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WATER EXPERIENCES
Winter 1995
Software :ALIAS STUDIO |
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Phänomen Wasser. Beschreibungsversuche durch Abbilddarstellung
scheitern am Durchdringungsgrad, durch Projektion dümpeln sie auf seiner grafischen Oberfläche und berauschen sich an ihrer Bildung.
Fachspezifika, gelöst aus dem Ganzen, sedimentiert auf Expertenwissen, reduziert auf Naturwissenschaften, ergänzen jenen Rückschritt der Moderne.
Sie stehen damit in direkter Tradition europäischer rationalistischer Denkweisen, jenen Methoden und Strukturen also, die mangelnde Präzision ihrer Weltenmodelle, durch ausuferndes Begehren nach Emotion, Sinnlichkeit, Wahrnehmung und Unschärfe zu kompensieren trachten, und deren Verfangenheit es ihnen nicht ermöglicht, andere auch historische Gedankengänge ihres eigenen Wissensfundamentes zu erschließen, sie negieren damit Aristoteles Metaphysik, ganz zu schweigen von Vorstellungen anderer Volks- und Religionsstrukturen in deren ganzheitlichen Betrachtungsweisen.
Die eigene Unzulänglichkeit derartiger Erklärungsversuche manifestiert sich im Unvermögen der Fehleranerkennung beziehungsweise Toleranz, des Reagierens auf Situationen außerhalb der Standardabweichung. Dabei läßt sich der Unsicherheitsgrad, das Aufweichen und Selbstkarikieren jener Logiken, jene Verschiebung zum Irrationalen, ja Nationalen, relativ präzise aufzeigen.
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Der Hof stellt das Meer dar,
also die unheiligsten Gebiete.
Das Heilige Haus die Erde
und das Allerheiligste den Himmel.
Flavius Josephus
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Bei den Häusern gibt es drei Teile:
von den Balken an aufwärts ist der obere Teil,
vom Boden an aufwärts ist der mittlere Teil,
die Plattform bildet den unteren Teil.
Polyhistor Shen Gua (1035-1095)
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Empfindungen. Wir sind dabei noch geneigt, die geschmacklich soziale Notwendigkeit französischen Tafelwassers auf deutschen Tischen in Einwegverpackungen nach Hunderten Kilometern Transportweg als Wertschöpfung zu akzeptieren, stutzen auch nicht über singuläres Denken unseres Wasserverbrauches, der Qualitätsabschöpfung und der Nutzermentalität unserer Wasserwerke, verstehen auch rational irrationale Verhaltensweisen der Bürgermeister von Los Angeles bei Wassernotstand auf Expansionskurs, erstaunen etwas über Wasserstreitigkeiten zwischen Donauanrainern oder Hochwasseropfern in Deutschland und Holland, sind von deren Vorwürfen peinlich berührt, ekeln uns vor Wassermangel in Sofia, wo eine Wasserversorgung nur alle drei Tage erfolgt und in der restlichen Zeit nationalistische Quellen entspringen, verurteilen jenes und den Völkermord in Sarajewo an der Wasserentnahmestelle, an der rein r/national auch Leben und andere Flüssigkeiten entnommen werden, distanzieren uns von Kämpfen in Ägypten um den Assuanstaudamm, bedauern die langjährige Dürre in der Kornkammer Äthiopiens, resignieren unter der Wassernot von Tausenden in Goma/ Somalia, nehmen schon nicht mehr wahr, daß 250 Millionen Menschen weltweit keinen Zugang zu Wasser besitzen, präzisieren die Zahlen und die Kenntnis um die nächsten Konfliktstoffe, und fallen zurück in das Wissen um die Projektion.
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Abstraktes. Offensichtlich erkennen wir den Wert einer Sache ausschließlich in ihrem Mangel, und beklagen dann lautstark deren Werteverlust. Wir benötigen also möglichst frühzeitige Erkenntnisse und Erfahrungen um das Nichtsein von Dingen, sind also genötigt, unsere Wahrnehmung auf Verzicht, eine Art mentalem Nomadentum, auszurichten.
Dabei erlangt offenkundig die Positionierung des eigenen Ichs eine gesteigerte Bedeutung, jener Befindlichkeit also zwischen Verlangen und Bedürfen, des Einordnens und Orientierens zwischen Oben und Unten, Gut und Böse, Himmel und Hölle, Ober- und Unterwelt.
Es stehen hierzu entwickelte Betrachtungsmechanismen und Handlungsanweisungen zur Verfügung, die es ermöglichen, durch Reduktion Konzentration und Präzision des Empfindens zu steigern, so daß wiederum das Eigene das Ganze dominiert, und damit zum Inhalt der Auseinandersetzung wird.
Jene Methoden arbeiten oftmals mit der Verringerung von Sinneseindrücken, bevorzugt Einsamkeit, Dunkelheit, Hunger und Dampf, Kälte und Wärme, Angst und Ohnmacht, sie schaffen also einen polaren Gegensatz zur Alltagswelt, versuchen also jene Spannbreite der Gestaltung aufzuzeigen, und erreichen damit nicht zuletzt eine Relativierung und Einsicht der eigenen Situation, indem sie das Selbst zwischen diesen Kräften dem eigenen Ringen überlassen.
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Projekt. Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Wasser beziehungsweise dessen Komplementär führt dabei sinnlich, wie auch semantisch, zu den Antonymen Nässe - Quelle und Trockenheit - Wüste. Bei der Gestaltung eines beschreibenden Raumes und der Rezeption desselben vermittelt sich dieser Gegensatz unmittelbar durch die direkte taktile Wahrnehmung. Diese bietet neben gewöhnlicher Wahrnehmung auch die archaische Reizübernahme durch die nackten Füße, ein frühkindliches Wahrnehmungsmuster ansprechend, in dem wir springend schwebend an genau jener Grenzschicht, Wasser/ Trockenheit - Strand verweilen. Neben der formalen Verdeutlichung des Weges als Ziel wird damit durch Heraushebung aus den alltäglichen Erfahrungswerten eine äußerlich sensorische Gleichheit aller erreicht, es werden jedem also
dieselben Bedingungen zum Überwinden der symbolischen Hindernisse geschaffen.
Jene, Barriere und Spalt, teilen den Raum und begrenzen ihn als solchen, sie verdeutlichen durch ihre Ausformung die Position des Laufraumes als Zustand zwischen den Extremen und ermöglichen jedem Nutzer einen eigenen Standort.
Die klimatische und erfühlbare Einheit mit der Umgebung, dem Ganzen, dem Himmel wird durch ein Dach definiert, das durch die erfahrbare Transparenz und Visualisierung die Einbindung des Öffnens in den urbanen Raum ermöglicht.
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Öffnung. Sie ist Bestandteil der Architektur im Außenbereich, einer Fußgängerzone, kreuzt diese, dient als Hinweis und lädt zum Betreten des Raumes ein. In ihr entspringt die Quelle. Diese bildet den Ursprung, Sinnbild für Erquickung und Labsal, Fruchtbarkeit und entspringt einer Säule, die als Auflagepunkt des Daches dient.
Graben. Er ist unmerklich über den Boden erhaben, fast vollständig mit Sand gefüllt, ermöglicht die Eingrenzung und Überwindung des Wassers und bildet die Gebäudeachse.
Barriere. Sie erlaubt ein sinnliches Vorbereiten und ein Abstreifen des Unwesentlichen und Unreinen. Sie erfüllt diese Form jedoch symbolisch, läßt sich also unschwer überwinden.
Versickerungszone. In ihr versiegt das Wasser, welches die Barriere durchquert hat, und beginnt zu verschwinden. Sie verdeutlicht den Übergang zum Gegensatz, zur Negation.
Laufraum. Dieser stellt den eigentlichen Gebäudekern gedanklich und räumlich dar. Er ermöglicht ein Wandeln auf trockenem, angenehm warmem Boden und ist nach oben transparent.
Mauer. Sie erfüllt eine ähnliche Selektionsfunktion wie die Barriere, wird durch eine deckenhohe Abtrennung gebildet und bietet durch einen Durchlaß den Übergang in den Raum der Leere. Er dient als zweiter Auflagepunkt. Er ist durch seine Hülle gegen nahezu alle äußeren Reize abgeschirmt, und ist in seinem Wesen nur durch das Nichts gefüllt.
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