamen magischem Licht, gerade so als würde er von einer in der Tiefe verborgenen Lichtquelle erhellt. Nicht einmal in der Nähe des Ufers war es möglich den Grund des Teiches zu erkennen, wohl aber den Ring, der in 2 Schritt Tiefe auf einem kleinen Felsvorsprung lag. Für jemanden der Schwimmen konnte wäre es kein Problem den Ring zu erreichen aber er konnte nicht Schwimmen. Was sollte er jetzt nur tun? Ohne den Ring konnte er unmöglich nach Hause zurück. Die Zeit verstrich ohne das ihm auch nur ein vernünftiger Gedanken kam. Als er schon aufgeben, ließ er seinen Blick über die Pilze schweifen, über einen Gebüsch und ließ ihn schließlich auf einem losen Faden seines Nachthemdes ruhen. Sofort begann er sein Nachthemd aufzuriffeln, bis er genügend Faden hatte. Anschließend brach er vom Gebüsch einen kleinen gebogenen Zweig ab und band ihn an einem Ende des Fadens fest. Dann pflückte er einen Pilz um ihn als Gewicht zu benutzen und machte seine ersten Angelversuche.  Die Fee hatte die ganze Zeit auf einem der größeren Pilze gesessen und Thalion interessiert beobachtet. Mittlerweile machte sie einen leicht beleidigten Eindruck. Nach mehreren Versuchen gelang es ihm endlich den Ring aus dem Teich zu fischen. Als er ihn triumphierend in die Höhe hielt, gab der Boden unter seinen Füßen nach und Thalion fiel in das kalte Wasser. Panik stieg in ihm auf und er versuchte sich erfolglos am Uferrand festzuhalten. Die Kälte des Wassers begann seine Glieder zu lähmen und er sank langsam hinab.
Entsetzt blickte die Fee auf die Stelle wo Thalion eben noch gestanden hatte. "Was habe ich getan?" Sie flog ans Ufer und besann sich auf ihre magischen Kräfte. Unter ihr brach die Erde auf und eine Ranke bahnte sich ihren Weg ans Tageslicht. Sie wuchs rasch und glitt ins Wasser, weiter bis sie Thalion erreichte. Sie wickelte sich um seine Hüfte und zog ihn wieder zurück an Land. Anschließend zog sich die Ranke zurück in die Erde.
Thalion rappelte sich hustend auf, neben ihm erklang das glockenhelle Lachen der Fee. „Du siehst aus wie eine Mischung aus einem Waldschrat und einem Meermann! Ich muss jetzt leider weiter aber wir spielen später noch einmal zusammen, ja?“
„Eine Mischung aus Meermann und Waldschrat?“, dachte Thalion und begutachtete sein Spiegelbild auf der Wasseroberfläche. In den nassen Haaren hatten sich Zweige und Wasserpflanzen verfangen. Das zerrissene Nachthemd hatte eine bräunlich grüne Farbe angenommen und auch seine Füße hatten schon lange nicht mehr ihre natürliche Farbe. Aber er hatte den Ring und das war die Hauptsache. Schnell machte er sich auf den Weg nach Hause, doch gelang es ihm nicht sich vollkommen unbemerkt auf sein Zimmer zu schleichen.  Er wusch sich, sortierte die Botanik aus seinen Haaren und zog sich an. Schnellen Schrittes verlies er sein Zimmer und ging mit dem Geschenk in den Festsaal. Dort übergab er es an seinen Vater, der Thalion mit einem finsterem Blick bedachte.  Beim Abendessen wandte sich Efferdan, Thalions Onkel, schmunzelnd Fürst Cuano zu. „Sag Bruder, warum hast du mir nie erzählt, dass wir einen Waldschrat am Hofe haben?“   Cuano sah seinen Bruder irritiert an. Thalions Wunsch nach einem passenden Mauseloch war noch nie größer.

Aber das war einmal ...

Neun Jahre waren vergangen. Es war ein stürmischer Abend im Travia, als Thalion durch die menschenleeren Gassen Havenas ging. Regen setzt ein und der erste Blitz zuckte über den dunklen, wolkenverhangenen Himmel. Thalion störte es nicht. Das Wetter passte sehr gut zu seiner Stimmung. Er dachte an die vergangenen Jahre. Seine ältere Schwester Emer hatte Brin von Gareth geheiratet und nun würde er seinem Vater in die Königswürde folgen. Sein Vater band ihn nun mehr und mehr in die Staatsgeschäfte ein aber was ihn wirklich störte war, dass seine Eltern in den letzten Monden stur die Meinung vertraten: Ein König braucht auch eine Königin. Es fanden sich nun immer wieder Heiratskandidatinnen ein; die Damen die diesen Abend eingetroffen waren, sahen aus wie Paradiesvögel und benahmen sich wie alberne Gänse. Also hatte er sich seinen Umhang übergezogen und die Flucht in die kalte Nacht angetreten.  Der Regen wurde stärker und wirkte nunmehr wie ein Schleier. Die nassen Haare klebten in seinem Gesicht und seine Kleidung hatte dem Regen nicht mehr viel entgegenzusetzen. Glücklicherweise war es nicht mehr weit bis zum „Esche und Kork“
„Sie an ein einsamer Jüngling!“
„Sag Efferd, hast du vor Havena ins Meer zu spülen?“, murmelte Sepharel leise vor sich hin.
„Hat dir niemand gesagt, dass es gefährlich ist bei diesem Wetter alleine durch die Straßen zu spazieren?“
„Nur noch 200 Schritt und ich kann mich an einem heißen Meskines erwärmen.“,  dachte Thalion bei sich und wollte gerade zu einem Sprint bis zur Tavernentür ansetzen als ihm etwas schweres in den Rücken sprang und er hart auf dem Boden aufkam. Jemand oder etwas riss seinen Kopf nach oben und er spürte wie sich spitze Zähne in seinen Hals bohrten. Thalions Schmerzenschrei ging im lauten Donnergrollen unter. Er versuchte sich mit ganzer Kraft zu wehren doch der Angreifer hielt ihn ohne große Mühe am Boden. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor als sich  Schwarze Punkte tanzten vor Thalions Augen und das Atmen bereitete ihm immer größere Probleme. Er hörte das ungleiche Pulsieren seines Herzens und dazwischen immer lauter werdend, das Schlagen der Rabenflügel. Das einzige was er noch hörte war sein keuchender Atem, die schwarzen Flecken vor seinen Augen verschmolzen miteinander und ertränkten seinen Geist. Thalion fühlte keine Schmerzen mehr, er spürte nur  wie er sanft empor getragen wurde ...