Schriften und Grafiken von Patrick Fischer

Die traurigen Überreste:
The Artist Formerly Known As Dear God

Es gibt nichts das so schwierig zu organisieren wäre wie Liebe sei es hier in dieser stinkenden schwitzenden Millionenstadt oder sonstwo auf dem Planeten oder im Weltall - oder beim lieben Gott der erst kürzlich den Papst als seinen offiziellen Vertreter formell ersucht hat künftig das irreführende Attribut "lieb" ein für alle Mal aus seinem Namen zu streichen - leider hat die katholische Kirche unflexibel und verkrustet wie sie nun mal ist erst einmal einen Namenswettbewerb veranstaltet weil sie die Bezeichnung Gott allein für eine der führenden monotheistischen Allgewalten nach einer ausgeklügelten Marktchancenanalyse für zu schlicht und nichtssagend befunden hat - erste Vorschläge die im Rahmen des großen Preisausschreibens im Vatikan eintrafen reichten von "der dramatische Gott" über "der total lustige Gott" bis hin zu "der schweinegeile Gott" - der Schöpfer lachte sich zuerst zwar einen Ast über die eitlen Bemühungen seines Volkes dann aber kam er ins Grübeln und kam sich plötzlich zum ersten Mal seit Anbeginn aller Zeiten und darüber hinaus ganz schwach und klein vor als käme er gerade von einem mit schlechtem Speed durchgemachten Wochenende herunter - sein Blick fiel auf den Selbstzerstörungsknopf der allzeit bereit in der Mitte seiner allmächtigen Weltenlenkkonsole prangt - o ja dann ist es wohl Zeit dem ganzen Hokuspokus ein Ende zu machen - Gott klappt die Plastikabdeckung zurück und legt seine Hand auf das darunter zum Vorschein gekommene Scanfeld.

Computer! apokalyptische Sequenz Omega auf Abruf Autorisation The Artist Formerly Known As Dear God" - "Autorisation bestätigt - ich begrüße Sie zum Weltuntergangs-Assistenten ihrem Helfer durch den Installationsprozeß der apokalyptischen Sequenz Omega - versichern Sie sich daß Sie mindestens fünf Billionen Gigabyte unkomprimierten freien Speicher auf ihrer Festplatte frei haben und klicken Sie dann auf Weiter um mit dem Installationsprozeß fortzufahren" - Gott runzelt die Stirn das könnte knapp werden verdammt warum hat er seinem nichtsnutzigen Sohn auch erlaubt all diese beknackten Spiele auf die Platte zu hauen - na warte da wird jetzt aber aufgeräumt - "Jesus?" - Jesus der Sohn Gottes erscheint auf einem der unendlich vielen Computermonitore - er wurde gerade beim Rauchen einer vierblättrigen Superskunk-Tüte unterbrochen und reagiert entsprechend schroff - "au Mann Alter was gibt’s nun schon wieder?" - "ich wollte dir nur sagen daß ich deine Spiele vom Zentralrechner schmeiße ich hab sonst nicht genug Speicher" - "och nööö dann laß mir wenigstens die Savegames auf der Platte - wenn ich die ersten zehn Levels von The Crucifiction nochmal durchspielen muß krieg ich nen Ausraster" - "okeh ich lösche alles außer Dateien mit der Erweiterung *.SAV" - "na gut" schmollt Jesus und unterbricht die Videokonferenzschaltung - Gott schafft es die Platte halbwegs leer zu misten immer in Angst eine wichtige Dynamic-Link-Library im wahrsten Sinne des Wortes zum Teufel zu schicken denn von dort kehrt nichts zurück und ein himmlicher Systemzusammenbruch wäre jetzt wirklich das letzte was der Schöpfer gebrauchen kann - endlich ist es an der Zeit den ersehnten Weiter-Knopf anzuklicken - "der Weltuntergangs-Assistent bereitet jetzt das Kopieren der Systemdateien vor" - "ja ja jetzt mach schon" zischt der Schöpfer während sich vor ihm auf dem Bildschirm die Eieruhr dreht und der Prozentbalken sich langsam füllt - Kurz davor - fast geschafft.

Gott zieht ungeduldige Warteschleifen mit dem Mauscursor über seine unendlich vielen dreiundachtzig-Zoll großen Triniton-Superblack-Flachbildschirme - neunundachtzig Prozent bearbeitet - und zack! eine Fehlermeldung - "Error - GFKL14_E.VXD not found - eine für den Installationsprozeß notwendige Datei wurde nicht gefunden - bitte vergewissern Sie sich daß sich ihre Apokalypse-Systemdiskette im angegebenen Laufwerk befindet und klicken Sie auf Weiter" - und dies werte Leser ist der Zeitpunkt an dem der ehemals liebe Gott - eine der führenden Allmachten auf dem Markt - seinen heiligen Zorn bekommt - er reißt die glitzernde Datenscheibe aus dem Laufwerk und schleudert sie hinunter auf die Erde - er verflucht den Tag an dem er Bill Gates erschuf - die Disk landet in einem Schrebergarten am Teltowkanal - ein fünfzigjähriger Frührentner aus der Elektromechanikerbranche findet die göttliche Scheibe zwischen seinen BonoGen-Kürbissen - weil der Finder aufgrund des tragischen Unfalltodes seiner geliebten Frau in der vorigen Woche noch arg verbittert ist zerbricht er das Himmelsgeschenk mit seiner per Teleshop herbeigeorderten Gartenkralle - er lebt bis an sein Ende in unschuldiger Ignoranz ob der Tatsache daß er allein unendliches Leid globale Katastrophen und zehn neue Boygroups in letzter Sekunde von der ahnungslosen Menschheit abgewendet hat - die kleinen Helden des Alltags erfahren eben viel zu selten die ihnen zustehende Würdigung es sei denn vielleicht in der Leser-Helfen-Lesern-Rubrik des örtlichen Anzeigen-Käseblättchens aber wer liest das schon - die Augen bleiben höchstens mal bei den Polizeinachrichten hängen und dann beim Frischobstangebot von Kaisers - Bananen sollen ja wieder teurer werden aber Vorrat kaufen ist so ne Sache spätestens wenn die Dinger schwarz sind kann von unbeschwertem Südfrüchtegenuß nicht mehr die Rede sein so ist das Leben so läuft die Zeit und wir immer hinterher weil wir ja gar nicht anders können.

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